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Klimakrise: "Deutschlands Wälder stehen kurz vor dem Kollaps"


"Deutsche Wälder stehen kurz vor dem Kollaps"

Von Sarah Thust

Aktualisiert am 19.07.2019Lesedauer: 3 Min.
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Zwieselter Filz in Bayern: Forstleute und Waldbesitzer schlagen Alarm. Seit Anfang 2018 ist der Wald im Klimastress.
Zwieselter Filz in Bayern: Forstleute und Waldbesitzer schlagen Alarm. Seit Anfang 2018 ist der Wald im Klimastress. (Quelle: Westend61/imago-images-bilder)
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Die Klimakrise ist in vollem Gange. Deutschlands Wälder ächzen unter der Trockenheit. Forstleute und Forscher fordern Bund und Länder dringend zum Handeln auf.

Ulrich Dohle steht auf einem Berg im Harz – in einem geschundenen Wald. Dohle ist der Bundesvorsitzende des Bunds Deutscher Forstleute (BDF). In seinem Urlaub macht er sich nun selbst ein Bild. Seine Bilanz: "Es ist eine Katastrophe. Deutsche Wälder stehen kurz vor dem Kollaps."


Waldsterben 2019: Das sind die Folgen

Borkenkäfer
Borkenkäfer befallen vor allem Fichten. Generell gilt: Je wärmer es ist, desto schneller wachsen und vermehren sich die Schädlinge.
+15

Forstleute und Waldbesitzer schlagen Alarm. Seit Anfang 2018 ist der Wald im Klimastress. Auf Schnee und Winterstürme folgten Dürre und jede Menge Borkenkäfer. Danach begann ein dramatisches Baumsterben, schrieb der BDF kürzlich in einer Pressemitteilung. Seitdem sollen mehr als 100 Millionen Altbäume in Deutschland abgestorben sein. Auch viele Jungpflanzen seien vertrocknet.

Treffen des Thüringer Forstvereins: Mitglieder betrachten an der Bleiloch-Talsperre zahlreiche kranke Bäume. (Archivbild)
Treffen des Thüringer Forstvereins: Mitglieder betrachten an der Bleiloch-Talsperre zahlreiche kranke Bäume. (Archivbild) (Quelle: Michael Reichel/dpa-Zentralbild/dpa-bilder)

Forstleute rufen Klimanotstand für die Wälder aus

Ulrich Dohle hat den Klimanotstand für Deutschlands Wälder bereits ausgerufen. Er sagt: "Das sind keine einzelnen Wetterereignisse mehr. Der Klimawandel ist da." Die Trockenheit macht Dohle am meisten Sorgen. Die Niederschlagsmenge im sauerländischen Lüdenscheid hat sich halbiert: Sie sank von 999.5 mm im Vorjahr auf 483.6 mm im Jahr 2018. Das ist in Deutschland kein Einzelfall.

Welche Folgen das haben kann, erzählte der Biologe Helge Bruelheide t-online.de am Telefon. Er ist Co-Direktor des Deutschen Zentrums für Integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig und Professor für Geobotanik an der Martin-Luther-Universität in Halle-Wittenberg. "Wenn sich der Trend fortsetzt und der jährliche Niederschlag unter 400 mm sinkt, wird es in Deutschland Gegenden geben, die nicht mehr waldfähig sind", sagt er. Unter diesen Bedingungen sei auch Landwirtschaft nur noch eingeschränkt möglich.

Pampa in Südamerika: So sieht eine Steppe aus. (Symbolbild)
Pampa in Südamerika: So sieht eine Steppe aus. (Symbolbild) (Quelle: nickalbi/getty-images-bilder)

Die Fichte wird verschwinden

"Durch die Klimakrise gehen gerade uns viele Dinge verloren, wie zum Beispiel unsere Hochmoore", sagte der Biologe Bruelheide. Außerdem trifft es vor allem die Fichte, den Lieblingswirt des Fichten-Borkenkäfers. Schädlinge wie ihn treibt die Klimakrise nach Deutschland. Borkenkäfer mögen es warm.

