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Ex-Türkei-Trainer Stefan Kuntz bemängelt Loyalität und Respekt


Ex-Nationaltrainer bemängelt Respekt
"Mir war klar, dass das nicht lange gut gehen würde"

  • Noah Platschko
InterviewVon Noah Platschko

Aktualisiert am 17.11.2023Lesedauer: 4 Min.
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Stefan Kuntz: Ende September wurde er als Nationaltrainer der Türkei entlassen. (Quelle: IMAGO/SeskimPhoto/imago)

Wenn die deutsche Nationalmannschaft am Samstag auf die Türkei trifft, wird Stefan Kuntz zu Hause vor dem Fernseher sitzen. Ein Gespräch über sein Aus als Nationaltrainer der Türkei und deutsch-türkische Talente.

Ende September war die Zeit von Stefan Kuntz als Nationaltrainer der Türkei abgelaufen. Dass es so kommen würde, hat den früheren U21-Trainer der deutschen Nationalmannschaft nicht überrascht.

Wenige Tage vor dem Aufeinandertreffen des DFB-Teams mit der Türkei in Berlin (Samstag, 21 Uhr, im Liveticker bei t-online) hegt der 61-Jährige keinen Groll. Ein Gespräch über deutsch-türkische Nachwuchstalente und seine persönliche Zukunft.

t-online: Herr Kuntz, mit welchen Gefühlen blicken Sie auf das Spiel am Samstag?

Stefan Kuntz: Da ich damals in die Planung dieses Spiels involviert war, ist es natürlich kein ganz normales Spiel für mich. Auch wenn ich nun nicht mehr involviert bin, ist die Vorfreude trotzdem da. Für Deutschland ist es mit dem Heimdebüt von Julian Nagelsmann in Berlin ja auch eine besondere Partie.

Spiele

Werden Sie die Partie live im Stadion verfolgen?

Nein, ich schaue in Ruhe zu Hause mit Freunden. Es gab zwar eine Einladung vom deutschen Verband, aber ich habe mich dagegen entschieden, vor Ort zu sein.

Die Türkei hat sich mittlerweile fix für die EM qualifiziert. Wie sehr schmerzt es Sie, dieses Turnier nicht als Cheftrainer in Ihrem Heimatland begleiten zu können?

Als klar war, dass die Türkei sich für die EM qualifiziert, war die Traurigkeit natürlich groß, bei diesem Event in Deutschland nicht mit dabei sein zu können. Das war schon emotional für mich. Aber da bin ich nach ein paar Tagen drüber hinweggekommen. Ich bin gespannt, wie sich das türkische Team nun weiterentwickelt hat und auch, wie Nagelsmann sein Team auf diesen Gegner einstellt.

Ende September wurden Sie als Cheftrainer der Türkei freigestellt. Mit welcher Begründung?

Der Vorstand, der mich verpflichtet hat, war nach einem Jahr nicht mehr da. Der darauffolgende Präsident hat das Amt zunächst ein Jahr ausgeübt, ehe er dann für vier weitere Jahre gewählt wurde. Ich hatte das Gefühl, dass er nicht mit dem Trainer des vorherigen Vorstands, also mit mir, Erfolg haben möchte, sondern lieber einen eigenen Trainer präsentieren würde. In den Zwischentönen war mir klar, dass das nicht lange gut gehen würde.

Was für Zwischentöne meinen Sie genau?

Egal ob es um Loyalität, Unterstützung oder Respekt ging: Ich hatte keinen Rückhalt. Da habe ich gemerkt, dass sich meine Zeit als türkischer Nationaltrainer dem Ende zuneigt. Und das unabhängig vom sportlichen Erfolg.

Sie kennen die türkische Mannschaft dennoch nach wie vor sehr gut. Auf was für ein Team muss sich Deutschland am Samstag einstellen?

Ich kann mir vorstellen, dass das Publikum am Samstag mehrheitlich für die Türkei ist. Es kommt alles ein bisschen auf die Emotionalität an. Dieser besondere Support der Fans könnte auf die türkischen Spieler ein wenig Druck ausüben, weil die Erwartungshaltung natürlich groß ist. Eine besondere Emotionalität kann entweder sehr stark beflügeln oder aber auch hemmend wirken.

