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Lutz Jahoda: "Ich wäre in der DDR mit Helene Fischer verheiratet gewesen"


Ost-Legende Lutz Jahoda
"Mit Helene Fischer wäre ich in der DDR verheiratet gewesen"

InterviewVon Imke Gerriets

Aktualisiert am 11.11.2019Lesedauer: 5 Min.
Interview
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Lutz Jahoda: Der DDR-Star ist heute 92 Jahre alt. Im Laufe seiner Karriere hatte er eigene Shows und galt als Liebling unter den Künstlern.Vergrößern des Bildes
Lutz Jahoda: Der DDR-Star ist heute 92 Jahre alt. Im Laufe seiner Karriere hatte er eigene Shows und galt als Liebling unter den Künstlern. (Quelle: Michael Handelmann/imago-images-bilder)

Lutz Jahoda war zur Zeit der DDR einer der größten TV-Helden und feierte mit seiner Show "Mit Lutz und Liebe" große Erfolge. Heute ist er 92 Jahre alt und blickt im Interview mit t-online.de auf sein Leben zurück.

Die Fernsehlegende ist 1927, sechs Jahre vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten, in der Tschechoslowakei geboren. Schon von klein auf wollte er immer Journalist werden. Doch für diesen Traum musste er bis zur Wende warten, wie er im Interview mit t-online.de erzählt. 1944 hatte der heute 92-Jährige seine erste Rolle an den Kammerspielen. Neben der Mutter von Frank Elstner, Hilde Engel, machte er seine ersten Erfahrungen als Schauspieler in der Komödie "Die goldene Eva". Nach dem zweiten Weltkrieg traf er Familie Elstner in Wien wieder. Zusammen zogen sie nach Berlin.

Jahodas künstlerisches Schaffen setzte sich in den folgenden Jahren weiter fort. Als 1955 in Berlin-Adlershof das Fernsehen eingeführt wurde, war er Mitwirkender der ersten Stunde. Ab den 1970er Jahren folgte die eigene Fernsehshow "Mit Lutz und Liebe", die er zusammen mit Heinz Quermann zu einen der erfolgreichsten Formate in der DDR formte. Dazu kam noch mit Heidi Weigelt die Show "Der Wunschbriefkasten" und "Spiel mir eine alte Melodie", die er wieder zusammen mit Heinz Quermann machte. Ab 2002 zog sich Lutz Jahoda mehr und mehr in sein Privatleben zurück. Über die Beweggründe, die nicht nur mit dem Alter zu tun haben, sprach er im Interview.

t-online.de: Wie haben Sie die Wende als erfolgreicher Entertainer in der DDR erlebt?

Lutz Jahoda: Mit zwiespältigen Gefühlen, als ich merkte, dass die Wende auf eine unfreundliche Übernahme hinauslaufen wird.

Hatten Sie heimliche Auftritte in West-Deutschland?

Es gab viele DDR-Künstler, die legal im Ausland und auch im Westen auftreten durften und wieder zurückkamen. Ich hatte zu keiner Zeit den Wunsch verspürt, mein Publikum im Stich zu lassen, auch als ich in Westberlin legale Gastauftritte hatte. Außerdem war ich im Land mit eigenen Programmen, Orchestern und Solistinnen und Solisten unterwegs, aber auch mit TV-Produktionen wie "Wunschbriefkasten", "Mit Lutz und Liebe", "Spiel mir eine alte Melodie" und "Ein Kessel Buntes" voll ausgelastet, zumal ich zu vielen Produktionen auch noch die Texte schrieb.

Standen Sie von der Stasi unter stärkerer Beobachtung?

Wir alle standen unter der "Obhut" der Staatssicherheit, was allerdings gelegentlich krankhaft ausuferte. So durfte ich in meinen Stasi-Akten lesen, im Verdacht zu stehen, DDR-Künstler zur Ausreise zu bewegen und dafür Briefkontakt mit einer Kollegin in Hollywood zu halten. Besonders erheiternd die Notiz, an der Autobahnraststätte in Köckern, bei Leipzig, einen Militärtransport beobachtet und dies telefonisch weitergegeben zu haben. Als ich das las, erinnerte ich mich an einen Mann, der auffällig unauffällig neben der Telefonzelle stand, als ich mit meiner Frau telefonierte. Kann sein, dass kurz zuvor oder während ich sprach, hinter meinem Rücken ein Militärtransport der Volksarmee oder der Sowjettruppen vorrüberrollte.

War es schwer, sich nach der Wiedervereinigung als Entertainer über Wasser zu halten?

Nach der Wende war ich zum Glück schon zu alt, um mich gegen den damals vorherrschenden "Mainstream West" noch einmal von unten nach oben hochzuarbeiten.

Wie ist Ihre Karriere weiterverlaufen?

