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Nach der Tragödie von Genua: Wie sicher sind unsere Autobahnbrücken?


Nach der Katastrophe von Genua
Wie gefährdet sind unsere Autobahnbrücken?

Von Markus Abrahamczyk, Juliane Wellisch

Aktualisiert am 15.08.2018Lesedauer: 3 Min.
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Rheinbrücke in Leverkusen: Die A1-Überführung wird teilweise als ungenügend einstuft. Fahrzeuge, die schwerer als 3,5 Tonnen oder breiter als 2,3 Meter sind, dürfen die Brücke nicht mehr befahren.Vergrößern des Bildes
Rheinbrücke in Leverkusen: Die A1-Überführung wird teilweise als ungenügend einstuft. Fahrzeuge, die schwerer als 3,5 Tonnen oder breiter als 2,3 Meter sind, dürfen die Brücke nicht mehr befahren. (Quelle: Manngold/imago-images-bilder)

Brückentragödie in Genua (Italien): Unter fahrenden Autos stürzt eine 40 Meter hohe Autobahnbrücke auf die Stadt herab. Kann das auch in Deutschland passieren? In welchem Zustand sind unsere Brücken?

"Eine entsetzliche Tragödie", sagt Italiens Verkehrsminister in einer ersten Stellungnahme zum Brücken-Drama von Genua (Italien): Im Mittagsverkehr stürzt eine 40 Meter hohe Autobahnbrücke unter fahrenden Autos auf die Metropole (583.000 Einwohner) herab. Mindestens 22 Menschen sterben. Rettungskräfte suchen mit Spürhunden nach Überlebenden. Die Ursachen sind noch unklar.

Eine solche Katastrophe gab es in Deutschland zum Glück noch nie. Ist so etwas überhaupt denkbar? In welchem Zustand sind eigentlich unsere Brücken?

Oftmals in keinem guten, zeigen die Zahlen des Verkehrsministeriums. Deshalb gibt es ein "Sonderprogramm Brückenmodernisierung". Allein für die Jahre 2015 bis 2018 wurden dafür 1,5 Milliarden Euro bereitgestellt.

Der Brückenzustand in Zahlen

Auf Bundesfernstraßen gibt es derzeit etwa 39.500 Brücken. Sie bestehen aus etwa 51.400 so genannten Teilbauwerken. Diese Untergliederung ist wichtig, denn größere Brücken bestehen oft aus mehreren Teilbauwerken. Und deren Zustand wird im Einzenen überprüft.

  • Etwa 2.340 Teilbauwerke sind in befriedigendem Zustand. Das sind 4,55 Prozent – knapp jedes 20. Teilbauwerk. Das bedeutet allerdings nicht automatisch ein hohes Risiko, sondern dass eine Instandsetzungsmaßnahme zu planen ist.
  • Rund 260 Teilbauwerke (0,5 Prozent), also jedes 200. Teilbauwerk, werden als ausreichend bewertet. Auch das bedeutet nicht, dass die Standsicherheit der Brücke gefährdet ist. Allerdings liegen Mängel vor, etwa fehlende Gitterstäbe im Geländer oder Schäden wie Betonabplatzungen, schadhafte Abdichtung, oder Korrosionsschäden.

Das sind die dringendsten Projekte

Eine Reihe von Brücken oder Teilbauwerken wurde vom Verkehrsministerium priorisiert. Zu ihnen gehören unter anderem die folgenden:

  • Baden-Württemberg, Erneuerung, Überbau Immensitzbrücke im Zuge der A 81
  • Bayern, Ersatzneubau, Talbrücke Heidingsfeld im Zuge der A 3
  • Berlin, Ersatzneubau, Kreuzungsbauwerk Kleeblatt Zehlendorf A 115 / B 1
  • Hamburg, Ersatzneubau, Langenfelder Brücke im Zuge der A 7
  • Hessen, Ersatzneubau, Rheinbrücke Schierstein im Zuge der A 643
  • Mecklenburg-Vorpommern, Ersatzneubau Brücke Petersdorfer See im Zuge der A 19
  • Niedersachsen, Ersatzneubau, Brücke über die Celler Str. in Gifhorn im Zuge der B 4
  • NRW, Ersatzneubau, Lennetalbrücke im Zuge der A 45
  • NRW, Ad Hoc Instandsetzung, Rheinbrücke Leverkusen im Zuge der A 1

Neben Autobahnbrücken sind auch zahlreiche Eisenbahnbrücken in Deutschland marode. Eine Datenerhebung der Bundestagsfraktion der Grünen aus dem Jahr 2017 ergab, dass die 25.682 Bahnbrücken im Schnitt 65 Jahre alt sind. Etwa 1.100 von ihnen sind so beschädigt, dass sie entweder abgerissen oder komplett neu gebaut werden müssten.

Die Grünen-Fraktion im Bundestag nennt diese Zahlen "geradezu erschreckend" – und nennt einige drastische Beispiele:

  • In Brandenburg ist jede zehnte der gut 800 Brücken dringend sanierungsbedürftig.
  • Von Berlins 904 Brücken ist jede zwölfte abrissreif.
  • In Hamburg ist die hochfrequentierte Brücke an der Sternschanze in solch einem schlechten Zustand, dass auch sie vollständig abgerissen und neu errichtet werden müsste.
  • In Baden-Württemberg sind 101 Brückenbauwerke nicht mehr zu retten – gleich 10 Brücken mehr als noch 2014.
  • In Nordrhein-Westfalen haben ganze 40 Prozent aller Brücken umfangreiche, zum Teil gravierende Schäden.
  • In Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Bayern sind es jeweils noch immer ein Drittel aller Bahnbrücken.

Ihre Kritik: Um wenigstens den Verfall des Bahnnetzes aufzuhalten, müssten jährlich 257 Brücken ersetzt werden – im Schnitt sind es aber nur 115 Brücken pro Jahr. Deshalb müsse deutlich mehr Geld in den Erhalt gesteckt werden. Denn marode Brücken gefährden nicht nur Menschenleben – sie schaden auch der Volkswirtschaft.

Tausende von Brücken sind außerdem in kommunaler Hand – und auch von ihnen sind viele in schlechter Verfassung, sagt der ADAC. Der Verkehrsclub testet in größeren Abständen stichprobenartig den Zustand dieser Brücken, zuletzt im Jahr 2014. Von 30 überprüften Brücken in zehn deutschen Städten fielen damals sieben Brücken glatt durch. Nur vier Brücken erhielten von den Testern ein gutes Urteil. 19 Brücken, also fast zwei Drittel, wurden mit „ausreichend“ bewertet.

Verwendete Quellen
  • AFP, dpa
  • ADAC
  • Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur
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