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"Tatort"-Star Waschke: "Westdeutsche zeigen gerne mit dem Finger auf 'Ossis'"


"Tatort"-Star Mark Waschke
"Westdeutsche zeigen gerne mit dem Finger auf die 'Ossis'"

  • Steven Sowa
Von Steven Sowa

Aktualisiert am 04.10.2020Lesedauer: 3 Min.
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"Tatort: Ein paar Worte nach Mitternacht": Mark Waschke sucht als Ermittler Robert Karow nach Antworten – und auch privat stimmt den Schauspieler in Deutschland vieles nachdenklich.Vergrößern des Bildes
"Tatort: Ein paar Worte nach Mitternacht": Mark Waschke sucht als Ermittler Robert Karow nach Antworten – und auch privat stimmt den Schauspieler in Deutschland vieles nachdenklich. (Quelle: rbb/Stefan Erhard)

Der "Tatort" am Sonntag nutzt das Jubiläum zur Wiedervereinigung, um in einem Krimi brisante politische Fragen zu verhandeln. Hauptdarsteller Mark Waschke brennt es auf der Seele, darüber zu sprechen.

"Wir leben in einer angespannten, aggressiven Zeit", erklärt Mark Waschke am Telefon. Eigentlich wollten wir über den neuen "Tatort: Ein paar Worte nach Mitternacht" sprechen, doch schnell kreist das Gespräch um die aktuelle politische Lage. Waschke ist sich sicher: "Vieles, was heute schiefläuft, hat seinen Ursprung in der deutschen Geschichte."

In einem rund 40-minütigen Telefonat wirkt dieser Satz wie eine These, der Waschke seine Gedanken unterordnet. Der gebürtige Bochumer denkt immer wieder lange nach, wägt ab und formuliert komplexe, verschachtelte Sätze. "Die Kontinuität des rechten Gedankenguts" in der deutschen Geschichte mache ihn nachdenklich. "In manchen Gegenden Deutschlands sind Nazis heute sehr aktiv und sie waren es auch schon, bevor die NSDAP an die Macht kam."

Tatsächlich sprechen Wahlerfolge in Sachsen am 12. Mai 1929 dafür, dass der Siegeszug der NSDAP ausgerechnet in der Region seinen Anfang nahm, in der die AfD 2019 mit 27,5 Prozent zur zweitstärksten Kraft wurde. Die Salonfähigkeit rechter Gesinnungen, die sich über Generationen weiterträgt? Für Mark Waschke "ein Problem, das in der Keimzelle namens 'Familie' reift."

Darum geht es im "Tatort"
"Tatort: Ein paar Worte nach Mitternacht": Ein Berliner Bauunternehmer, der sich für ein jüdisches Dokumentationszentrum einsetzt, wird erschossen aufgefunden. Um seinen Hals hängt ein Schild mit den Worten: "Ich war zu feige, für Deutschland zu kämpfen". Vieles spricht für einen rechtsradikalen Mordanschlag. Doch die "Tatort"-Kommissare, gespielt von Meret Becker und Mark Waschke, erwartet ein vertrackter Fall, der tief in die deutsche Nachkriegsgeschichte führt.

Der 48-Jährige finde es "faszinierend", wie sich Verhaltensweisen fortsetzen. "Das Private wird politisch", so wie es Michael Haneke 2009 in "Das weiße Band – Eine deutsche Kindergeschichte" bereits erzählte. Die preußische Erziehung, so der Subtext, sei mitverantwortlich für das, was später der Nationalsozialismus wurde. "Die Kontinuität im angstbestimmten Denken, dieser Wille zur Abgrenzung und diese Befürchtung, zu kurz gekommen zu sein, dieses Opfer-Denken, das hat in Deutschland Tradition", meint Waschke.

Waschke über rechter Terror: "ein Desaster"

Dabei will er keinesfalls die Ostdeutschen zu Schuldigen erklären. Nazis und rechtsextreme Tendenzen seien in ganz Deutschland ein Problem: "Die Westdeutschen zeigen gerne mit dem Finger auf die 'Ossis' und vergessen dabei, wie viele Nazis es in ihren eigenen Reihen gibt. Ich sage nur: Dortmund Dorstfeld."

Mark Waschkes Stimme ist die ganze Zeit ruhig, er spricht besonnen und überlegt. Doch plötzlich redet er schnell und man spürt, dass ihn etwas aufregt: die Verharmlosung von rechter Gewalt. "Ich finde es ein Desaster, dass es in Deutschland trotz der NSU und mehr als 150 Todesopfern durch rechte Gewalt seit 1990 so lange gedauert hat, bis man von "rechter Terror" spricht."

"Deutschland hat noch sehr viel Nachholbedarf"

Nach Recherchen von "Tagesspiegel" und "Zeit Online" sind es zwischen 1990 und 2020 mindestens 187 Menschen gewesen, die von rechtsmotivierten Gewalttätern getötet wurden. Waschke urteilt: "Bei linken Ausschreitungen ist man in Deutschland schnell und schreit: 'Linksterrorismus!'" Bei Rechtsradikalismus würde dies "deutlich länger dauern". Der gängige Reflex in Deutschland, diese Täter als "krank oder verwirrt" einzustufen, sei falsch. "Das sind Nazis und die werden von einer Stimmung im Land angestachelt", so der "Tatort"-Schauspieler.

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Ihm sei es daher vor allem wichtig, mit dem Mythos aufzuräumen, die Deutschen wären Weltmeister in der Aufarbeitung der eigenen Geschichte. "Deutschland hat noch sehr viel Nachholbedarf, was die Beschäftigung mit rechtem Terror anbelangt." Das Unheimliche am Nationalsozialismus unter Hitler sei für ihn, dass es "keine Diktatur war, die von ein paar Verrückten geleitet wurde. Nein: Der Nationalsozialismus wurde von der Mehrheit der Deutschen mitgetragen."

Den aktuellen "Tatort" des rbb finde er genau wegen dieser im Krimi verhandelten, brisanten Themen so spannend. "Ein paar Worte nach Mitternacht" ist tatsächlich kein klassischer "Whodunit"-Krimi, sondern eine verschachtelte Suche nach Schuld. Oder wie Mark Waschke es ausdrückt: "Ein Panorama einer Familie, das sehr viel über die Gemengelage in unserer Gesellschaft erzählt." Eine Gemengelage, die dem "Tatort"-Star offenbar große Sorgen bereitet.

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