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Gehirnentwicklung: Zu viel Förderung schadet Babys


Gehirnentwicklung
Zu viel Förderung schadet dem kindlichen Gehirn

t-online, Simone Blaß

Aktualisiert am 17.11.2014Lesedauer: 3 Min.
Zu viel Frühförderung kann sich auch negativ auf die Entwicklung des Kindes auswirken.Vergrößern des BildesZu viel Frühförderung kann sich auch negativ auf die Entwicklung des Kindes auswirken. (Quelle: Thinkstock by Getty-Images-bilder)
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Dass es schlimme Folgen haben kann, wenn Babys und Kleinkinder vernachlässigt werden, weiß man. Vernachlässigung kann schon bedeuten, sich nicht mit dem Kind zu beschäftigen und seine Signale zu ignorieren. Das kleine Gehirn bekommt dann zu wenig Input und das Potenzial des Kindes kann sich nicht entwickeln. Eine Tatsache, die aber gerade von gebildeten Eltern manchmal komplett missverstanden wird. Sie "überfördern" ihre Kinder.

Was Eltern schon lange beobachten und wovor Fachleute wie der Harvard-Professor Jack P. Shonkoff schon seit Jahren warnen, lässt sich jetzt wissenschaftlich belegen: Eine kognitive Überstimulierung ist genauso gefährlich für das kindliche Gehirn wie die Vernachlässigung. Nachgewiesen haben das Forscher der Yale University in den USA. Allerdings aus nachvollziehbaren Gründen nicht an Säuglingen, sondern an Versuchsbabymäusen. Aber die Wissenschaftler halten es für wahrscheinlich, dass ihre Ergebnisse auf den Menschen übertragbar sind.

Förderwut kann sich nachteilig auswirken

Bei den Allerkleinsten werden im Gehirn die Weichen gestellt. Es werden neue Leitungsbahnen angelegt und ausgebaut, bis dann in der Pubertät wieder "aufgeräumt" wird. Im Lauf der Kindheit entstehen verzweigte Strukturen. Wie sie aufgebaut werden, hängt stark damit zusammen, welche Einflüsse ein Kindergehirn zu verarbeiten hat. Um möglichst viele Anlagen im Gehirn zu "platzieren", glauben manche Eltern, dass sie ihrem Kind möglichst viel Input bieten müssen. Sie fürchten, dass es sonst Chancen verpassen könnte.

Doch das scheint ein Denkfehler der förderwütigen Eltern zu sein, jener Eltern, die keinen Kurs auslassen, an angeblich kindgerechte Fernseh- und Computerlernprogramme glauben oder eine Dauerbeschallung mit bestimmten Liedern oder Sprachprogrammen für notwendig halten.

All die ausufernden Bildungsprogramme, das fanden Jaime Grutzendler, Professor für Neurologie und Neurobiologie und seine Kollegen von der Yale University heraus, könnten den gleichen Effekt wie komplette Vernachlässigung erzielen. Nur dass in diesem Fall das kleine Gehirn nicht unter-, sondern überfordert ist.

Nachteilige Veränderungen im Gehirn

Um diesen Vergleich zu ziehen, stimulierten die Forscher die jungen Mäuse über Gebühr mit Tönen oder Tastreizen. Das eindeutige Ergebnis war selbst für die Wissenschaftler unerwartet. Eine wiederholte und anhaltende Stimulation führte zu einer geringeren Gefäßdichte. Die Blutgefäße in den Gehirnen der Babymäuse verengten sich, erste Verbindungen wurden gekappt. Auf diese Weise wurde das Gehirn an diesen Stellen nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt und damit die Arbeit der Neuronen und ihres Netzwerkes behindert. Nach fünf Tagen Reizüberflutung war der Effekt noch umkehrbar. Bereits drei Wochen später nicht mehr. Die Lernfähigkeit nahm massiv ab.

Schon eine kurze Zeit der Reizüberflutung kann schlimme Folgen haben

Übertragen auf den Menschen könnte das bedeuten, dass selbst eine vorübergehende Überflutung mit Reizen das Gehirn und seine Leistungsfähigkeit auf Dauer verändern könnte. Mit möglicherweise langwierigen Folgen auch für die Gesundheit.

Das sieht auch der Facharzt für Kinderheilkunde und Jugendmedizin, Rainer Gillessen so und geht dabei sogar noch weiter. In seinem Ratgeber "300 Fragen zum Baby" rät Gillessen zur Achtsamkeit: "Wer die Grenzen und Entwicklungsschritte seines Kindes selbst bestimmen will, vergisst, dass das menschliche Gehirn eigenen Gesetzen folgt. Lassen Sie Ihrem Kind Zeit zur Entwicklung und fordern Sie keine Leistungen, die es nur schwer oder gar nicht bewältigen kann. Sie würden nicht seine Intelligenz, sondern Verhaltensstörungen fördern."

Das Gehirn anregen und schützen zugleich

Es stellt sich die Frage nach dem richtigen Mittelmaß. Sie lässt sich relativ einfach beantworten: Eltern, denen ihr Kind am Herzen liegt, handeln intuitiv richtig. In der Interaktion spürt man das Interesse des Kindes genau und reagiert entsprechend.

Manchmal braucht es, gerade beim ersten Kind, ein bisschen Zeit, bis man die Zeichen seines Säuglings versteht. Aber dann merkt man schnell, wann ein Baby im Moment keinen weiteren Input mehr möchte, wann es Ruhe zum Verarbeiten des Gelernten braucht. Es dreht sich weg, weint, ist übermüdet und überreizt und findet dann schlecht in den Schlaf. Wobei es bei einer Überreizung Stunden dauern kann, bis das schreiende Baby sich wieder beruhigt hat. Babys und Kleinkindern den notwendigen Reizschutz zu geben, ist damit eine wichtige und in unserer hektischen Zeit nicht einfach zu bewältigende Aufgabe.

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