Was Forscher und Waldexperten überrascht: Neben den Fichten sterben auch viele Buchen. "Wir haben jahrelang Buchen gepflanzt, weil wir wussten, dass es mit den Nadelbäumen Probleme geben wird. Doch wir konnten nicht wissen, dass die Erderwärmung und die Trockenheit sich so dermaßen beschleunigen, dass nun auch unsere heimischen Laubbäume betroffen sind", sagte Bruelheide.

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Die Überschwemmungsgefahr steigt

Für die Menschen hat das Baumsterben Konsequenzen. Die Tierwelt verändert sich, die Artenvielfalt geht zurück, der Boden erodiert zunehmend. Die Bodenerosion hat Forst-Experte Dohle selbst im Bodetal gesehen. "Dort erodiert der Boden teilweise schon. Und ohne Wald steigt das Hochwasserrisiko", sagt er. Geht das so weiter, "versteppen" die Wälder.

Noch gehört Deutschland zu den waldreichen Ländern in Europa. Wälder machen hier etwa ein Drittel der Landfläche aus. Gemeinsam saugen sie rund 2,5 Milliarden Tonnen Kohlenstoff auf, wie die letzte Bundeswaldinventur vor sieben Jahren ergab.

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Ist der deutsche Wald noch zu retten?

"Politiker denken in Wahlperioden, Forstleute denken in Jahrzehnten", sagt Forstmann Dohle. "Wir haben keine Glaskugel, aber wir müssen das Problem schnell in den Griff bekommen." Es müssten Baumarten gepflanzt werden, die eine Zukunft haben.

Darüber hinaus sind den Forstleuten die Hände gebunden, sagt Dohle weiter. "Wir müssen erst gucken, wie wir den globalen Klimawandel verlangsamen." Zudem sind die Forstbetriebe knapp besetzt: "Wir schaffen es gerade noch, das Käferholz einzuschlagen, aber können es oft nicht mal wegschaffen."

Forderungen an die Bundesregierung

Von der Bundesregierung fordern Dohle und der BDF eine zügige Wiederaufforstung und eine Beschleunigung des Waldumbaus. Außerdem fehle es an finanziellen und personellen Ressourcen. Zudem sollte die Forschung besser vernetzt werden. Dringend notwendig ist auch ein gründliches, vom Staat unterstütztes Biodiversitätsmonitoring, sagten die Wissenschaftler vom Deutschen Zentrum für Integrative Biodiversitätsforschung. Nur wer die aktuelle Entwicklung der einzelnen Arten kennt, kann rechtzeitig Gegenmaßnahmen ergreifen.

Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) hat sich vergangene Woche für ein "massives, möglichst unbürokratisches Wiederaufforstungsprogramm" ausgesprochen. Der Bund stellt Förderungen für Bundesländer, Kommunen und Privatwald bereit.

Allein im vergangenen Jahr sei ein großer Schaden entstanden, schrieb eine Sprecherin des Landwirtschaftsministeriums t-online.de. Die Hauptursachen: Waldbrände, Stürme, Dürre und der Borkenkäfer. Nach ersten Schätzungen der Länder wurden in Jahr 2018 rund 114.000 Hektar Wald zerstört. Der Bund Deutscher Forstleute spricht sogar von 120.000 Hektar.

Die folgende Grafik illustriert das Ausmaß des Waldsterbens. Der rote Kreis zeigt die Bäume, die im vergangenen Jahr gestorben sind, als Fläche an. Das zeigt: Die abgestorbenen Bäume hätten knapp die Hälfte der Fläche des Saarlandes füllen können.


"Einen vergleichbaren Waldverlust hat es in der Vergangenheit kaum gegeben", sagte Landwirtschaftsministerin Klöckner vergangene Woche in Berlin. "In den 80er-Jahren sprachen alle vom Waldsterben, er ist zum Glück nicht gestorben. Jetzt ist er in weiten Teilen am Sterben, und kaum einer redet davon. Es besteht dringender Handlungsbedarf."

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Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Mitteilung vom Bund Deutscher Forstleute
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