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Fanforscher über fehlende Euphorie: "Es braucht mehr Unordnung beim DFB"


Renommierte Forscher erklären
Fan-Krise: "Es braucht mehr Unordnung beim DFB"

  • Saskia Leidinger
Von Saskia Leidinger

Aktualisiert am 14.10.2020Lesedauer: 3 Min.
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Die deutsche Nationalmannschaft: Der Sieg zuletzt gegen die Ukraine war der erste seit elf Monaten.Vergrößern des Bildes
Die deutsche Nationalmannschaft: Der Sieg zuletzt gegen die Ukraine war der erste seit elf Monaten. (Quelle: Beautiful Sports/imago-images-bilder)

Selbst Bastian Schweinsteiger kann sich nicht mehr mit der Nationalmannschaft identifizieren. Fanforscher sehen die Ursache dafür bei DFB und Uefa – und nennen Lösungen für die aktuelle Krise.

Von allen Seiten hagelt derzeit Kritik auf die Nationalmannschaft. Keine Nähe zu den Fans, keine Identifikation und Spieler, die angeblich selbst keine Lust auf die DFB-Spiele hätten. Alle voran ehemalige Weltmeister wie Berti Vogts, Lothar Matthäus und Bastian Schweinsteiger haben sich zuletzt sehr kritisch zur Nationalelf geäußert. Auch die Fans wenden sich ab, wie eine aktuelle Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag von t-online ergab. Doch lässt sich derzeit tatsächlich von einer noch nie dagewesenen Entfremdung zwischen den einst 80 Millionen Bundestrainern und dem DFB-Team sprechen?

"Ja", sagt Fanforscher Harald Lange von der Universität Würzburg zu t-online. Zwar habe es immer mal wieder Schwankungen in der Begeisterung für DFB-Elf gegeben, aber "seit dem Gewinn der Weltmeisterschaft in Brasilien 2014 hat die Marketingabteilung im DFB versucht, das Produkt Nationalmannschaft wirtschaftlich auszuquetschen und dabei dann den, "treuen Fans" zusehends aus den Augen verloren". Als Paradebeispiel sieht Lange die Gründung des "Fan Club Nationalmannschaft", ein Verein, der vom DFB organisiert wird. "Das ist ein Konstrukt, das zumindest im deutschsprachigen Raum, oder sogar europaweit, einzigartig ist. Der Fanclub ist ein krasser Widerspruch zu den Traditionen in der Fankultur, wo Fankultur etwas Eigenständiges und Selbstbewusstes ist, das sich auch in seiner Vielfalt auszeichnet."

"Nations League ist unverständlich und unattraktiv"

Die durchorganisierte Vermarktung mit Slogans wie "Die Mannschaft" ist nicht der einzige Grund für einen Bruch zwischen Team und Fans. Es herrsche eine gewisse Inflation an Spielen, sagt Sportökonom Fabio Wagner von der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz zu t-online und kritisiert die Einführung der Nations League. "Das Format ist von Haus aus unverständlich, das macht den Wettbewerb unattraktiv und dadurch schalten weniger Menschen den Fernseher ein." Das lässt sich auch mit Einschaltquoten belegen. Die Partie gegen die Ukraine am Samstag sahen 7,5 Millionen Menschen, bei dem in etwa vergleichbaren WM-Qualifikationsspiel am 8. Oktober 2018 gegen Tschechien schalteten noch etwa zehn Millionen ein.

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Was es jetzt brauche, um wieder mehr Fans anzulocken, sei mehr Demut, Bodenständigkeit und einen anderen Umgang mit den Fans. "Es braucht mehr Unordnung beim DFB", sagt Fanforscher Lange, denn Fankultur sei die "pure Unordnung." Unter den Fans werde lebhaft diskutiert. Konflikte würden untereinander und mit dem Verein ausgetragen. "So fühlen sich die Fans auch verstanden und mitgenommen."

"Mit einer erfolgreichen EM hätten wir die Debatte nicht"

Das Potential für einen positiven Wandel und mehr Identifikation sei aber durchaus da, mehr noch: "Die Bedingungen sind jetzt so gut wie noch nie", sagt Lange. Die neuen, jungen Talente im DFB hätten alle die Möglichkeit, zu neuen Identifikationsfiguren zu werden. Dafür müssten sie aber frei sprechen können und sich das auch trauen.

Die neuen Spieler seien allerdings auch ein Teil der aktuellen Misere. "Zur Identifikation braucht es Stars, doch nach der WM 2014 sind diese weggebrochen", so Sportökonom Wagner. Der Umbruch brauche deshalb auch Zeit, neue Stars müssten sich erst entwickeln. Über den jungen Bastian Schweinsteiger schrieb beispielsweise der "Tagesspiegel" beim Auftaktspiel der U21-Europameisterschaft 2004: "Bastian Schweinsteiger fiel im Spiel nur wegen seiner weißen Lederschuhe auf." Fabio Wagner ist sich allerdings auch sicher, hätte es in diesem Sommer eine erfolgreiche EM gegeben, würden wir heute nicht über eine Identifikations-Krise mit der Nationalmannschaft reden.

Verwendete Quellen
  • Eigene Interviews
  • Büch, u.a.: Der Sportzuschauer als Konsument
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