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Experte: Temperaturen möglicher Auslöser für Brückensperrung


Wiesbaden
Experte: Temperaturen möglicher Auslöser für Brückensperrung

Von dpa
27.06.2021Lesedauer: 3 Min.
SalzbachtalbrückeVergrößern des BildesDie gesperrte Salzbachtalbrücke. (Quelle: Sebastian Gollnow/dpa/dpa-bilder)
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Die Probleme an der Wiesbadener Salzbachtalbrücke könnten nach Experteneinschätzung mit den zeitweise hohen Außentemperaturen zu tun haben. Einen ähnlichen Schadensfall habe es 1977 an der Mainbrücke Hochheim gegeben, sagte Knut Bock von dem auf Brückenbau spezialisierten Ingenieurbüro Kinkel + Partner aus Dreieich der Deutschen Presse-Agentur. Bei Hitze dehnten sich Brücken aus, dadurch könne es auch passieren, dass sie - wie in diesem Fall - von ihrem Lager herunterfallen und auf dem Pfeiler zum Liegen kommen.

Die Brücke der Autobahn 66 war am 18. Juni gesperrt worden, nachdem sich der Überbau abgesenkt hatte und Betonbrocken herabgefallen waren. Auch die Straßen und Bahngleise unter der Brücke dürfen derzeit nicht befahren werden. Der Hauptbahnhof Wiesbaden ist vom Zugverkehr so gut wie abgeschnitten. Die Brücke soll nun gesprengt werden, damit rasch mit dem Neubau begonnen werden kann.

Die nun vorgesehene Sprengung der Salzbachtalbrücke ist aus Sicht von Bock eine vergleichsweise schnelle Möglichkeit, Abhilfe zu schaffen - die vorab aber intensiver Planung bedürfe. So müsse genau sondiert werden, wohin die hunderte Tonnen schweren Teile der Brücke fallen und inwieweit etwaige Gebäude und Einrichtungen in der Umgebung in Mitleidenschaft gezogen werden könnten, erläuterte der Ingenieur.

Eine andere Variante wäre eine temporäre Sicherung durch ein aufwendiges Anheben der Brücke über Hydraulikpressen gewesen - sofern genügend Platz für eine solche Maßnahme vorhanden wäre. Dabei wäre aber statisch intensiv zu überprüfen gewesen, wie mit der eingetretenen Schiefstellung des Pfeilers und der möglicherweise dadurch gefährdeten Nachbarbrücke umgegangen wird, sagte Bock.

Hessens Verkehrsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) hatte darauf hingewiesen, dass die Salzbachtalbrücke bereits so marode war, dass sie habe verstärkt werden müssen, damit sie durchhalte. Ähnlich sei man bereits bei der Bergshäuserbrücke an der A 44 im Landkreis Kassel sowie an der Brücke Thalaubach der A 7 in Osthessen vorgegangen, sagte Bock.

An der Bergshäuserbrücke sei der Stahl ermüdet, wovon die Schweißnähte betroffen seien, die Brücke werde ständig über Sensoren überwacht, es sei ein Ersatzneubau geplant. Die Thalaubach-Brücke solle 2022 erneuert werden. Auch auf der Sauerland-Linie gebe es eine Reihe von Brücken, die in naher Zukunft verstärkt oder abgerissen und neu gebaut werden sollten. "Alle Brücken, die ein bisschen kritisch sind, werden durch Monitoring überwacht", sagte Bock.

An der maroden Bergshäuser Brücke auf der A 44 bei Kassel kommt es schon seit Jahren immer wieder zu Staus, weil nur drei der eigentlich vier Spuren befahren werden können. Die Stahlfachwerk-Konstruktion des Bauwerks, das sich über die Fulda spannt, ist trotz erfolgter Sanierung mit Stahlseilen im Jahr 2019 den Belastungen des heutigen Schwerverkehrs nicht mehr gewachsen. Der Grund ist laut Autobahn GmbH des Bundes Materialermüdung.

Aufgrund der Dreispurigkeit sowie anderer Maßnahmen im umliegenden Streckennetz und der daraus resultierenden Verkehrsverlagerung seien zu den Stoßzeiten temporäre Staus möglich, teilt die Behörde auf Anfrage mit. Die Restnutzungsdauer der Bergshäuser Brücke endet mit dem Jahr 2028.

Nach Angaben des ADAC Hessen-Thüringen gibt es landesweit 4000 Brücken, von denen rund zehn Prozent sanierungsbedürftig sind. Es habe lange einen Sanierungsstau gegeben, weil kein Geld geflossen sei. Gerade bei der Salzbachtalbrücke hätte man viel früher mit den Bauarbeiten beginnen müssen, erklärte der ADAC.

Der marode Zustand etwa der gesperrten Salzbachtalbrücke ist nach Einschätzung von Al-Wazir ein Beispiel dafür, was über viele Jahre und Jahrzehnte in der Verkehrspolitik in Deutschland versäumt worden sei. Es sei sich auf den Neubau von Straßen konzentriert worden - anstatt die Sanierung, den Erhalt und auch Ersatzbauten vorrangig zu behandeln, erklärte er. "Der Sanierungsstau ist wohl eines der größten Probleme in Deutschlands Infrastruktur." Hier müsse der Bund umsteuern und endlich die Prioritäten ändern.

"Wir in Hessen setzen seit 2014 auf Sanierung vor Neubau", betonte Al-Wazir. "Trotzdem rechnen wir damit, dass es noch viele Jahre dauern wird, bis wir den Sanierungsstau an Straßen und Brücken aufgeholt haben."

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