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DFB in der Krise: "Hansi Flick hat die Kabine verloren"


Psychologe zur DFB-Krise
"Unsere Trainer wollen nur Spieler, die zu allem Ja und Amen sagen"

InterviewVon Martin Küper

Aktualisiert am 10.09.2023Lesedauer: 2 Min.
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Hansi Flick: Seit Sonntag ist er nicht mehr Bundestrainer. (Quelle: IMAGO/Cathrin Müller)

Bundestrainer Hansi Flick muss gehen. Sein Misserfolg hängt wohl auch mit der Auswahl der Spieler zusammen, wie ein Sportpsychologe erklärt.

Neun Monate vor der Europameisterschaft im eigenen Land steckt die DFB-Elf in ihrer tiefsten Krise seit Jahrzehnten. Bundestrainer Hansi Flick muss seinen Posten jetzt räumen. t-online sprach mit dem Sportpsychologen Matthias Herzog darüber, wie es so weit kommen konnte.

t-online: Herr Herzog, die DFB-Elf hat einige der besten Fußballspieler der Welt in ihren Reihen, mit ihren Vereinen gewinnen Gündogan und Co. Meistertitel und internationale Turniere. Liegt es wirklich am Trainer, wenn die Spieler ihre Fähigkeiten in der Nationalmannschaft nicht abrufen?

Matthias Herzog: Die Mannschaft hat ein Luxusproblem. Sportlich ist die Qualität da; seit Jürgen Klinsmann hat auch Deutschland ähnlich gute Fußballspieler wie Frankreich oder Brasilien. Aber sie bringen ihr Feuer nicht auf den Platz und das ist eine Frage der Einstellung. Die Spieler sagen zwar, sie kämpften für ihren Trainer, aber zu sehen ist das nicht. Ich fürchte, Hansi Flick hat die Kabine verloren, der Trainer hat die Mannschaft nicht mehr hinter sich.

Was meinen Sie damit?

Die Spieler können sich mit den Vorgaben des Trainers nicht identifizieren, weil sie dabei auch nicht mitzureden haben. Wenn ich erreichen will, dass die Spieler sich reinhängen, muss ich sie an strategischen Entscheidungen beteiligen, sonst stellt sich eine Null-Bock-Haltung ein. Erfolge lassen sich nur mit Begeisterung erreichen. Und wenn man lange kein Spiel mehr gewonnen hat, rechnet man schon mit der nächsten Niederlage. Aus Angst davor können Spieler teilweise nur 60 Prozent ihrer Leistung abrufen, der Körper verkrampft und sogar die Verletzungsgefahr steigt.

 
 
 
 
 
 
 

Als Trainer bei Bayern hatte Flick dieses Problem nicht, dort feierte er große Erfolge.

Ich weiß auch nicht, warum er diesen Geist von Bayern nicht mit in die Nationalmannschaft nehmen konnte. Beim DFB folgen ihm ja nicht einmal die Bayern-Spieler. Ich frage mich, ob es da vielleicht sogar einen Bruch gegeben hat über Flicks Weggang von Bayern. Das war ja schon eine egoistische Entscheidung zu sagen, ich geh lieber zur Nationalmannschaft. Er hätte ja bei Bayern bleiben können, insofern ist es vielleicht Karma, dass er jetzt im Stich gelassen wird.

Sehen Sie auch Schwächen oder Defizite in der Mannschaft unabhängig von der Trainerfrage?

Was der Mannschaft fehlt, ist ein echter Leader. Die meisten Spieler sind leise, introvertierte Menschen. Unter Stress ziehen die sich noch mehr zurück und werden noch ruhiger. Dazu zählt auch der neue Kapitän Gündogan. Solche Spieler führen dann eher über Vorbild, also indem sie Leistung bringen und darauf hoffen, dass die anderen ihnen folgen. Nur wenn es nicht läuft, wird es sehr still und das Spiel gleitet aus den Händen.

Wie ist es dazu gekommen?

Früher hatten wir mindestens immer einen Extrovertierten, Leute wie Sammer, Ballack, Kahn, Effenberg, Schweinsteiger oder Matthäus. Auch Großkreutz, Kruse und Wagner waren solche lauten Typen. Aber die wurden alle rausgeworfen. Unsere letzten Trainer wollen anscheinend nur Spieler, die zu allem "Ja und Amen" sagen und unreflektiert das umsetzen, was der Trainer will. Selbst denken und auch mal andere Wege gehen scheint unerwünscht.

Verwendete Quellen
  • Telefonat mit Matthias Herzog am 10. September 2023
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