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Primera Division: SD Eibar sorgt für ein Fußball-Märchen


Aufstieg in Primera Division
SD Eibar sorgt für ein Fußball-Märchen

Von t-online
30.05.2014Lesedauer: 4 Min.
Grenzenloser Jubel bei den Spielern des SD Eibar. Der Provinzklub schafft den Aufstieg in die Primera Division.Vergrößern des BildesGrenzenloser Jubel bei den Spielern des SD Eibar. Der Provinzklub schafft den Aufstieg in die Primera Division. (Quelle: dpa-bilder)
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Von Florian Haupt

Größer kann ein Kontrast nicht sein. Dasselbe Wochenende, zwei Geschichten aus dem spanischen Fußball: Am Samstag krönt sich Real Madrid erstmals seit 2002 wieder zum Champions-League-Sieger, nachdem es in dieser Zeit über eine Milliarde Euro allein in neue Spieler investiert hat. Nicht einmal 24 Stunden später steht der erste Aufsteiger in die Liga fest, in der die Madrilenen spielen. Es ist die Sociedad Deportivo Eibar.

Zu sagen, die Basken seien das klubgewordene Gegenteil von Real wäre fast noch untertrieben. Der Verein hat ein Stammkapital von gut 400.000 Euro und einen Jahresetat von rund 3,5 Millionen. Das ist ungefähr ein Sechstel des Nettogehalts von Cristiano Ronaldo.

Eibar einst mit Barca-Trikots

Ein Wunder, das sich in der baskischen 27.000-Einwohner-Stadt abspielt, die mit Waffen- und Nähmaschinenproduktion bekannt wurde; und damit, 1934 – zwei Jahre vor Beginn des Bürgerkriegs – als erste Stadt Spaniens die Republik ausgerufen zu haben. Ein Jahr nach Ende des Bürgerkriegs wurde 1940 die SD Eibar gegründet. Weil man sich keine Trikots leisten konnte, so sagt es die Legende, half der Regionalverband mit einem Set des (katalanischen) FC Barcelona aus. Weshalb Eibar bis heute in blau-roten Leibchen spielt.

Nimmt das Märchen ein böses Ende?

Knapp 3000 Anhänger, der schlechteste Schnitt der zweiten Liga, kamen diese Saison in das offiziell 5250 Zuschauer fassende Stadion Ipurua, das auf einer Kuppe liegt und von den Fans "bombonera" genannt wird, wie die berühmte Pralinenschachtel der Boca Juniors in Buenos Aires. 1990, zum 50. Vereinsgeburtstag, gastierte Ajax Amsterdam in den baskischen Hügeln. Nächstes Jahr, zum 75.Jubiläum, soll man an Bayern München gedacht haben.

Real und Barcelona sind schon mal sicher. Das heißt, so gut wie sicher. Wie in vielen Märchen gibt es nämlich auch in diesem das Element des Bösen: In Gestalt eines Gesetzes, das allen spanischen Profiklubs der ersten und zweiten Liga – mit Ausnahme von Madrid, Barcelona, Osasuna und Bilbao – nicht nur die juristische Form einer Sportaktiengesellschaft vorschreibt, sondern auch ein Kapital von derzeit 2.146.525,95 Euro. Also über fünfmal soviel wie die 400.000 des letzte Saison in die zweite Liga aufgestiegenen Eibar.

Eibar wird für seine Enthaltsamkeit bestraft

Ganz Spanien findet diese Regelung unfair, denn die Basken haben auch deshalb so wenige Aktienanteile ausgegeben, weil sie – eher ligauntypisch – seriös wirtschaften. Der Klub reduzierte jahrelang seine Ausgaben und schaffte sogar die zweite Mannschaft ab, um seine Konten in Ordnung zu halten. Das zu generierende Stammkapital berechnet sich jedoch nach der – oft verschuldeten – Konkurrenz; es muss ein Viertel des Ligaschnitts betragen. Gewissermaßen wird Eibar also für seine Enthaltsamkeit bestraft.