Hat es Sie überrascht, dass die Mannschaft die Qualifikation unter ihrem Nachfolger Vincenzo Montella so fix und problemlos geschafft hat?

Gut, es ging um zwei Spiele, gegen Kroatien und Lettland. Wir haben uns damals auch gesagt: Wenn wir Lettland zu Hause schlagen und dann in Kroatien einen Punkt holen oder das Ding ziehen, dann sind wir durch. Und so kam es dann ja am Ende auch. Ich hege aber keinen Groll, das nutzt alles nichts. Solche Entscheidungen gehören bei meinem Job dazu.

Einer, der jüngst sein Debüt im A-Team der Türkei feierte, ist Kenan Yildiz, der auch beim FC Bayern war. Theoretisch könnte er auch für Deutschland spielen. Hat der DFB da ein großes Top-Talent verschlafen?

Das kann man so nicht sagen, weil die Voraussetzungen eben andere sind. Die Ausbildung von Jugendspielern ist in der Türkei nicht so gut wie in Deutschland, insbesondere wenn man auf Fußballakademien oder Nachwuchsleistungszentren schaut. Talente in Deutschland, wie Kenan oder auch Can Uzun vom 1. FC Nürnberg, sind besser ausgebildet als gleichaltrige türkische Spieler. Entsprechend schnell werden diese Jungs für die A-Nationalmannschaft der Türkei berufen, während sie in Deutschland erst noch die Jugendmannschaften durchlaufen müssten.

Aber man könnte einem Spieler doch eine bestimmte Perspektive aufzeigen, auch im deutschen Verband.

Du kannst aber nicht so schnell eine Garantie für die A-Nationalmannschaft aussprechen. Dazu kommt der familiäre Background. Manche, die möglicherweise gerne für Deutschland spielen würden, haben nicht wirklich eine Wahl, weil von ihnen einfach auch ein Stück weit erwartet wird, für das Land ihrer Eltern zu spielen.

Sie als U21-Trainer hätten sich aber doch geärgert, einen Spieler wie Yildiz nicht für Deutschland gewinnen zu können.

Auch da: Es spielt am Ende keine große Rolle, was ich oder was, im aktuellen Fall, Toni di Salvo (deutscher U21-Trainer, Anm. d. Red.) will. Wenn er einen Spieler anruft und zur U21 einlädt, der aber gleichzeitig höflich ablehnt, weil er ein Angebot der türkischen A-Mannschaft hat – da sind einem die Hände gebunden. Im Fall von Kenan ist es aber ja auch zumindest so, dass er noch den Verband wechseln könnte. Von dem her ist die Entscheidung noch nicht zu 100 Prozent gefallen.

Auch über Ihre Zukunft wurde zuletzt viel spekuliert. Können Sie schon sagen, was als Nächstes bei Ihnen ansteht?

Ich habe immer gesagt, dass es eine Herausforderung für mich sein muss. Etwas, wo ich dran wachse, wo ich als Persönlichkeit Erfahrungen sammeln kann und einen Reiz verspüre. Bisher war es auch immer so, dass ich wenige Sekunden nach einer Anfrage wusste, ob es das Richtige ist oder eben nicht.

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Beim DFB, den Sie ja bestens kennen, gibt es aktuell zwei freie Posten im Frauen-Bereich. Den des Sportdirektors oder aber die Nachfolge von Interimstrainer Horst Hrubesch. Können Sie sich das vorstellen?

Was ich ausschließen kann, sind Antworten zu hypothetischen Fragen (lacht).

Okay, dann anders gefragt: Gab es denn Kontakt vonseiten der DFB-Spitze? Das können Sie ja bejahen oder verneinen.

Das stimmt. Es gibt keine Gespräche, die in diese Richtung gehen.

Verwendete Quellen
  • Persönliches Telefonat mit Stefan Kuntz
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