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Prinzessin Kate hat Krebs: Verzerrung der Wirklichkeit wird zum Volkssport


Kate und die Krebsdiagnose
Wie konnte es so weit kommen?


23.03.2024Lesedauer: 5 Min.
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Prinzessin Kate, ihr Ehemann und die große Unbekannte: Die Gerüchteküche brodelt.Vergrößern des Bildes
Prinzessin Kate, ihr Ehemann und die große Unbekannte: Wochenlang brodelte die Gerüchteküche. (Quelle: Getty Images/Collage t-online)

Affären, Krankheiten, Tod: Der Verschwörungssumpf um Prinzessin Kate kannte wochenlang keine Grenzen – bis zum Abend des 22. März.

"Gruselige, furchteinflößende Klaviermusik-Atmosphäre" steht unter dem nur 17 Sekunden langen TikTok-Video mit dem Titel "Wo ist Kate Middleton?? Weil das ist sie nicht!". Wer den Clip abspielte, war nach der Sichtung auch nicht schlauer als vorher – aber durch die schaurigen Pianotöne vermutlich in helle Aufregung versetzt. Mehr als 1,2 Millionen Menschen haben das Video gesehen, und es ist nur eines von unzähligen weiteren seiner Art.

Der Titel "Denkst du wirklich, das ist Kate Middleton" bringt es zum Beispiel bei TikTok auf 3,9 Millionen Abrufe. Und das sind nur Beiträge, die in der zurückliegenden Woche auf der Social-Media-Plattform veröffentlicht wurden. Der Anlass für die jüngsten Spekulationen um Prinzessin Kate war ein verwackeltes Handyvideo, das am Rande eines Bauernmarktes in Windsor aufgenommen wurde. Die britische Boulevardzeitung "The Sun" veröffentlichte es vergangenes Wochenende und schrieb im dazugehörigen Artikel, der Clip werde "die wochenlangen Online-Spekulationen" und "die wilden Verschwörungstheorien über Kate" beenden.

Die Chronologie des Kate-Dramas

Das Gegenteil war der Fall. Eine Spurensuche um die Prinzessin von Wales entbrannte. Erst die öffentliche Bekanntgabe am Abend des 22. März änderte alles. Plötzlich implodierte das Informationsvakuum: Die Prinzessin hat Krebs. Ein Schock – und vermutlich ein Anlass für viele Millionen Internetnutzer, innezuhalten und an den vielen Schwurblern und Hobbydetektiven, denen sie gefolgt sind, zu zweifeln.

Denn was sich in den vergangenen Wochen um Kate entsponnen hatte, kam einem Kult gleich. Eine horrorfilmartige Blase war in den Untiefen des Internets erwachsen, weitete sich auf ungesunde Dimensionen aus und platzte schließlich an diesem besagten Freitagabend. Doch wie konnte es so weit kommen?

Verschiedene Ereignisse rund um die Prinzessin und das Königshaus hatten Misstrauen geweckt. Seit fast drei Monaten war die 42-jährige Ehefrau des Thronfolgers Prinz William nicht mehr bei einem öffentlichen Termin zu sehen gewesen, seit ihrer Bauchoperation am 16. Januar befand sie sich in einer "Erholungsphase", die bis "nach Ostern" andauern sollte, wie der Kensington Palast im Januar verkündete.

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Es gab bis zum gestrigen Freitag keine offiziellen Informationen darüber, unter welcher Erkrankung Kate litt, welche Operation an "Bauch" oder "Unterleib", je nach Übersetzung, an ihr durchgeführt wurde. Es waren 90 Tage vergangen, seit die künftige Königin bei ihrem letzten Termin für die Royal Family am 25. Dezember bei einem Gottesdienst in Sandringham zu sehen war. Eine gefühlte Ewigkeit in dem sonst so dicht getakteten, prall gefüllten Terminkalender der Royals.

So richtig Fahrt nahmen die Verschwörungen um Kate Ende Februar auf, als Prinz William "aus persönlichen Gründen" kurzfristig einen wichtigen Termin absagte. Spätestens seit dem 10. März, als das Paar ein Bild von Kate und ihren Kindern zum Muttertag veröffentlichte, kamen nahezu täglich neue, wildere Spekulationen auf. Ein regelrechter Überbietungswettbewerb um die aufsehenerregendste, skandalöseste Kate-Theorie verselbstständigte sich.

"Aus dem Zustand Kates ist ein Mysterium geworden"

Das Foto-Fiasko um das manipulierte Familienbild, für das sich Kate nachträglich wegen der "Bearbeitung" entschuldigte, trug zur allgemeinen Aufregung bei. Das bestätigten langjährige Beobachter der Königsfamilie und Kenner der Materie: "Aus dem Zustand Kates ist ein Mysterium geworden, weil die Informationen an einer entscheidenden Stelle abbrachen", so Thomas Kielinger zu t-online. Der ehemalige London-Korrespondent bezog sich dabei auf den Unterschied zu König Charles III.: Dieser hatte zunächst transparent kommuniziert, sich einer Prostata-OP zu unterziehen und anschließend seine Krebsdiagnose mit der Öffentlichkeit geteilt.

Dass diese Art der Informationspolitik bei Prinzessin Kate zunächst nicht angewendet wurde, bewertete Kielinger kritisch. Dies belege seiner Ansicht nach die Vakanzen, die derzeit im Kensington-Palast herrschen. Es fehle einfach an Personal und Expertise: "Meinem Eindruck nach ist daraus ein bedrohliches Vakuum erwachsen, dessen Probleme nun erstmals für alle sichtbar werden", so Kielinger.

