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Wimbledon: Zverev-Coup beim Grand Slam? "Er ist stark genug"


Legendäres Turnier startet
"Es ist unglaublich schade"


Aktualisiert am 03.07.2023Lesedauer: 6 Min.
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Jan-Lennard Struff (l.): Er muss dieses Jahr in Wimbledon passen.Vergrößern des Bildes
Jan-Lennard Struff (l.): Er muss dieses Jahr in Wimbledon passen. (Quelle: IMAGO/Maximilian Koch)

Was kann Deutschlands bester Tennisspieler beim Grand Slam in London erreichen? Und könnte es bei den Damen wieder eine Überraschung geben? Experte Patrik Kühnen verrät mehr.

Es ist die berühmteste Tennisanlage der Welt: Centre Court, alle in Weiß, Erdbeeren mit Sahne – Wimbledon ist das traditionsreichste Turnier des Sports, ob es um die Plätze, die Spielkleidung oder die kulinarische Versorgung der Besucher geht. Hier wurden Legenden geboren wie Boris Becker, der durch seinen Finalsieg 1985 mit 17 Jahren zum Weltstar wurde und den Grundstein für seine große Karriere legte. Hier lieferten sich die Granden Björn Borg und John McEnroe mitreißende Duelle, hier feierten der große Roger Federer, Steffi Graf, Serena Williams, Pete Sampras oder Martina Navratilova ihre größten Erfolge – bis heute sind Federer (acht Titel) und Navratilova (neun Titel) die Rekordsieger des Turniers.

Ab diesem Montag bis zum 16. Juli wird nun wieder in Wimbledon um den begehrtesten Grand-Slam-Sieg des Tennisjahres gespielt. Patrik Kühnen ist als Experte für Sky mit dabei. Für den langjährigen Spitzenspieler ist Wimbledon viel mehr als nur ein Turnier: "Die Geschichten, die über die Jahrzehnte dort durch Spielerinnen und Spieler geschrieben wurden, sind heute noch präsent", sagt der 57-Jährige im Gespräch mit t-online.

Mit 12, 13 Jahren habe er "das große Duell Borg gegen McEnroe" miterlebt. Daraus sei für ihn "der Traum entstanden, einmal auf dem Centre Court zu spielen. Da hängen so viele Emotionen mit dran – nicht nur für mich, sondern für viele andere Menschen." Für Kühnen sei es "auch immer wieder etwas Besonderes, zum ersten Mal wieder auf die Anlage zu gehen. Das ist für mich ein ganz toller Moment, dann setze ich mich kurz irgendwo hin und lasse noch mal die Gedanken schweifen." Für t-online hat sich Kühnen angeschaut, wer 2023 die besten Chancen auf einen Sieg auf dem "heiligen Rasen" hat.

"Zverev macht auf mich einen befreiten Eindruck"

Aus deutscher Sicht liegt der Fokus klar auf Alexander Zverev. Kühnen traut Deutschlands aktuell bestem Tennisspieler "auf jeden Fall zu, in Wimbledon weit zu kommen." Zwar merkt er an, "dass ihm dort bisher noch nicht der ganz große Wurf bis in die zweite Turnierwoche hinein gelungen ist und Rasen und er noch nicht die ganz großen Freunde geworden sind. Aber was nicht ist, kann ja noch werden."

Bei den French Open im Juni – ein Jahr nach seiner schweren Verletzung an selber Stelle – scheiterte der Hamburger erst im Halbfinale am Norweger Casper Ruud. Kühnen erhofft sich davon einen positiven psychologischen Effekt für ihn. "Seine Rückkehr in Paris auf den Court Philippe Chatrier, auf dem er sich im vergangenen Jahr so schwer verletzt hat, war eine Möglichkeit für ihn, emotional mit dieser Erinnerung abzuschließen. Jetzt kann er mit neuer Kraft nach vorne schauen."

Auf Kühnen macht Zverev "einen befreiten Eindruck, dass er das jetzt hinter sich gelassen hat. In Halle (beim Vorbereitungsturnier auf Wimbledon, Anm. d. Red.) hat er bereits gute Leistungen auf Rasen gezeigt." Kühnen hält einen Erfolg für möglich: "Er hat die Qualitäten dazu und ist dafür stark genug." In der ersten Runde in London trifft Zverev am Dienstag auf den Niederländer Gijs Brouwer.

Struff? "Unglaublich schade"

Dass Jan-Lennard Struff seine Teilnahme verletzungsbedingt absagen musste, bedauert Kühnen: "Es ist unglaublich schade. Natürlich ist das extrem enttäuschend für ihn, weil er gerade die bisher stärkste Saison seiner Karriere gespielt, seine beste Weltranglistenposition erreicht hat und in Wimbledon gesetzt gewesen wäre." Die Endspiele in Madrid gegen Carlos Alcaraz und in Stuttgart gegen Frances Tiafoe, die Struff nur knapp verloren hat, wären gute Vorzeichen für Wimbledon gewesen. "Er hätte es weit schaffen können. Jetzt geht es für ihn vor allem darum, wieder gesund zu werden und stark auf die Tour zurückzukommen."

