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Polizei ermittelte auch wegen Beleidigungen gegen Timo Werner in Hoffenheim


Nicht nur gegen Hopp
Richtmikro erfasste Beleidigungen gegen Nationalspieler

  • Lars Wienand
Von Lars Wienand

Aktualisiert am 03.03.2020Lesedauer: 3 Min.
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Timo Werner beim Auswärtsspiel in Hoffenheim: Die Behörden ermittelten wegen Beleidigungen gegen ihn, Werner wollte aber laut Polizei keine Strafverfolgung.Vergrößern des Bildes
Timo Werner beim Auswärtsspiel in Hoffenheim: Die Behörden ermittelten wegen Beleidigungen gegen ihn, Werner wollte aber laut Polizei keine Strafverfolgung. (Quelle: imago-images-bilder)

Bei Spielen der TSG Hoffenheim wird ein Richtmikrofon eingesetzt, um nach Schmähgesängen Pöbler zu überführen. Dabei lieferten die Beamten nicht nur Beweise für Mäzen Hopp.

Es war zugig unter dem Dach des Stadions der TSG Hoffenheim in der Dietmar-Hopp-Straße 1. Hier ließ sich der Vize-Chef der baden-württembergischen Datenschutzbehörde von Polizei- und Vereinsvertretern zeigen, was es in Deutschland nur in einer Arena gibt: eine Richtmikrofonanlage. Ein Fan von Borussia Dortmund hatte Bedenken, ob diese Anlage rechtmäßig ist – und entsprechend den Datenschutzbeauftragten eingeschaltet.

Die Mikrofonanlage kann gezielt den Ton aus bestimmten Bereichen des Stadions aufzeichnen, bestätigt Norbert Schätzle, Leiter der Pressestelle des Polizeipräsidiums Mannheim. Das sei nötig, um gerichtsfest Beleidigungen nachweisen zu können, sagt er zu t-online.de.

Es ist kein Zufall, dass die Anlage im Hoffenheimer Stadion installiert ist. Hier wird Mäzen Dietmar Hopp regelmäßig aufs Übelste aus dem Gästebereich beleidigt. Die Technik wird laut Schätzle jedoch nicht nur in Fällen von Beleidigungen gegen Hopp eingesetzt. Sie kommt auch gegen Anhänger der TSG zum Einsatz. Auch Betroffenen anderer Vereine werde dementsprechend vorgeschlagen, Strafantrag zu stellen.

Nationalspieler Timo Werner wollte keine Strafverfolgung

So gab es Schätzle zufolge mit Video- und Audiomaterial Ermittlungen, weil im September 2018 aus der Hoffenheimer Kurve Nationalstürmer Timo Werner (Rasenballsport Leipzig) als "Hurensohn" beschimpft wurde. Schmähplakate gegen Dietmar Hopp mit diesem Inhalt hatten am Samstag zur Unterbrechung beim Spiel gegen Bayern München geführt. Timo Werner wollte damals aber offenbar keine Verfolgung. "Er wurde kontaktiert, hat aber keinen Strafantrag gestellt", so Schätzle.

Die Audiotechnik sei nicht permanent in Betrieb, sondern werde nur eingeschaltet und auf die entsprechenden Fanbereiche gerichtet, wenn es zu strafrechtlich relevanten Szenen komme. Schätzle konnte auf Nachfrage nicht einschätzen, wie oft die Mikrofonanlage eingesetzt werden. Es sei nicht möglich, einzelne Personen aus Sprechchören oder Gesängen herauszufiltern. Die Audioaufnahme werde mit der Videoaufnahme synchronisiert, um Straftaten nachweisen zu können. Die Videoüberwachung allein erfolgt ohne Ton.

Der Einbau des stabförmigen Mikrofons geht offenbar zurück auf eine Anregung der Staatsanwaltschaft Heidelberg. Installiert wurde sie vor dem Spiel des 1. FC Köln bei den Hoffenheimern im März 2018. Danach gab es die ersten Strafverfahren gegen Anhänger von Köln und Dortmund, die in Sprechchören Hopp beleidigt hatten. Das Amtsgericht Sinsheim, zwei Kilometer vom Stadion entfernt, verurteilte deshalb einige Angeklagte zu Geldstrafen.

Datenschützer wertete Aufnahmen aus

Volker Broo, Leitender Beamter beim Datenschutzbeauftragten Baden-Württemberg, zweifelte auf Anfrage von t-online.de an, dass dazu die Tonaufzeichnung nötig ist: "Mit den hochaufgelösten Bildern können Sie auch auf die Personen zoomen und sehen die Lippenbewegungen." In den Tonaufzeichnungen hatte er zunächst einen möglichen zusätzlichen Grundrechtseingriff gesehen. Davon geht Broo inzwischen nicht mehr aus.

Beim Ortstermin im leeren Stadion ließ sich das schlecht prüfen. Broo ließ sich aber vor Gericht verwendete Ton- und Videoaufnahmen aus einem Spiel schicken. Er forderte auch eine Stellungnahme des Herstellers zu den technischen Möglichkeiten an. "Demnach ist das gezielte Abhören einer Einzelperson nicht möglich."

Fananwalt klagt gegen "Persilschein"

Stefan Witte, Fan-Anwalt aus Dortmund, bescheinigt dem Datenschutzbeauftragten neutrale Arbeit. Gegen das Ergebnis geht er dennoch mit seinem Mandanten vor, eines wegen Rufen verurteilten BVB-Fans: "Ein Mikrofon, das breitflächig aufnimmt, macht aus unserer Sicht für polizeiliche Ermittlungen wenig Sinn. Es muss lückenlos aufgeklärt werden, was die Technik kann." Beim Verwaltungsgericht Stuttgart ist deshalb eine Klage eingereicht worden.

Diese Klage könnte über den Einzelfall hinaus für Juristen spannend sein. Sie berührt eine bei der Datenschutzgrundverordnung nicht eindeutig geklärte Frage, womit eine Beschwerde beim Datenschutzbeauftragten abgeschlossen wird. Die Behörde hat Witte über das Ergebnis ihrer Prüfung "unterrichtet". Sie geht davon aus, dass keine formale Entscheidung erfolgen muss. Ein Gericht könnte das aber auch anders sehen.

Ein Sprecher der TSG Hoffenheim hat Fragen zur Stadiontechnik nicht beantworten wollen und an die Polizei verwiesen.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
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