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Ex-Bundesliga-Star Iashvili: "Ich bin die georgische Symbiose aus Bierhoff und Sammer"


Ex-Bundesliga-Star Iashvili
"Wichtig ist, dass wieder mehr Georgier in der Bundesliga spielen"

  • T-Online
InterviewVon Alexander Kohne

Aktualisiert am 18.11.2018Lesedauer: 5 Min.
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Zurück in seiner Heimat: Alexander Iashvili ist seit 2016 Vizepräsident des georgischen Fußball-Verbandes.Vergrößern des Bildes
Zurück in seiner Heimat: Alexander Iashvili ist seit 2016 Vizepräsident des georgischen Fußball-Verbandes. (Quelle: Sportfoto Rudel/imago-images-bilder)

Georgien ist das punktbeste Team der Nations League. Dahinter steckt unter anderem Ex-Bundesligaakteur Alexander Iashvili. Er krempelt den Fußball dort mächtig um – und geht unkonventionelle Wege.

Viele Jahre stand die georgische Nationalmannschaft am Ende der europäischen Fußball-Hierarchie. Siege waren in dem 3,7-Millionen-Einwohner-Land am Kaukasus eher Ausnahme als Regel. Doch in diesem Jahr läuft es: Von neun Länderspielen wurde sieben gewonnen und mit 13 Zählern aus fünf Spielen hat das Team die meisten Punkte aller Nations-League-Starter gesammelt – wenn auch nur in der viertklassigen D-Liga. Der vorzeitige Gruppensieg steht dennoch bereits fest, wodurch die erstmalige EM-Qualifikation – dank des neuen Modus – in greifbare Nähe rückt.

Mitverantwortlich dafür ist der 198-fache Bundesligaspieler Alexander Iashvili. Der Ex-Freiburger arbeitet mittlerweile für den nationalen Verband "Georgian Football Federation" (GFF). t-online.de traf ihn in seinem Büro in Tiflis zum Interview.

t-online.de: Herr Iashvili, was machen Sie genau beim georgischen Fußball-Verband?

Alexander Iashvili: Ich bin seit gut zwei Jahren Vizepräsident und kümmere mich um alle Nationalmannschaften – von der U15 bis zum A-Team. Da gehört alles Drumherum dazu – vom Vorbereiten der Trainingslager oder Testspiele bis zur Verpflichtung von Trainern.

Sind sie eher der georgische Oliver Bierhoff, der Teammanager der deutschen Nationalmannschaft ist, oder der georgische Matthias Sammer, der sich als DFB-Sportdirektor um alle Teams gekümmert hat?

Ein Mix aus beiden (lacht). Bierhoff hat sich nur um die A-Nationalmannschaft gekümmert, Sammer auch um die anderen Teams. Ich mache beides, bin also quasi die georgische Symbiose aus Bierhoff und Sammer (lacht). In jedem Fall bin ich sehr nah dran an den Teams.

Wie kam der Wechsel auf Ihre jetzige Position zustande? Ihr Freund Kobiashvili ist immerhin Präsident des Verbandes…

… und schon als wir noch aktiv waren, haben Levan und ich das Ziel gehabt, den georgischen Fußball gemeinsam nach vorne zu bringen. Das war und ist unsere Vision.


Das ist bei einem Blick auf die Entwicklung der vergangenen Jahre auch nötig. Zu Ihrer Hochzeit, Mitte der 90er-Jahre, hat Georgien an den Top-50 der FIFA-Weltrangliste geschnuppert. Aktuell ist man nur noch auf Platz 92 – knapp vor Trinidad und Tobago, Usbekistan und den Färöern.

Deshalb haben wir seit unserem Amtsantritt auf unterschiedlichsten Ebenen komplett neu angefangen. Damals gab es nicht einmal Amateurfußball hier, mittlerweile haben wir über 300 Teams in drei Ligen organisiert. Ein anderer wichtiger Punkt ist der Jugendfußball – da gab es vorher auch kaum Infrastruktur. Denn der Fußball hier hat zu lange fast nur aus dem Nationalteam bestanden. Wir müssen eine Basis schaffen, damit sich mehr gute junge Spieler entwickeln. Dazu sind auch die Trainer wichtig, bei denen es aber an der Ausbildung hapert.

Das hört sich nach viel Arbeit an.

Auf jeden Fall (lacht). Das ist ein langer Prozess und geht nicht von heute auf morgen. Wir sind sehr glücklich, dass die Leute uns vertrauen und uns diese Chance geben. Aber klar ist auch, dass Ergebnisse wichtig sind. 2016 haben wir mit Vladimir Weiss, der die Slowakei 2010 zur WM geführt hat, einen neuen Trainer verpflichtet. Obwohl wir in der letzten WM-Qualifikation nur fünf Unentschieden und keinen Sieg geholt haben, konnten wir klare Fortschritte erkennen. Heute haben wir gute Voraussetzungen für Erfolg, was man vor allem in der Nations League sieht, wo wir unsere Gruppe mit 13 Punkte aus fünf Spielen bereits gewonnen haben. Das ist extrem wichtig für uns, weil wir über die Nations League unbedingt die Qualifikation für die EM 2020 schaffen wollen. Das ist unser Ziel!

