Mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten berichten rund um die Uhr für Sie über das Geschehen in Deutschland und der Welt.
Zum journalistischen Leitbild von t-online."Wir stürzen ab" Luftfahrtbranche schlägt Alarm wegen zu hoher Kosten

Seit Monaten schlagen Fluggesellschaften Alarm, dass Deutschland im Luftverkehr abgehängt würde. Nürnbergs Flughafenchef und der BDL stimmen in die Warnung ein.
Die Standortkosten an deutschen Flughäfen sind zu hoch – schon seit Monaten klagen die Fluggesellschaften darüber. Die irische Billiglinie Ryanair hat deshalb bereits Flugzeuge aus Deutschland abgezogen. Manche Flughäfen wie Leipzig/Halle fliegt die Airline gar nicht mehr an. Der Flughafen Nürnberg ist davon bislang verschont geblieben – dennoch schickt Flughafenchef Michael Hupe jetzt gemeinsam mit Joachim Lang, dem Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL), eine Warnung Richtung Berlin.
Lang betonte bei einem Pressetermin am Dienstag, dass in Europa derzeit so viel geflogen werde wie noch nie. Der Luftverkehr in Deutschland habe hingegen noch immer nicht das Vor-Corona-Niveau von 2019 erreicht. Die Erholungsrate liege hierzulande bei 86 Prozent. Europaweit würden nur Finnland, Schweden und Slowenien schlechter abschneiden, sagt Lang.
BDL warnt vor Auswirkungen auf die Wirtschaft
Grund dafür seien die hohen staatlichen Standortkosten an deutschen Flughäfen. Zu diesen rechnet Lang die Luftverkehrssteuer, die Gebühren für die Flugsicherung und die Luftsicherheitsabgaben – also jene Kosten, die Airlines für die Sicherheitskontrolle der Passagiere zahlen. "Um es in Luftfahrtsprache zu sagen: Wir haben einen Strömungsabriss und stürzen ab", warnt der Verbandsgeschäftsführer weiter.
Durch die hohen Kosten erlebe Deutschland eine "dramatische Reduktion an Flugzielen", zudem würden Fluggesellschaften bestehende Ziele weniger häufig anfliegen als bislang. Das habe inzwischen auch Folgen für den Wirtschaftsstandort Deutschland, etwa weil Geschäftsreisende schwieriger einen Flug zu Terminen finden würden.
Nürnberger Flughafen rechnet mit Wachstum
Am Airport Nürnberg ist das, wovor Branchenvertreter Joachim Lang warnt, bislang nicht eingetreten. Dennoch stimmt auch Flughafenchef Michael Hupe in seine Warnung ein. Er sagt, der Flughafen habe sich eine strenge Preisdisziplin verordnet, um für Fluggesellschaften attraktiv zu bleiben. Die staatlichen Kosten wirkten sich so auf die Profitabilität aus. "Der Flughafen in Prag verdient doppelt so viel pro Passagier wie wir. Wir können aber unsere Preise nicht erhöhen", argumentiert Hupe. Andernfalls würden Airlines abwandern.
Lang vom BDL fordert deshalb von der neuen Bundesregierung, die Luftverkehrssteuer komplett abzuschaffen. Ryanair habe zugesichert, dann 30 weitere Maschinen in Deutschland zu stationieren. Das bringe alleine etwa zwei Milliarden Euro Wertschöpfung ins Land. Er ist überzeugt, dass auch andere Fluggesellschaften ähnlich auf eine Abschaffung reagieren würden.
In Nürnberg erwartet Hupe trotz der schlechten Rahmenbedingungen ein leichtes Wachstum. 2024 fertigte der Flughafen rund vier Millionen Passagiere ab, in diesem Jahr rechnet der Flughafenchef mit 4,3 bis 4,4 Millionen Fluggästen. Würden die staatlichen Rahmenbedingungen verbessert, sei noch mehr möglich: Dann würden die Fluggesellschaften mehr Flugzeuge in Franken stationieren, mehr Ziele anfliegen – und letztlich auch mehr Passagiere transportieren, meint Hupe.
- Reporter vor Ort