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Deutschlands Handball in der Corona-Krise: Vielen Klubs droht der Tod


Handball in der Pandemie
Eine organisatorische Krise

  • Dominik Sliskovic
Von Dominik Sliskovic

Aktualisiert am 16.01.2022Lesedauer: 4 Min.
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Teil der neuen Normalität: DHB-Bundestrainer Alfred Gislason desinfiziert sich während des Länderspiels gegen die Schweiz die Hände.Vergrößern des Bildes
Teil der neuen Normalität: DHB-Bundestrainer Alfred Gislason desinfiziert sich während des Länderspiels gegen die Schweiz die Hände. (Quelle: camera4+/imago-images-bilder)

Das dritte Jahr der Corona-Pandemie hat begonnen. Die Sorgen des Handballsports finden immer noch kaum Gehör. Dabei sind die Folgen der Krise deutlich erkennbar, erklärt DHB-Boss Mark Schober.

Spielabsagen, Spielverlegungen, Impfdurchbrüche: Das sind die Themen, die die Schlagzeilen im deutschen Profi-Handball um den Jahreswechsel dominierten. Auch im angebrochenen dritten Jahr der Pandemie, in der andauernden vierten Infektionswelle hat das Coronavirus den Sport im Würgegriff.

Besonders die Hallensportarten, wie etwa eben der Handball, leiden unter dieser Situation. Im Gegensatz zum Branchenprimus Fußball sind sie ungleich abhängiger von Spieltagseinnahmen. Was im Folgeschluss bedeutet: Machen die Corona-Beschlüsse die Hallen aufgrund der erhöhten Ansteckungsgefahr in geschlossenen Räumen zu weiten Teilen oder gar komplett zu, droht vielen Klubs der Exitus.

Deutscher Handballbund verliert Zehntausende Mitglieder

Während die Vereine, die aktuell ihre besten Spieler zur Handball-EM in Ungarn und der Slowakei abgestellt haben (alle Partien im t-online-Liveticker), mit Zahlungen der Profisporthilfe vom Bund zumindest finanziell unterstützt werden, bleiben die Teams an der Basis zurück.

Mark Schober, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Handballbunds (DHB), fasst die drastischen Folgen dieser Ignoranz für t-online in nüchternen Zahlen zusammen. "Wir haben im Jahr 2020 3,4 Prozent unserer Mitglieder verloren", erklärt Deutschlands wichtiger Handballfunktionär, "in absoluten Zahlen gesprochen sind das 25.000 Mitglieder, die aus den Vereinen ausgetreten sind."

Diese Abwanderung, so Schober, sei klar auf die Pandemie zurückzuführen. Denn: "In den Jahren zuvor war es uns seit 2016 gelungen, die Mitgliederzahlen auf einem konstanten Niveau zu halten." Der ausschlaggebende Grund für diese Negativentwicklung sei folgender gewesen: "Wir konnten 2020 keine neuen Mitglieder dazugewinnen, da wir Interessierten einfach keine Angebote machen konnten."

Der Breitensport Handball befände sich in Deutschland im Jahr 2022 in einer "organisatorischen Krise", wird Schober deutlich. "Die Vereine sind ständig wechselnden Rahmenbedingungen ausgesetzt, müssen sich neu positionieren, um in dieser Situation Angebote zu schaffen."

Das eigentliche Problem, so hört man es bei ihm heraus, ist also, dass Menschen nicht uneingeschränkt zusammenkommen können. "Wenn man nicht Zeit mit den Mitmenschen verbringen kann: Warum sollte man sich dann, sei es als Sportler oder Ehrenamtler in einem Klub engagieren?", erwidert Schober.

DHB-Boss Schober appelliert für Spielbetrieb im Nachwuchsbereich

Der größte Fehler sei gewesen, dass in der "frühen Phase der Pandemie 2020 der Nachwuchssport pauschal und unbedacht heruntergefahren wurde", findet Schober. Hunderttausenden Kindern und Jugendlichen wurde so die Möglichkeit genommen, sich körperlich zu betätigen, Freunde zu treffen. Ein heftiger Schlag ins Kontor der physischen und psychischen Gesundheit der Heranwachsenden. Dem gegenüber standen und stehen jedoch etwa besorgte Eltern, die sich derzeit Sicheres vorstellen können, als ihr Kind zu einem Hallensport zu schicken.

"Ich war kürzlich beim Spiel einer männlichen C-Jugend-Mannschaft, das mit 150 Zuschauern besucht war", pariert Schober den Einwand, "die Besucher haben alle ihre Masken getragen, den Abstand eingehalten. Dass es Publikum gab, hat großen Spaß gemacht – nicht nur den Kindern, die endlich wieder spielen konnten." Er, schiebt der DHB-Boss nach, schicke seine Kinder auch in der aktuellen Lage zum Handball, denn "wir haben gute und erprobte Konzepte für einen sicheren Trainings- und Spielbetrieb."

Fehlt es den Maßnahmen also nur an einer Verhältnismäßigkeit, wie der Geschäftsführer der Handball-Bundesliga, Frank Bohmann, in der "Sportschau" wetterte? Oder ist die aktionistische Politik von Bund und Ländern dabei, selbst ein Premiumsportprodukt wie die deutsche Handball-Nationalmannschaft zu zerstören? Schließlich lebt dies wie kaum ein anderes von den emotionalen Bildern, die die leidenschaftlichen Fans in einer proppenvollen Halle für die TV-Übertragung produzieren.

"Die TV-Einnahmen fließen trotz weniger Zuschauer in den Arenen, auch Sponsorenverträge können wir trotz der Situation umsetzen", kontert Schober, ehe er doch noch auf die Wurzel des Übels eingeht. "Nichtsdestotrotz tun die Einbrüche bei den Zuschauereinnahmen weh. Schauen wir in die Zukunft, konkret auf die Heim-EM 2024, ist klar, dass wir die Arenen langfristig wieder voll machen müssen", so der DHB-Boss, der seinen Verband vor einer riesigen Herausforderung, sieht, denn: "Wer kauft sich aktuell schon eine Karte für ein Handballspiel, wenn er nicht sicher sein kann, ob das Ticket nicht doch storniert wird?"

DHB will sich weiter jeder neuen Herausforderung stellen

Auch aufgrund dieser grundlegenden Skepsis könnte ein möglicher EM-Titel für das DHB-Team im Januar 2022 so ungünstig wie noch nie kommen. Der durch einen solchen Erfolg entstehende Hype um den Handball könnte wohl durch Einlassbeschränkungen und mögliche Trainingsbeschränkungen im Freizeitsport nicht mit letzter Konsequenz ausgenutzt werden.

Eine These, der DHB-Boss Schober nichts abgewinnen kann. "Wenn man Sport macht, will man sportlich erfolgreich sein. Ich bin glücklich über jedes gewonnene, begeisternde Spiel unserer Nationalmannschaften, denn dies hat definitiv einen positiven Effekt für den Handball in Deutschland", so der Funktionär. Aus seiner Sicht würde Handball-Deutschland im Falle eines Sensationserfolgs in Ungarn und der Slowakei einfach vor anderen Herausforderungen stehen.

"2016 etwa, nach dem sensationellen EM-Titel unserer Männer-Nationalmannschaft, hatten wir das Problem, dass wir gar nicht die Hallen- und Betreuerkapazitäten hatten, um all den Interessierten ein Handballtraining anbieten zu können. Genauso wie wir damals Lösungen gefunden haben, werden wir das auch für die immer wieder neu entstehenden Herausforderung in der Pandemiezeit schaffen", ist er sich sicher.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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