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Doch rechtfertigte das die kruden Theorien über eine Kate in der Geiselhaft des Palastes, die Verschwörungserzählungen um eine angeblich zerstörte Ehe zwischen William und Kate und einen angeblich gewalttätigen Ehemann? All das gipfelte in der morbiden Behauptung, die Prinzessin sei längst nicht mehr am Leben. Millionen Menschen schienen bei der Frage nach dem Gesundheitszustand von Kate in ein sogenanntes "Rabbit Hole" gefallen zu sein, in ein Kaninchenloch also, das zu einem langen und viel verzweigten Tunnel ohne sichtbares Ende führt – also in eine Welt aus düsteren, irren Verschwörungen, die keinen Ausweg oder gar ein Happy End zu bieten hat.

Rund 400 Millionen Menschen weltweit Teil der Kate-Spekulation

Den Beleg für den rasanten Anstieg verschwörungstheoretischer Inhalte lieferte am Freitag der britische "Guardian" in Zusammenarbeit mit einem Monitoring-Dienst namens Brandmentions. Die dort erhobenen Daten zeigten, dass Hashtags wie #whereiskate und #katebodydouble innerhalb von einer Woche 5.400 Mal erwähnt wurden und 2,3 Millionen Mal geteilt wurden. Demnach erreichten diese Posts über Instagram und TikTok rund 400 Millionen Menschen weltweit.

Dieses globale Rätselraten um den Verbleib der britischen Prinzessin rief auch Experten auf den Plan. Daniel Jolley, Assistenzprofessor in Sozialpsychologie an der Nottingham University, sagte im "Guardian": "Wir reden oft darüber, welche psychologischen Bedürfnisse Verschwörungstheorien bei den Leuten erfüllen. Aber die Gerüchte um die Prinzessin von Wales sind besonders wirksam, weil sie auch unterhaltsam sind." Er fügte hinzu: "Es fühlt sich an wie in einem Film – mit dir als Ermittler."


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Die Düsternis, die unsere Politik kennzeichnet, dringt selbst in die heitersten Spekulationen ein.


Whitney Phillips


Alles nur ein Spaß also? Das britische Königshaus, so die Annahme, diene mit seinen rein repräsentativen Aufgaben vor allem der Unterhaltung der Massen und habe eher dekorativen Charakter in der konstitutionellen Monarchie Großbritanniens – da könne ein bisschen digitales Rätselraten doch zur allgemeinen Belustigung beitragen.

Doch so einfach ist das nicht, meinen andere Experten. Es gebe gute Gründe, auch in solchen Promi-Verschwörungen wie denen von Kate oder in dem Fall von Britney Spears in der Vergangenheit, in denen Menschen über ihren Tod spekulierten, eine Gefahr für das gesellschaftliche Miteinander zu erkennen.

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Dieses Phänomen zeige, wie sehr das Misstrauen gegenüber Institutionen wie den klassischen Medien zunehme. Wie sehr mit dem Aufstieg der künstlichen Intelligenz und anderer Technologien die Verzerrung der Wirklichkeit als Volkssport betrieben wird. Das jedenfalls urteilte Whitney Phillips, Assistenzprofessorin für Medienethik und digitale Plattformen an der University of Oregon, am 20. März in der "New York Times". In einem solchen Umfeld würden Verschwörungstheorien zu einer Möglichkeit, die Kontrolle über "einen wirklich prekären, beängstigenden und beunruhigenden Moment" zu übernehmen.


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Es spricht einfach für ein Gefühl der Unruhe in der Welt.


Whitney Phillips


"Die Düsternis, die unsere Politik kennzeichnet, dringt selbst in die heitersten Spekulationen ein", sagte sie. "Es spricht einfach für ein Gefühl der Unruhe in der Welt." Der Fall von Kate war dafür perfekt geeignet. Die weltweit bekannte Prinzessin, die monatelange Unkenntnis über ihr Befinden, die traditionell große Aufmerksamkeit der Boulevardpresse für die Königsfamilie: Alle Zahnräder der Medienökonomie griffen ineinander.

Flut von Desinformationen erschüttert unsere Wirklichkeit

Hinzu kam der Personenkult und das, was im Wortsinne einen Fan ausmacht: Fanatismus. Wenn Fans glauben, dass eine berühmte Person in Not ist, scheinen sie gemeinschaftlich an der Lösung des Falls zu arbeiten, sich gegenseitig anzuspornen, hochzuschaukeln – und dabei nicht zu merken, wie die Ideen mehr und mehr zu Hirngespinsten werden, wie sich angebliche Hinweise am Ende als heiße Luft entpuppen.

Kate hat Krebs und drei Kinder im Alter zwischen fünf und zehn Jahren, denen sie diese Diagnose schonend beibringen muss. Sie wird die Verschwörungen und teils diffamierenden Äußerungen in den sozialen Medien vermutlich nur am Rande zur Kenntnis genommen haben. Jetzt, wo die Diagnose der Prinzessin von Wales bekannt ist, wird sich die Aufregung legen und die 42-Jährige in Ruhe genesen können.

Aber dieser prominente Fall ist nur einer von vielen. Womöglich zeigt er beispielhaft, wie eine Flut von Desinformationen und Fake News unsere Wirklichkeit erschüttern und unterlaufen kann – und wie es zunehmend schwieriger wird, zwischen Wahrheit und Lüge zu unterscheiden.

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