Bericht von "Report Mainz" Unbekannter meldet Erdogan-Kritiker in Deutschland der türkischen Polizei

"Ich habe Dich angezeigt". Diese Nachricht erhielt offenbar ein in Deutschland lebender Türke. Er hatte den türkischen Präsidenten Erdogan
Ein in Deutschland lebender Türke wurde angeblich wegen eines Facebook-Eintrags per App von einem Unbekannten in der Türkei angezeigt. Darüber spricht der Mann in einem Interview mit "Report Mainz". "Ich habe Kommentare geschrieben zu Erdogan – er sei ein Diktator und so weiter. Eines Tages erhielt ich eine Nachricht per Facebook, in der stand: Ich habe dich angezeigt, und das nächste Mal, wenn du in die Türkei kommst, gibt es für dich keine Rettung", sagt er in der Sendung, die am Dienstag ab 21.45 Uhr im Ersten übertragen wird.
Als Beweis habe der Unbekannte einen Screenshot der via App erstatteten Anzeige geschickt. Die App heißt "EGM" und wird von der Zentralbehörde der türkischen Polizei angeboten ("Emniyet Genel Müdürlüğü"). Sie ermöglicht es jedem, strafbare Handlung von Türkischstämmigen anzuzeigen. Wie viele Türken in Deutschland diese App nutzen und für welche Art von Anzeigen, ist nicht bekannt.
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Allgemein wurden laut "Report Mainz" im Jahr 2018 mehr als 20.000 Verfahren wegen kritischer Einträge in den sozialen Medien in der Türkei eingeleitet. Einige dieser Anzeigen kämen von bezahlten und freiwilligen Denunzianten im Ausland.
Dennoch verteidigt Serdal Altuntas, Vertrauensanwalt des türkischen Konsulats München, die App laut "Report Mainz". "Es kann nicht sein, dass hier in Deutschland jemand für die Terrororganisation PKK Rekrutierungen macht oder auch Gelder sammelt, Propaganda macht, und die Türkei kriegt davon gar nichts mit", sagt Altuntas im Interview.
Der Geheimdienstexperte Erich Schmidt-Eenboom sieht das anders: Er fordert in der Sendung "Report Mainz" ein Eingreifen der deutschen Behörden. Solche Anzeigen stellten schwere Verstöße gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Deutschland dar. "Die für die Betroffenen äußerst gefährliche Spitzeltätigkeit für den repressiven Polizeiapparat der Türkei auf deutschem Boden erfüllt meines Erachtens diesen Tatbestand. Hier stehen die Ausländerbehörden in der Verantwortung, solche Denunzianten auszuweisen."
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Erneut Festnahme eines Deutschen in der Türkei
Wenige Tage vor dem geplanten Staatsbesuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in Deutschland ist in der Türkei ein Deutscher vorübergehend festgenommen worden. Der aus dem Kreis Pinneberg stammende IT-Unternehmer mit kurdischen Wurzeln war nach Informationen seines Bruders am späten Sonntagnachmittag bei der Einreise in Antalya über Nacht in Gewahrsam genommen worden, sagte Hüseyin Inka der Deutschen Presse-Agentur. Ihm sei Terrorpropaganda vorgeworfen worden, weil er sich auf Facebook pro-kurdisch geäußert habe. Es ist der zweite solche Fall innerhalb weniger Tage.
- Mitteilung zur Sendung von "Report Mainz"
- Bericht von "Kizlar Soruyor" über die App (türkisch)