Ein Protest vor dem nationalen Sportrat CSD half jedoch ebenso wenig wie Solidaritätsbekundungen der Ligaspitze oder von Stars wie Xabi Alonso, der einst für Eibar spielte. Der Klub fügt sich jetzt den Anforderungen, denn sonst droht statt eines historischen Jahrs in der Primera Division die Zwangsversetzung zurück in die dritte Liga.

Eibar soll allen gehören

34.486 Aktien im Wert von je 50 Euro werden über die Klubhomepage angeboten (http://www.sdeibar.com/defiendealeibar). Obwohl Wirtschaftskrisenzeit ist und "unsere Fanbasis aus vielen Minderjährigen, Rentnern, Arbeitslosen und Menschen in unsicheren Jobverhältnissen besteht", wie Präsident Alex Aranzabal betont, darf kein Investor mehr als zwei Prozent Anteile erwerben, um eine Abhängigkeit von Unternehmen, Scheichs oder generell Einzelpersonen zu verhindern.

"Ein Schlüssel unseres Modells ist, dass die Leute sich dem Klub nahe fühlen und die SD Eibar allen gehört", sagt Aranzabal. An die Hälfte des erforderlichen Betrags soll schon zusammen gekommen sein. Notfalls wird man ihn aus dem Vereinsvermögen auffüllen. Stichtag ist der 6. August.

Talente verfeinern ihr Handwerk in den baskischen Bergen

Das Abenteuer sollte also gelingen für einen Klub, der traditionell über der eigenen Gewichtsklasse boxt. Insgesamt 25 Jahre spielte Eibar in der zweiten Liga (Rekord). Das 1:0 gegen Alavés ermöglichte den Aufstieg nun schon zwei Spieltage vor Schluss. Hunderte Fans harrten auf dem Spielfeld des Ipurua aus, bis das Ergebnis der eine Stunde später angepfiffenen Partie von Las Palmas gegen Recreativo Huelva letzte Zweifel beseitigte.

Ermöglicht wird die sagenhafte Entwicklung auch vom Status als Kooperationsklub von Real Sociedad aus der nahen Provinzhauptstadt San Sebastian. Wie früher bei Xabi Alonso werden von dort insbesondere junge Talente nach Eibar ausgeliehen, um sie abzuhärten im Überlebenskampf der zweiten Liga. Mit dem aus Valencia abgestellten David Silva verfeinerte einst ein weiterer Welt- und Europameister sein Handwerk in den baskischen Bergen; sein Jahr in Eibar – die Saison 2004/05 – ist auch deshalb berühmt geworden, weil der damals 18-Jährige in einem Spiel gegen Lleida die Chance zum Siegtreffer ausließ, um die Behandlung eines am Boden liegenden Gegenspielers zu ermöglichen. Sonst wäre Eibar womöglich schon damals in die Primera Division aufgestiegen.

Real Sociedad schickt Ergänzungsspieler

Der aktuell Beste heißt Jota Peleteiro und brachte über seine Modelfreundin Jessica Bueno sogar ein bisschen Glamour nach Eibar. Auch der Angreifer ist aber nur ausgeliehen, er wird zu Celta de Vigo zurückkehren. Immerhin hat Real Sociedad schon versprochen, einen neuen Stoß von Ergänzungsspielern herüber zu schicken.

Dort landen die Spieler dann unter der Anleitung von Gaizka Garitano, der in der Fast-Aufstiegsmannschaft von 2005 kickte und nun mit Talenten, Leihspielern und ein paar routinierten Fahrensmännern eine der größten Sensationen der europäischen Fußball-Geschichte bewerkstelligte.

"Es gibt keine großen Figuren"

Allzu viel Pathos wird man von dem 38-jährigen Basken darüber jedoch nicht hören, dafür ist er nicht der Typ. "Hier gibt es, früher wie heute, einen unverhandelbaren Stil", sagt der Trainer: "Alle sind gleich, es gibt keine großen Figuren, und wer das anders sieht, hat hier nichts verloren."

Garitano muss sich wohl keine großen Sorgen machen über unliebsame Eindringlinge. Für Stars und Profitjäger gibt es in Eibar ja sowieso nichts zu holen.

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