Auffällig ist, dass es überall im Land kleine Bolzplätze gibt – von denen viele noch relativ neu wirken. Ist das ein Schwerpunkt Ihrer Bemühungen?

Genau, für uns ist total wichtig, dass es genügend Plätze gibt – das ist eine unserer Prioritäten. Ob es nun kleinere oder größere Plätze sind: Wichtig ist erstmal, dass die Kinder spielen können. Und da machen wir auch selbst noch mit, um sie zu motivieren.

Sie fahren als Vizepräsident also auch selbst noch auf die Dörfer um mitzukicken?

Klar, wir fahren selbst raus, wenn es um die Plätze geht, packen auch selbst mit an und streichen z. B. die Tore. Wir wollen die Leute mitnehmen und gehen dabei natürlich voran.

Seitdem gibt es einige Leuchtturmprojekte, z. B. das Finale des europäischen Supercups 2015 zwischen dem FC Barcelona und dem FC Sevilla hier in Tiflis oder die Ausrichtung der U19-EM 2017.

Stimmt. Aber das sind nur einige Projekte. Es gibt nun zum Beispiel im zweiten Jahr eine Frauen-Meisterschaft, und dafür auch U19- und U17-Nachwuchsteams. Dazu kommen Stadionneubauten – beispielsweise in Batumi, wo aktuell ein modernes Stadium mit 25.000 Plätzen entsteht. Dort wurde vor einigen Monaten auch ein neues Trainingsgelände eröffnet. Auch in Kutaissi bauen wir Plätze. In diesem Jahr bekommen wir im Trainerbereich zudem die Uefa-Pro-Lizenz, also die höchste Ausbildungsstufe.

Kobiashvili hat vor seiner Wahl zum Verbandpräsidenten kritisiert, dass die Liga das große Problem des georgischen Fußballs ist und dafür fehlende TV-Einnahmen und geringe Zuschauerzahlen angeführt. Was hat sich diesbezüglich getan?

Wir haben die Liga neu organisiert und auf zehn Teams reduziert. Das kommt bei den Zuschauern besser an, weil es nun einfach interessanter ist. Außerdem haben wir gemeinsam daran gearbeitet, dass die Regierung einen Fonds aufsetzt, um die Klubs zu fördern. Und nun werden auch alle Spiele live im TV gezeigt, was die Klubs ebenfalls populärer macht.

Der ehemalige deutsche Jugend-Nationalspieler Patrick Milchraum spielte 2013 für Dinamo Tiflis. Er sagte in einem Interview vor ein paar Jahren, dass das Niveau in der obersten georgischen Spielklasse teilweise "runtergeht bis in die Oberliga." Trifft das noch zu?

Nein, das ist nicht mehr so. Doch ganz ehrlich: Von der Bundesliga sind wir natürlich auch weit entfernt. Aber Dinamo, die dominierende Mannschaft der letzten Jahre, könnte in der 2. Bundesliga locker mithalten. Und ein paar andere Teams auch.

Zu den meisten Spielen kommen trotzdem nur ein paar hundert Zuschauer...

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... aber in Batumi sind auch mal 5000 Leute dabei. Und in Tiflis sind es auch schon mehr – allerdings bei weitem nicht genug, um das 56.000 Zuschauer fassende Dinamo-Stadion zu füllen.

Auf welchen georgischen Spieler sollten die Bundesligisten ein Auge werfen?

Auf Giorgi Chakvetadze, der ist 19 Jahre, spielt bei KAA Gent in Belgien im offensiven Mittelfeld und ist richtig talentiert. In seinen ersten sechs Länderspielen hat er gleich viermal getroffen. Wenn der so weitermacht, kann der ein ganz großer Spieler werden. Aber wir haben auch ein paar andere sehr talentierte Jungs. Das Problem ist, dass viele zu früh mit dem Erreichten zufrieden sind. Ein gutes Jahr kann jeder spielen, wichtig ist, dass Du das auf Jahre beweisen kannst.


Sie haben immer noch gute Kontakte zu ihrem Ex-Klub SC Freiburg. Greifen Sie da auch mal zum Telefon und sagen Christian Streich: "Christian, den Chakvetadze musst Du auf dem Schirm haben"?

Nein, das nicht. Wichtig ist für uns hier, dass wieder mehr Georgier in der Bundesliga, England oder Spanien spielen, denn dadurch wird auch die Nationalmannschaft automatisch besser.

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