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Falko Götz: "Von der Bespitzelung habe ich nichts geahnt"


"Von der Bespitzelung habe ich nichts geahnt"


22.12.2017Lesedauer: 3 Min.
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Falko Götz (l.) jubelt 1980 über einen Treffer: Drei Jahre später flüchtete er und startete in der westdeutschen Bundesliga durch.Vergrößern des Bildes
Falko Götz (l.) jubelt 1980 über einen Treffer: Drei Jahre später flüchtete er und startete in der westdeutschen Bundesliga durch. (Quelle: Kruczynski/imago-images-bilder)

Seine kürzlich enthüllte Stasi-Akte beweist: Auch Matthias Sammer wurde in seiner Zeit bei Dynamo Dresden bespitzelt. Kein Einzelfall. Der 1983 geflüchtete Falko Götz erinnert sich bei t-online.de an das Leben der Fußballer in der DDR.

Im Fall von Matthias Sammer sollen es ein Mitspieler und ein Team-Betreuer von Dynamo Dresden gewesen sein. Sie lieferten der Stasi Infos über das Verhalten des späteren Fußball-Europameisters – direkt aus der Umkleidekabine. In Sammers Akte, die "Sport Bild" am Mittwoch enthüllte, heißt es demnach: "In seinem Verhalten zeigen sich Ansätze von Überheblichkeit, in dem er vielfach andere Spieler zu sogenannten 'Nichtskönnern' degradiert." Und weiter: "Der Kandidat hat seine Treue und Verbundenheit zu unserem Staat im kapitalistischen Einsatz unter Beweis gestellt, in dem er immer sauber und korrekt als Vertreter unserer sozialistischen Sportorganisation auftrat."

Funktionäre übten vor wichtigen Spielen Druck aus

Kein Einzelfall in der DDR: Tatsächlich lauschte das Ministerium für Staatssicherheit wohl in den Kabinen aller Top-Klubs mit Hilfe von Spitzeln. Dort, wo Teamgeist und Zusammenhalt propagiert wurden, schuf der Staat systematisch das Gegenteil. Viele, so wie der spätere Bundesliga-Spieler und Trainer Falko Götz, erfuhren es erst Jahre später. Götz sagt t-online.de: "Es gab kein Gefühl von Misstrauen in den Mannschaften, ganz im Gegenteil. Ich habe eine hohe Kameradschaft erlebt, weil wir nicht den heute üblichen Futterneid hatten. Alle haben schließlich transparent und ähnlich verdient. Von der Bespitzelung in der Kabine habe ich nichts geahnt, nie."

Erst Jahre nachdem Götz gemeinsam mit seinem Mitspieler Dirk Schlegel in die BRD geflüchtet war (1983), las er in seiner eigenen Stasi-Akte von der Bespitzelung. Doch auch ohne dieses Wissen hatte er zuvor miterlebt, wie streng der Staat den Leistungssport in der DDR kontrollierte.

Götz: "Vor wichtigen Spielen kam es vor, dass Funktionäre in der Kabine eine Ansprache hielten und die Bedeutung der Partie klar gemacht haben – vor allem gegen Mannschaften aus dem Westen." In diesen Spielen auf internationaler Bühne ging es nicht nur ums sportliche Gewinnen. Es wurde zum Kampf der politischen Systeme erklärt. Der Druck auf die Sportler aus der sozialistischen DDR war enorm.

Der Traum von der Bundesliga

Das galt auch für den heimischen Wettbewerb. Aus der DDR-Oberliga sind zwar bis heute nur einzelne Fälle von Spielmanipulationen belegt. Doch der politische Druck – in diesem Fall intern – beeinflusste auch die Wettkämpfe. Götz: "In den nationalen Wettbewerben war die gelebte Angst mit Sicherheit ein Faktor. Mielke (Stasi-Chef, Anm. d. Red.) war sehr mächtig, dementsprechend kann ich mir vorstellen, dass die gegnerischen Mannschaften manchmal das gewünschte Resultat liefern wollten." Denn Mielkes Lieblingsklub war der BFC Dynamo, der nachweisliche Vorteile bei Spielertransfers besaß. Von 1979 bis 1988 holte der BFC unter der schützenden Hand des Stasi-Chefs zehn Meistertitel in Serie. Mit dabei war auch der junge Falko Götz.

Doch sein Traum war ein anderer: die westdeutsche Bundesliga. Als Jugendlicher durfte Götz, obwohl er nachweislich eins der größten Talente der DDR war, nicht auf die Sporthochschule. Der Grund: Seine Familie hatte Kontakte in den Westen, galt nicht als linientreu. Das Erlebnis prägte Götz, der später der "Welt" sagte: "Ich lebte in einem Land, in dem ich nicht tun konnte, was ich wollte. In dem es Schranken gab."

Götz entwischte in einem Taxi

Götz setzte sich trotz des Widerstands durch und schafft es zu den Profis des BFC Dynamo. Vier Jahre spielt er dort – bis er 1983 den Entschluss fasste, in den Westen zu fliehen.

Ein großes Risiko, wie Götz t-online.de berichtet: "Bei Auslandsreisen im Europapokal waren immer viele Aufpasser der Stasi dabei." Er wartet den richtigen Moment ab, entwischt den Blicken der Aufpasser und springt mit seinem Mitspieler in ein Taxi. Von der deutschen Botschaft in Belgrad erhalten sie gefälschte Pässe, mit denen sie schließlich in die BRD einreisen. Götz: "Das war ein Moment der Freude, den ich so in dieser Form nie wieder erlebt habe."

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