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Aus bei der Frauen-WM: War das DFB-Team zu überheblich?


Niemand hielt es für möglich
Die frohe Kunde wurde zum Albtraum

  • Noah Platschko
MeinungVon Noah Platschko

Aktualisiert am 09.08.2023Lesedauer: 3 Min.
Meinung
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Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg nach dem Ausscheiden: Ratlos und fassungslos. (Quelle: Sebastian Christoph Gollnow/dpa)

Noch Tage nach dem deutschen Aus beschäftigt unseren Autor das DFB-Debakel. Ein Blick zurück und ein Einblick in den Gefühlszustand.

Aus Sydney berichtet Noah Platschko

Der Tee war heiß. Viel zu heiß. Und der Weg lang. Wer von der Pressetribüne des Brisbaner Suncorp-Stadions ins Medienzentrum gelangen wollte, um sich mit entsprechenden Heißgetränken einzudecken, der musste sich durch die spärlich ausgeschilderten Gänge der Arena winden.

Der Tee sollte der Erholung dienen – und gleichzeitig der Beruhigung. Vielleicht gar als Schlummertrunk, um vor dem, was folgen sollte, zu schützen. Oder aber auch als Betäubungsmittel, um die Gedanken an das Vorangegangene vergessen zu machen.

Doch in erster Linie war der Tee zum Wärmen da, in der Halbzeitpause der Partie zwischen Deutschland und Südkorea. Jenem Duell, das schon 2018 den deutschen Fußball in die gefühlt größte Krise seiner Existenz katapultiert hatte.

Frohe Kunde aus Perth

Niemand schien das Unmögliche für möglich zu halten. Die Frauen, bis zu jenem Tag immer mindestens im Viertelfinale einer Weltmeisterschaft, sie würden es schon ins Achtelfinale schaffen. Die "frohe Kunde" aus Perth, wo Marokko gegen Kolumbien in Führung gegangen war, ließ gar auf mehr hoffen. Nun war sogar der Gruppensieg möglich.

Das eine Tor, das die deutsche Mannschaft dafür benötigte, werde sie wohl zustande bekommen gegen Südkorea. Jenes Team, das ohne Tor und Punkt in das Duell mit Deutschland gegangen war.

Da war sie wieder, die deutsche Hybris. Die Überheblichkeit, die sich von der Pressetribüne über das Spielfeld bis in die DFB-Zentrale nach Frankfurt zog, wo der Präsident schon auf gepackten Koffern saß. Was sollte schon schiefgehen, an diesem 3. August in Brisbane? Gut eine Stunde später war das Unfassbare fassbar – und der Tee kalt geworden.

Und noch fünf Tage danach wabert das Debakel durch die Köpfe, wie ein ekliges Geschwür, welches unterschiedliche Gefühle der Verarbeitung erzeugt. Fassungslosigkeit wich Stress, Stress wich Erschöpfung, Erschöpfung wich Trauer und Trauer wich Wut. Wut auf einen Verband, dessen Vertreter sich in den immer selben Phrasen und Worthülsen verloren. Wut auf die Spielerinnen, deren Statements auf Social Media in derselben gleichförmigen Teilnahmslosigkeit verfasst wurden, in der sich das Team bereits auf dem Platz seinem Schicksal ergeben hatte.

Alles wie immer

Und Wut auf einen selbst, das Undenkbare nicht für möglich gehalten zu haben. Die Entwicklung des deutschen Fußballs ist eine stetig abwärts gewandte. Wie um alles in der Welt hatte man nicht damit rechnen können?

Video | „Der Rolle nicht gerecht geworden“
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Quelle: t-online

Die Frage nach dem Warum ist nicht nur in diesem Kontext eine beliebte. Sie muss dann herhalten, wenn keiner die Antwort kennt, sich Leere breitmacht und nach der oder dem Schuldigen gesucht wird. Und noch Tage nach der "Blamage von Brisbane" beschleicht einen das hilflose Gefühl fehlender Verantwortung, die niemand so richtig übernehmen wollte. Zumindest keine, die Konsequenzen nach sich ziehen sollte, in welcher Form auch immer.

Es ist ein Gefühl der Ohnmacht, dem man sich hingibt, ehe in ein paar Wochen die allseits bekannten Parolen geäußert, die Schlüsse gezogen und die Blicke nach vorne gerichtet werden. Alles wie immer. Bis dahin heißt es abwarten – und Tee trinken.

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