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Klimarettung: Ohne China ist die Welt verloren


Klimarettung
Ohne China ist die Welt verloren

Von Maximilian Kalkhof

03.11.2021Lesedauer: 4 Min.
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Der chinesische Präsident Xi Jinping: Zur Weltklimakonferenz reiste er weder an, noch schaltete er sich virtuell dazu.Vergrößern des Bildes
Der chinesische Präsident Xi Jinping: Zur Weltklimakonferenz reiste er weder an, noch schaltete er sich virtuell dazu. (Quelle: imago-images-bilder)

China stößt weltweit die größte Menge an Treibhausgasen aus. Bei der UN-Klimakonferenz lässt Präsident Xi Jinping sich trotzdem nicht blicken. Denn Peking weiß seine Macht über die Zukunft des Planeten zu nutzen.

Als John Kerry im September nach China reiste, bereitete ihm Peking einen frostigen Empfang. Obwohl der amerikanische Sonderbeauftragte für Klimafragen in die nordchinesische Stadt Tianjin gereist war, traf sich die chinesische Führung nicht persönlich mit ihm. Stattdessen ließ sie sich nur per Video-Schalte mit Kerry verbinden.

Noch im Juli hatte Chinas Außenminister Wang Yi in der Hafenstadt Tianjin den Taliban-Führer Abdul Ghani Baradar empfangen. Das verheerende Signal: China nimmt die Taliban ernster als den US-Klimaschutzbeauftragten.

Taktische Spielchen

In erster Linie stand hinter der Degradierung des Besuchs von Kerry wahrscheinlich die Absicht, die USA zu demütigen. Das amerikanisch-chinesische Verhältnis ist seit der Amtszeit von Präsident Donald Trump so schlecht wie noch nie seit der Aufnahme diplomatischer Beziehungen 1979.

Auch unter Joe Biden hat sich die Beziehung nur im Ton geändert, aber nicht in der Sache. Washington sieht Peking als Bedrohung für die internationale Ordnung – und im Pazifik sogar als Bedrohung für den Weltfrieden. Mit der Video-Schalte für den wichtigsten amerikanischen Klimadiplomaten wollte Peking wohl zum Ausdruck bringen: Ihr seid nicht so wichtig, wie ihr denkt.

Chinesischer Rückzug von internationaler Bühne

Aber die kalte Schulter für den US-Klimaschutzbeauftragten Kerry ließ Beobachter auch daran zweifeln, ob China Umweltpolitik überhaupt ernst nimmt. Es sind Zweifel, die dieser Tage Auftrieb erhalten. Nachdem er schon zum G20-Gipfel in Rom nicht erschien, reiste der chinesische Staatschef Xi Jinping auch nicht zur Weltklimakonferenz in Glasgow. Nicht einmal für eine Video-Schalte hatte er Zeit. Das Büro des Präsidenten ließ einzig ein schriftliches Statement auf die Konferenzwebseite hochladen.

Die Absage ist Ausdruck eines Trends: Seit der Corona-Pandemie und besonders im Vorfeld des im kommenden Jahr stattfindenden Parteitags der Kommunistischen Partei (KPCh) zieht sich die chinesische Führung zurück.

Macht statt Moral

Klimapolitik ist in China im Vergleich zu Europa weniger eine Frage von Moral und Idealismus. Vielmehr ist es eine Machtfrage. Dass sich die USA unter Präsident Donald Trump aus dem Pariser Klimaabkommen zurückgezogen hatten, eröffnete der Volksrepublik die Chance, sich international als Klima-Vorkämpfer zu präsentieren.

Es war kein Zufall, dass Peking die weitreichendsten Versprechen ausgerechnet auf der Bühne der Weltpolitik machte, nämlich vor den Vereinten Nationen (UN). 2020 kündigte Präsident Xi vor der UN-Vollversammlung an, dass sein Land vor 2030 den Höchststand der CO2-Emissionen erreichen werde – und vor 2060 CO2-Neutralität. In ihrer Vagheit war die Ankündigung eine typisch chinesische Absichtserklärung: Sie klang toll. Aber sie ließ offen, wie das passieren soll.

Klimaplan oder Fünfjahresplan

Erst vor wenigen Tagen, also mehr als ein Jahr später, veröffentlichte der chinesische Staatsrat dann einen Rahmen für das Erreichen dieser Ziele. Das Dokument soll die Grundlage für Chinas Klimapolitik in den kommenden Jahrzehnten bilden. Einerseits zeigt es, dass sich die chinesische Führung auf einen klimapolitischen Plan einigen konnte. Andererseits hat es Mängel.

So fehlen detaillierte Zeitpläne, insbesondere für die Zeit nach 2025, wenn Chinas aktueller Fünfjahresplan ausläuft. China, so das Urteil vieler Beobachter, muss die Dekarbonisierung beschleunigen, um das Ziel des Pariser Abkommens zu erreichen, die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius im Vergleich zu vorindustriellen Werten zu begrenzen.

Neuer Höchststand bei Kohleverbrennung

In absoluten Zahlen ist China der größte Emittent von Treibhausgasen, sein Ausstoß übertrifft den aller G7-Staaten zusammen. Hauptfaktor für den Treibhausgasausstoß ist der Kohleverbrauch. Dieser macht fast zwei Drittel des Energiemix aus. Und da Kohle stark subventioniert wird, gibt es keine Anzeichen für einen raschen Wandel. Im Gegenteil: Dieses Jahr wird China voraussichtlich so viel Kohle verbrennen wie noch nie zuvor.

Auch exportiert das Land seinen Kohlehunger mit Entwicklungs- und Infrastrukturprogrammen ins Ausland: 70 Prozent der derzeit gebauten oder projektierten Kohlekraftwerke werden aus China finanziert. Der Climate Action Tracker, ein Analyseportal, das das Handeln von Regierungen gegenüber dem Pariser Abkommen bewertet, kommt zu dem Ergebnis, dass Chinas Klimamaßnahmen „höchst unzureichend“ sind.

Klimarettung als Druckmittel

Zuletzt kam unter Beobachtern aber noch eine andere Sorge auf: Als der US-Klimaschutzbeauftragte John Kerry im September nach China reiste, machte der chinesische Außenminister Wang Yi klar, dass sein Land nicht bereit sei, über mögliche Kooperationen in Umweltfragen zu verhandeln, ohne grundsätzlichere politische Fragen zu diskutieren.

Das Thema Klima, so Wang damals, sei wie eine Oase in den amerikanisch-chinesischen Beziehungen: umgeben von nichts als Wüste. Peking, so scheint es, scheut nicht davor zurück, Klimapolitik zu benutzen, um Druck auf Washington auszuüben.

USA werden sich nicht erpressen lassen

Wer diese Sorge für übertrieben hält, ist Edmund Downie. Der Amerikaner promoviert an der Princeton University über chinesische Klimapolitik und hat bis vor Kurzem am Center on Global Energy Policy der Columbia University geforscht. Für China sei es so gut wie unmöglich, die USA zu Zugeständnissen zu drängen, sagt Downie. Bei politischen Streitfragen werde Washington nicht nachgeben.

Die Stärke Chinas sieht der Amerikaner eher in der Schwäche der USA begründet: „Was Peking glauben lässt, Bedingungen stellen zu können“, sagt er, „ist die Tatsache, dass die USA in Sachen Klimapolitik selbst nicht genug tun“.

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