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TV-Kritik zu „Hart aber fair“: "Diese Kinder sind zerstört"


Talk zu Giftgas-Horror in Syrien
"Diese Kinder sind zerstört"

David Heisig

Aktualisiert am 11.04.2017Lesedauer: 3 Min.
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Beim Thema "Giftgas gegen syrische Kinder - werden wir schuldig durch Wegschauen" ging es hoch her.Vergrößern des Bildes
Beim Thema "Giftgas gegen syrische Kinder - werden wir schuldig durch Wegschauen" ging es hoch her. (Quelle: imago-images-bilder)

Die Gäste:

  • Kristin Helberg, Journalistin
  • Julian Reichelt, Vorsitzender der Bild-Chefredaktionen
  • Ulrich Scholz, EX-Planungsstabsoffizier der NATO
  • Jürgen Hardt (CDU), Unions-Außenpolitiker
  • Fritz Pleitgen, Journalist
  • Katharina Ebel, Koordinatorin der SOS-Kinderdörfer in Syrien

Das Thema

„Wir Menschen sind schon komisch.“ Mit diesem Statement begann Plasberg. In Syrien herrsche schon lange Krieg, aber erst die Bilder von durch Giftgas ermordeten Kindern bewege die Deutschen. Haben wir uns durch Wegschauen schuldig gemacht? Trumps Gegenangriff letzte Woche allerdings sähen die meisten Deutschen kritisch. Als Beleg zitierte der Moderator eine aktuelle Umfrage von Infratest-Dimap für die Sendung: 29% der Befragten befürworteten die US-Reaktion, 56% sähen sie kritisch. Einen Kampfeinsatz deutscher Truppen würden demnach nur 18% gutheißen, 75% ihn ablehnen. Aktive deutsche Intervention in Syrien ist gesellschaftlich scheinbar nicht gewollt.

Die Fronten

Was Reichelt nicht verstehen konnte. Deutschland mache sich „seit sechs Jahren schuldig“, der syrische Diktator Baschar al-Assad müsse gestoppt werden. Auch Helberg blies ins gleiche Horn: Frieden bedeute für die Syrer der Schutz vor Bomben. Das müsse man zur Not militärisch durchsetzen. Ganz anders sah das die Altherrenriege um Scholz. Der vertrat, dass Krieg „nur alles schlimmer machen“ würde, Lösungen könne es nur am Verhandlungstisch geben. Wenn der UN-Sicherheitsrat „mit einer Stimme“ spräche und Russland „mitmachen“ würde, wäre eine Lösung zum Greifen nahe, urteilte Hardt. Den Russen den schwarzen Peter zuzuschieben sei falsch, so Pleitgen. Die Diskussion schien Feuer zu haben.

Aufreger des Abends

Scholz begann mit dem Zündeln, als er die aktuelle US-Intervention als „Straßenjungenmanier“ und wenig staatsmännisch geißelte. Immerhin bombe der Westen auch. Reichelt betonte, das Assad-Regime trete internationale Vereinbarungen mit Füßen. Der US-Angriff sei ein wohlkalkuliertes Statement gewesen, um eine rote Linie zu definieren. Als Scholz behauptete, es gäbe eine standardisierte Kommunikation zwischen den Russen und Amerikanern in Syrien und der Angriff mit den Giftgasfolgen sei den Amerikanern bekannt gewesen, ging Reichelt auf 180. Scholz nannte vermeintliche Quellen, die die Theorie mit dem getroffenen Gaslager stützen würden. Als „haarsträubend“ und „schlichtweg falsch“ bezeichnete Reichelt das. Scholz verstecke sich „hinter seinem Fachjargon“, um Verschwörungstheorien zu verbreiten. Es sei schlimm, wenn er das selbst glaube. Noch schlimmer sei jedoch, dass er Propaganda für ein Regime mache, das „andere niedermetzelt“. „Dafür sollten sie sich schämen“, so der Bild-Mann. Helberg war das zu viel. „Wir müssen es ja nicht so persönlich machen“, versuchte sie zu beruhigen. Dass Scholz jedoch den gezielten Beschuss von Krankenhäusern anzweifele, zeige, dass er „wenig Ahnung“ habe. Pleitgen warf ein: „Wir verpulvern unsere Emotion mit der Schuldfrage.“ Die Strategie müsse sein, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. „Irgendwann müssen die sich mal zusammensetzen“, so der schon fast verzweifelt wirkende Rat Pleitgens.

Höhepunkt des Abends

Das Einzelgespräch mit Ebel setzte einen Kontrapunkt. Keine Vorwürfe, nur Zuhören. Plasberg fragte einfühlsam nach der Arbeit in den Kinderdörfern in Syrien. Ebel stockte manches Mal, wirkte aufgewühlt. Schnell wurde klar: man kann nicht verstehen, was in Orten wie Aleppo passiert: „Diese Kinder sind zerstört“, berichtete Ebel von den Jüngsten, die nichts anderes als Krieg kennen. Im Gegenzug andere Heranwachsende in Städten wie Damaskus, die ein relativ normales Leben führen. Dieser Bericht über die Spaltung der syrischen Gesellschaft rührte an. „Was brauchen sie?“, fragte Plasberg mit Blick auf die Arbeit vor Ort. „Professionelle Hilfe“, etwa durch Psychologen. Alleine stecken weder Opfer noch Helfer dieses Trauma weg.

Plasberg-Momente

Plasberg hatte seine Runde zu Beginn im Begriff. Er war nicht sonderlich aggressiv beim Nachbohren, entließ die Gäste aber nicht zu schnell, wenn ihm eine Antwort als ausweichend erschien. Etwa als er Pleitgen fragte, wer Russland und Amerika an den Verhandlungstisch bringen könne. Oder als er Helberg fragte, wie sie in der Infratest-Umfrage zur deutschen Beteiligung in Syrien abgestimmt hätte. Helberg wich aus, betonte, deutsche Kampfflugzeuge seien dort schon längst im Einsatz. Nur fliege keiner, um die Zivilbevölkerung zu schützen. Szenenapplaus. Allerdings entglitt dem Moderator das Ganze irgendwann. Vor allem im Disput Scholz-Reichelt wollte er irgendwann die Wogen nicht mehr glätten.

Was schade war

Irgendwann bekam die Sendung ein zynisches Geschmäckle. Da ging es um präzises Bomben, Strategien und Opfer als Zahlenspiele. Reichelt warf Scholz kontinuierlich Propaganda und Unwissenheit vor, ohne als schlagkräftige Untermauerung seiner Meinung immer wieder die schrecklichen Bilder aus Syrien in Erinnerung zu rufen. Dieses gebetsmühlenhafte Argumentationsschema verfehlte irgendwann seinen Zweck, führte gar ins Gegenteil: Sollte es dem Journalisten mehr um das eigene Standing in einer öffentlichen Diskussion und weniger um das reale Leid der Syrer gehen? Plasberg stand am Ende ratlos da. Reichelt konnte er kaum bändigen, Scholz wirkte nicht ganz auf der Höhe und Pleitgens Wissensschatz konnte er nicht in die Sendung integrieren. Da erschien die Schalte zu den Tagesthemen als Erlösung.

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