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Jens Spahn: Wie der Sturm der Masken-Affäre ihn doch noch stärkt


Spahn-Skandal
So entgeht er der Debatte

  • Nicole Diekmann
MeinungEine Kolumne von Nicole Diekmann

25.06.2025 - 15:17 UhrLesedauer: 3 Min.
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Jens Spahn: Geschickt lenkt er von der Masken-Affäre ab, während die Debatte nicht abreißt. (Quelle: IMAGO/ESDES.Pictures, Bernd Elmenthaler/imago)
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Jens Spahn versucht, die Masken-Affäre elegant zu umschiffen. Doch egal, ob ihn tatsächlich Schuld trifft: Die kontinuierliche Aufregung hilft ihm.

Auf dem X-Account von CDU-Fraktionschef Jens Spahn kommt das Thema "Masken-Affäre" nur ab und zu vor. Und wenn, dann teilt der ehemalige Bundesgesundheitsminister die Einschätzungen von CDU- und CSU-Politikern, die da lauten, keine große Überraschung: nix dran an den Vorwürfen, billige Manöver der anderen Parteien, Spahn über jeden Zweifel erhaben. Ansonsten äußert Spahn sich dort lieber zu anderen, ebenfalls drängenden Themen: Wirtschaft zum Beispiel, oder Nahost.

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Nicole Diekmann
(Quelle: Reinaldo Coddou H.)

Zur Person

Die Fernsehjournalistin Nicole Diekmann kennt man als seriöse Politikberichterstatterin. Ganz anders, nämlich schlagfertig und lustig, erlebt man sie auf der Plattform X – wo sie über 120.000 Fans hat. Ihr Buch "Die Shitstorm-Republik" ist überall erhältlich. Bei t-online schreibt sie jeden Mittwoch die Kolumne "Im Netz". Mehr

Das ist eine ebenso kluge wie elegante Strategie, wenn man allen Beteuerungen der Parteifreunde zum Trotz unter Druck steht. 2,3 Milliarden Euro Streitwert in der Maskenaffäre sind kein Pappenstiel. Da muss man nicht noch unnötig selbst das Licht des Leuchtturms namens "öffentliche Aufmerksamkeit" auf sich lenken. Wobei, auch das gehört zur Geschichte, Spahn vermutlich selbst dann wenig zu befürchten hat, sollten sich die Vorwürfe erhärten, er habe fahrlässig unser aller Geld unter die Leute geworfen. Und zwar, weil er von einer Mischung aus Ehrgeiz und Hybris getrieben war. Plus, auch das würde schwer wiegen, der Motivation, seiner Partei nahestehende Unternehmen zu begünstigen. Vetternwirtschaft lautet der Fachbegriff des kleinen Steuerzahlers dafür. Oder auch die Vorwürfe, wonach Jens Spahn sich knallhart in die eigene Tasche gewirtschaftet haben soll.

Nun gilt für Jens Spahn erstens das, was für alle im Rechtsstaat gilt: die Unschuldsvermutung. Zweitens sollte man tatsächlich nicht vergessen, in welcher Ausnahmesituation alle, ich wiederhole, alle, in der Corona-Pandemie steckten. Es ist eigentlich eine Binse und total abgedroschen, aber anscheinend muss man es doch noch mal in Erinnerung rufen: Das war für uns alle neu. Und wir alle hatten die Bilder von in Hallen aufgebahrten Toten aus Bergamo gesehen. Und ziemlich viele, die allermeisten, wenn auch nicht die Allerlautesten, haben sie damals ernst genommen.

Social Media ist mit Unrat geflutet

Was für Spahn aber auch gilt: Wir sind doch mittlerweile alle so umtost von Nachrichten, dass selbst ein Streitwert in Milliardenhöhe im Falle eines nachgewiesenen Verschuldens durch Gleichgültigkeit oder gar Absicht nicht mehr automatisch zu einem Rücktritt führt. Nicht mal dann, wenn die Lage ruhiger ist als jetzt, da der Nahe Osten dermaßen brennt, dass selbst die Situation in Gaza oder der Krieg Russlands gegen die Ukraine es nicht mehr auf die Aufmacherplätze der Nachrichtenseiten schaffen.

Wir werden in den sozialen Netzwerken permanent von Unrat geflutet, um mal einen der Berater von Donald Trump zu zitieren: "Flood the zone with shit", geht auf Steve Bannon zurück, der dies als Strategie empfahl, um Wichtiges von Unwichtigem immer weniger unterscheidbar zu machen. Aber nicht nur rein zahlenmäßig sind wir mittendrin in der Flut, sondern auch qualitativ. Rund um Spahn kommen kluge Menschen aus der Politik auf die abenteuerlichsten Ideen, warum Spahn in jeder Sekunde der Pandemie richtig und alternativlos gehandelt haben soll. Das würde Spahn ja nicht mal selbst behaupten - legendär seine Aussage noch mitten in der Pandemie, wonach wir einander viel verzeihen müssten. Hat auch nur mittelmäßig geklappt, aber das ist ein anderes Thema.

Die Aufregung dient nur der einen Gruppe

Hinzu kommt, dass im täglichen Wettkampf um die meisten stumpf applaudierenden Gaffer im Social Web schon Forderungen nach einem Rücktritt erhoben werden, bevor jemand einen Posten überhaupt angetreten hat. Die Macht der Algorithmen beschert uns konstant ein dermaßen hohes Level an Aufregung, dass uns irgendwo auf der Strecke der Überblick und die Puste verloren gegangen sind.

Und dies sei an dieser Stelle noch hinzugefügt: Auch Andi Scheuer musste nicht zurücktreten. Der CSU-Mann gilt nach seiner Zeit als Bundesverkehrsminister bislang als Blaupause für das Prinzip "Pattex trotz Desaster". Ihm wird das Pkw-Maut-Debakel zugeschrieben. Da ging es um einen Streitwert von rund 560 Millionen Euro, im Vergleich mit der Masken-Affäre ein Klacks, trotzdem klebte er weiter auf seinem Ministerstuhl und hatte auch danach nichts zu befürchten. Aber womöglich ist die Masken-Affäre am Ende auch nur ein Klacks – inmitten des Dickichts, das Social Media verursacht. Dann würde sich das weiter bestätigen, was wir schon so lange ahnen: Diese ständige Aufregung dient nur den Plattformbetreibern. Für uns tut sie nichts. Jedenfalls nichts Gutes.

Verwendete Quellen
  • Eigene Meinung
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