Insgesamt überstrahle erwartungsgemäß aber ein Name das Teilnehmerfeld bei den Herren: "Für mich ist Novak Djokovic wenig überraschend der ganz klare Topfavorit", sagt Kühnen. Der Serbe triumphierte erst im Juni bei den French Open, sicherte sich mit nun 23 Grand-Slam-Titeln den alleinigen Rekord vor Rafael Nadal (22) und Roger Federer (20). In Paris habe man "wieder gesehen, wozu er in entscheidenden Phasen imstande ist, dort immer noch mal zulegen kann und sich der Bedeutung matchentscheidender Punkte bewusst ist. Gerade in solchen Spielphasen ist er dann immer voll da und spielt sein absolut bestes Tennis."

Kühnen sieht einen großen Vorteil beim 36-Jährigen: "Im Best-of-Five-Modus (wenn Matches über maximal fünf Sätze gehen können, Anm. d. Red.) ist er in dieser Saison das Nonplusultra, das hat er wieder einmal unterstrichen bei den Australian Open und auch zuletzt bei den French Open. Da ist er zu Hause, das ist seine Welt." Djokovic habe nicht nur "ein perfektes Energiemanagement", sondern auch noch einen "unglaublichen Erfahrungsschatz. Und fast noch wichtiger: Er ist nach wie vor hungrig auf weitere große Titel." Das treibe ihn an. Ähnlich wie Rafael Nadal oder Roger Federer sei er "immer auf der Suche, sich noch weiter zu verbessern, noch mehr zu lernen, noch mehr aus sich herausholen zu können."

Einen großen – jungen – Konkurrenten für den "Djoker" sieht Kühnen unter Vorbehalt: "Direkt dahinter ist für mich Carlos Alcaraz. Er kann Djokovic schlagen – aber ich möchte noch mal an den Faktor Best-of-Five erinnern."

"Niemeier hat gezeigt, dass sie die große Bühne mag"

Bei den Damen überraschten aus deutscher Sicht im vergangenen Jahr Jule Niemeier und Tatjana Maria. Niemeier erreichte unerwartet das Viertelfinale, scheiterte dort im deutschen Duell an Maria, für die wiederum erst im Halbfinale gegen Ons Jabeur Schluss war. Beide hätten "im letzten Jahr wirklich begeistert, und ich wünsche ihnen, dass ihnen das in ähnlich starker Form auch in diesem Jahr gelingt."

Kühnen könne sich vorstellen, "dass beide sehr herzlich vom Publikum in Wimbledon empfangen werden, weil sie im vergangenen Jahr wirklich viele Zuschauer berührt haben mit ihren Geschichten – Tatjana Maria als Mama mit ihrer Tochter, mit ihrer Familie auf der Tribüne. Jule Niemeier hat auch gezeigt, dass sie die ganz große Bühne mag, dass sie ein variables Spiel hat." Die 23-Jährige habe in den vergangenen Monaten zwar mit Schwierigkeiten zu kämpfen gehabt, er hoffe aber, "dass die Rückkehr nach Wimbledon bei ihr auch ein wenig den Knoten löst."

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Topfavoritin sei aber eine andere – die aktuell überragende Spielerin der Damen-Tour: "Iga Świątek, die im letzten Jahr ja überraschend schon in der dritten Runde ausgeschieden ist, sehe ich 2023 noch stärker – besonders, was ihre Erfahrung angeht." Die Polin habe "das frühe Aus dazu genutzt, sich die Frage nach dem Warum zu stellen, und hat sich mit den Gründen auseinandergesetzt." Świąteks arbeitet auch mit einer Mentaltrainerin zusammen. Spielerisch sei sie so stark wie schon im letzten Jahr. "Mental aber macht sie auf mich in diesem Jahr einen viel reiferen, gefassteren Eindruck", so Kühnen. Zwar sei Rasen nicht Świąteks bester Belag, "aber aufgrund ihrer Athletik und ihres druckvollen Spiels ist sie natürlich trotzdem ganz vorne."

Kühnen sieht aber noch weitere Anwärterinnen auf den Titel: "Für mich gehören auch Aryna Sabalenka und die Vorjahressiegerin Elena Rybakina zu den Favoritinnen – und ebenfalls Jabeur, die ein tolles Spiel auf Rasen hat." Die Tunesierin werde sich an die letztjährige Finalniederlage gegen Rybakina erinnern.

Gerade zum Beginn des Turniers sei für alle Topspielerinnen und -spieler aber Vorsicht geboten: "Wenn sich ein Stolperstein auftut, dann in der ersten Runde. Es ist für alle das erste Match im neuen Turnier, und erst, wenn man diese Hürde genommen hat, ist man richtig im Turnier."

Kühnen freut sich auch auf die Arbeit mit dem Sky-Team: "Wir treffen uns dort und sind alle zusammen wieder in einem WG-Modus. Wir leben dort 14 Tage Tennis, sind von morgens 9 Uhr bis abends 21 Uhr auf der Anlage. Zwei Wochen Tennis pur."

Der Pay-TV-Sender Sky überträgt das Turnier auch 2023 exklusiv, täglich live, insgesamt über 400 Stunden werden es sein.

Verwendete Quellen
  • Telefoninterview mit Patrik Kühnen
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