Ich begann mit Erfolg Bücher zu schreiben, erfüllte mir einen Berufswunsch meiner Jugend, Journalist zu werden, schrieb einige Jahre für die weltweit vertriebene "Deutsche Rundschau" in Cannington, Ontario, Kanada monatliche Beiträge und verfasste Bücher.

Wie denken Sie über die heutige Schlagerwelt?

Ich glaube, dass die Schlagerwelt weiterhin sehr gut funktioniert.

Hätte es in der damaligen Zeit auch eine Helene Fischer geben können?

Helene Fischer hätte es auch in der DDR geben können, und wahrscheinlich wäre ich mit ihr verheiratet gewesen.

Haben Sie heute noch Kontakt zu ehemaligen Kollegen?

Kontakt mit ehemaligen Kolleginnen und Kollegen habe ich noch, wenn auch nur spärlich aus räumlichen Gründen.

Gibt es etwas, an das Sie heutzutage nostalgisch zurückdenken?

An meine Zeit am Theater der Altmark in Stendal, wo ich als jüngster Operettenbuffo im deutschsprachigen Raum mir in den Bereichen Operette, Oper, Schauspiel und Ballett das notwendige Rüstzeug erarbeiten durfte. Ebenso gern an meine Leipziger Zeit als Textautor und Sänger für den Mitteldeutschen Rundfunk und meine Zusammenarbeit mit dem Komponisten und Tanzorchesterleiter Alo Koll.

Sie sind seit Ihrer Jugend mit der Familie Elstner verbunden. Wie stark ist heute noch Ihr Kontakt zu Frank Elstner und seiner Familie?

Mit Frank Elstner bin ich heute noch brieflich und telefonisch in Verbindung. Anlässlich meines 90. Geburtstag am 18. Juni 2017 spendete er mir eine Laudatio innerhalb der 90-Minuten-Produktion "Ein Abend für Lutz Jahoda", die am Tag meines Geburtstags zur besten Sendezeit um 20.15 Uhr vom MDR ausgestrahlt und am 30. Dezember 2017 noch einmal zu dieser günstigen Sendezeit wiederholt wurde.

Diese Wiederholung muss Armin Mueller-Stahl gesehen haben. Seine enthusiasmierte Zuschrift hat mich besonders gefreut, wie überhaupt die zahlreichen Äußerungen vieler Kolleginnen und Kollegen, auch die des Regisseurs Jürgen Brill, der es zehn Jahre als Realisateur von "Mit Lutz und Liebe" mit mir aushielt.

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Die meisten Ihrer ehemaligen Kollegen wie Horst Drinda, Heinz Quermann oder Manfred Krug leben nicht mehr. Denken Sie manchmal über den Tod nach?

Ich betreute ehrenamtlich am ersten Samstag eines jeden Monats die Fernsehausstellung "Streiflichter aus 39 Adlershofer Fernsehjahren" im Spitzhaus des Sender- und Rundfunkmuseums Königs Wusterhausen. Dort konnte ich unter anderem auf jene Kolleginnen und Kollegen hinweisen, die nicht mehr unter uns weilen. Da ich zu jenen Jahrgängen gehöre, die trotz Aussichtslosigkeit noch in die Schützengräben befohlen wurden und das Glück hatten, überleben zu können, habe ich zum Tod im hohen Alter ein gutes Verhältnis. Hassenswert sind jene, die aus Profitgründen Waffen bauen, Kriege vom Zaun brechen und skrupellos auch Kinder töten.

Sie leben in Heidensee, einem beschaulichen Ort in Brandenburg. Auch in Ihrem Privatleben ging es turbulent zu. Sie sind jetzt zum sechsten Mal verheiratet Ihr jüngster Sohn ist 21 Jahre. Wie geht es Ihnen gesundheitlich und wie halten Sie sich fit?

Zum Befinden meiner Familie gibt es gegenwärtig beruhigend Erfreuliches zu sagen: Söhne, Enkelkinder und Ehefrau sind gesund. Auch ich bin nicht untätig, schreibe an meinem wahrscheinlich letzten Buch. Für mich die dankbarste Stufe zur geistigen Fitness. Zum Tod aus meiner Sicht, weiß ich Tröstliches zu sagen: Keine Langeweile im Himmel, keine Qual in der Hölle, Ungemach auf Erden allerdings reichlich. Machtgier, Dummheit und Kriege: das menschliche Nachhaltigkeitspaket mit Auslöschgarantie. Aus Sternenstaub entstanden, zu Sternenstaub zerfallen.

Mein Wunsch: Mit dem Vierten Satz der Neunten Sinfonie von Gustav Mahler diese Welt zu verlassen. Welch ein Geschenk! Die Wiedergabe einer Aufnahme mit den Wiener Philharmonikern, dirigiert von Leonhard Bernstein, liegt bereit.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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