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Was die Brauereien an ihre Grenzen bringt – und das Bier teurer macht


Preiserhöhung trifft auch Franken
Was die Brauereien an ihre Grenzen bringt – und das Bier teurer macht

Norbert Goldhammer

Aktualisiert am 25.02.2023Lesedauer: 4 Min.
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Friedrich Vogel von der Privatbrauerei Dreykorn: Bierbrauer stehen aktuell vor vielen Herausforderungen.Vergrößern des Bildes
Friedrich Vogel von der Privatbrauerei Dreykorn: Bierbrauer stehen aktuell vor vielen Herausforderungen. (Quelle: Norbert Goldhammer)

Die Halbe für 7,50 Euro. Kommt das auch aufs Bierland Franken zu? Ein Besuch in einer Brauerei zeigt die vielen Herausforderungen. Und wieso der Klimawandel für die Branche Fluch und Segen zugleich ist.

Es war eine Schlagzeile, die bei Bierliebhabern für Verunsicherung sorgte. Der halbe Liter Bier soll im Wirtshaus bald 7,50 Euro kosten. Eine Utopie? Mitnichten. Hoher Kostendruck belastet deutsche Brauereien immens. Erste Betriebe mussten die Produktion stoppen. Die Brauerei Oettinger etwa hat etliche Sorten Bier aus ihrem Sortiment genommen.

Nach einer Analyse des Deutschen Brauer-Bundes sind nicht nur die Energiekosten drastisch gestiegen. Auch die Einkaufspreise für die Rohmaterialien zum Bierbrauen schießen in die Höhe. Für Holger Eichele, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauer-Bundes, sei der "anhaltend hohe Kostendruck aber die größte Herausforderung für die Brauwirtschaft im neuen Jahr". Rohstoffe, Vorprodukte, Personal und Logistik – in fast jedem Bereich der Bierproduktion steigen die Kosten.

Auch Bayerns Brauwirtschaft kann sich dem bundesweiten Trend nicht entziehen, sieht aber etwas gelassener in die Zukunft. Vor allem im Bierland Franken, der Region mit der höchsten Brauereidichte in Deutschland, erwartet man eine eher moderate Anhebung der Bierpreise.

"7,50 € für die halbe Bier? In Franken wird es das nicht geben"

"7,50 € für die halbe Bier? In Franken wird es das nicht geben", ist sich Geschäftsführer Friedrich Vogel von der Privatbrauerei Dreykorn aus Lauf an der Pegnitz sicher. Seit 1831 wird hier Bier gebraut. Dreykorn ist eine von drei Brauereien, die es in der 25.000 Einwohner-Stadt im Landkreis Nürnberger Land noch gibt.

Über 30 Jahre ist Vogel hier auch Braumeister. Nun hat er sich dazu entschlossen, im Frühjahr die Preise zu erhöhen. 4 Cent schlägt Dreykorn auf den halben Liter. Addiert man noch den Zuschlag der Gastronomie, dürfte die Halbe im Sommer in Nürnberg wohl kaum unter 4 Euro zu bekommen sein. Im Süden sieht das schon wieder anders aus. Vor allem im Ballungsraum München ist das Preisgefüge deutlich höher.

Die Preiserhöhung sei unumgänglich, sagt Braumeister Vogel. Nicht nur die Pandemie hat die Produktionskosten in allen Bereichen in die Höhe getrieben. Die Inflation und der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine sind weitere Gründe für die Krise in der Brauwirtschaft.

Fragt man den Braumeister bei Dreykorn, wo der Schuh am meisten drückt, weiß er nicht, wo er anfangen soll. "Kohlensäure war teilweise überhaupt nicht mehr am Markt verfügbar", erinnert sich Vogel, "wenn doch, dann war sie doppelt so teuer wie vor dem Krieg." Geliefert wurde oft aus der Ukraine, dort entsteht Kohlensäure bei der Herstellung von Düngemittel. Brauereien sind nicht die einzigen Abnehmer, auch in der Medizin oder in der Kühltechnik wird der Rohstoff benötigt. Nicht nur für Bier, auch für die Limonaden, von denen Dreykorn im Jahr 4.000 Hektoliter in Flaschen abfüllt, wird der Rohstoff benötigt.

Brauereimeister: Hoher Hopfenpreis wegen Klimakrise

Der Hopfenpreis schlägt ebenso zu Buche. Schuld ist hier die Klimakrise. Denn die Hitze macht dem Anbau zu schaffen. Durch den ausbleibenden Regen wachsen die Pflanzen schlecht. Die Hopfenbauern hatten große Ernteausfälle und mussten für ihre Ware höhere Preise verlangen. Den Hopfendolden fehlen durch die Trockenheit auch die Bitterstoffe, die dem Bier den Geschmack verleihen. Die Brauereien benötigen daher mehr vom Hopfen und das zu einem Preis, der 35 Prozent über dem der Vorjahre liegt.

Die Laufer Privatbrauerei Dreykorn hat einen jährlichen Ausstoß von 7.000 Hektoliter Bier. Sie gehört damit zu den mittelständischen Unternehmen, die sich einer immer größeren Marktmacht der großen Brauereien gegenüber sieht. Für Braumeister Friedrich Vogel ist deren Preissystem unterirdisch: "Da hat man als kleine Brauerei wenig Chancen, wenn der Kasten in der Werbung ständig unter 10 Euro angepriesen wird." Er meint damit die Dauertiefstpreise bei Kulmbacher, Beck's oder Warsteiner. Bei Dreykorn kostet die Kiste Bier aktuell 16 Euro, zuzüglich Pfand.

Herausforderung Pfandsystem: Leergut dringend gesucht!

Das Pfandsystem stellt die Brauereien vor eine weitere Herausforderung. "Der Rücklauf ist katastrophal, wo all das Leergut steckt, wissen wir nicht", beklagt Vogel die fehlenden Kästen, die dringend benötigt würden. Eine neue Kiste mit 20 Flaschen kostet die Brauerei im Einkauf mittlerweile 10 Euro, das Pfand bei Rückgabe beträgt gerade einmal 3,10 Euro.

Der Verband der Privaten Brauereien Bayern e.V. kämpft seit vielen Jahren schon für eine Anhebung der Pfandsätze. Es ist ein Kampf gegen Windmühlen, wenn die großen Brauereien sich hier nicht beteiligen. Hinzu kommt, dass etwa 80 Prozent des Bierverkaufs über Lebensmittelmärkte abgewickelt werden. Dort müssten erst einmal die Automaten für ein neues Pfandsystem nachgerüstet werden.

Wenn dann noch die Energiekosten explodieren, sich die Herstellerpreise für Kronkorken (+120 Prozent), Glas (+70 Prozent) und Etiketten (+30 Prozent) verteuern und die regelmäßig anfallenden Personal-, Betriebs- und Verwaltungskosten bezahlt werden müssen, stehen die Brauereien schnell vor existenziellen Problemen.

Dreykorn ist nach Aussagen Vogels trotz allem noch gut aufgestellt. Die Kunden schätzten die Laufer Traditionsmarke. Treue Kunden aus der Gastronomie bezögen oft schon seit über 100 Jahren zuverlässig ihr Bier von Dreykorn, erzählt er. Der Hitzesommer 2022 spielte den Brauereien zusätzlich in die Karten. Vor allem die Außengastronomie ist gut gelaufen. Der Klimawandel ist für die Brauer daher Fluch und Segen zugleich. Sie hoffen wieder auf einen warmen Sommer und durstige Kehlen.

Verwendete Quellen
  • Reporter vor Ort
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