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Aufhebung der Anonymität? Start-up PimEyes identifiziert fremde Gesichter im Netz


Aufhebung der Anonymität?
Start-up identifiziert fremde Gesichter im Netz

Von dpa, jnm

Aktualisiert am 10.07.2020Lesedauer: 2 Min.
Ein Symbolbild zu Gesichtserkennungs-Software: Ein polnisches Unternehmen bietet umstrittene Erkennungsdienstleistungen anVergrößern des BildesEin Symbolbild zu Gesichtserkennungs-Software: Ein polnisches Unternehmen bietet umstrittene Erkennungsdienstleistungen an (Quelle: Sven Hoppe/dpa-bilder)
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Ein polnisches Start-up ermöglicht es, das Internet nach beliebigen Gesichtern zu durchforsten – etwa auch mit Schnappschüssen von Unbekannten. Deutsche Politiker verlangen nun eine Regulierung.

Politiker von Regierung und Opposition im Deutschen Bundestag haben die Regulierung eines polnischen Start-up-Unternehmens verlangt, das im Internet eine Suchmaschine für Gesichter betreibt. Nach Recherchen von "netzpolitik.org" analysiert die Suchmaschine PimEyes massenhaft Gesichter im Internet nach individuellen Merkmalen und speichert die biometrischen Daten ab. Die Datenbank umfasse rund 900 Millionen Gesichter.

Tankred Schipanski, der digitalpolitische Sprecher der Union im Bundestag, bezeichnete das Angebot als "unhaltbar". "Wenn (eine Regulierung) auf Ebene der EU zeitnah nicht gelingen sollte, müssen wir hier als nationaler Gesetzgeber tätig werden", sagte er "netzpolitik.org".

Jens Zimmermann, digitalpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, forderte eine genaue Prüfung, ob die bestehenden gesetzlichen Regelungen einen ausreichenden Schutz bieten. "Wollen wir wirklich in einer Gesellschaft leben, in der Anonymität im öffentlichen Raum de facto nicht mehr möglich ist?"

Die Datenbank sei für Frauen "hochgefährlich"

Die netzpolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, Anke Domscheit-Berg, bewertete PimEyes als "hochgefährlich". Frauen, die sich anonym im öffentlichen Raum bewegen möchten, könnten leichter identifiziert und Belästigungen ausgesetzt werden, sagte Domscheit-Berg.

So erlaubt es die Anwendung etwa, einen Schnappschuss von der Straße oder aus einer Bar zu nutzen, um die abgebildete Person zu identifizieren. Auch Profilbilder bei Dating-Diensten oder Standbilder aus illegal veröffentlichten Rache-Pornos können mithilfe einer solchen Datenbank zur Identifizierung der abgebildeten Person genutzt werden.

Domscheit-Berg wandte sich an den Bundesdatenschutzbeauftragten Ulrich Kelber. "Wenn diese App keine Rechtsgrundlage hat, wie sie die DSGVO vorschreibt, müssen daher entsprechende Sanktionen verhängt und eine Verbreitung der App schnellstmöglich unterbunden werden."

In der Europäischen Datenschutz-Grundverodnung (DSGVO) heißt es, dass die Verarbeitung biometrischer Daten zur eindeutigen Identifizierung einer natürlichen Person untersagt ist. PimEyes erklärte, es gehe bei der Suchmaschine nicht um die Identifizierung einer Person. Nutzer sollten dort allein ihr eigenes Gesicht hochladen und könnten so sehen, wo Bilder von ihnen im Netz auftauchen.

Ähnlicher Fall wie beim US-Unternehmen Clearview AI

Netzpolitik hatte zum Test des Dienstes öffentlich zugängliche Bilder aus dem Bundestag von 94 Politikern und Politikerinnen in schlechter Qualität auf die Plattform geladen – mit einer Ausnahme lieferte der Dienst zu jedem Politiker weitere, zutreffende Treffer aus dem Netz.

Der Fall erinnert an die umstrittene US-Firma Clearview AI, die rund drei Milliarden Bilder von Menschen aus dem Internet zusammengestellt hatte, um eine umfassende Datenbank zur Gesichtserkennung zu entwickeln. Für die Datenbank wurden öffentlich zugängliche Bilder bei Plattformen wie Facebook und YouTube oder dem US-Bezahlservice Venmo eingesaugt, wie die "New York Times" berichtete. Gegen Clearview AI laufen inzwischen etliche privatrechtliche Klagen. Außerdem ermitteln Strafverfolgungsbehörden im US-Bundesstaat Vermont gegen die Firma.

Offenbar ging PIMEyes beim Aufbau seiner Datenbanken ähnlich vor. Laut einem Bericht von "Netzpolitik.org", haben große soziale Netzwerke wie Facebook, Instagram oder Youtube mittlerweile die Konten der polnischen Firma gesperrt. Das automatisierte Zusammentragen von Fotos auf diesen Plattformen – sogenanntes Scraping – wird von den US-Konzernen als Missbrauch ihrer Plattformen gewertet. Das chinesische Unternehmen TikTok plane laut Netzpolitik juristische Schritte gegen PIMEyes.

Verwendete Quellen
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