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Verschiebung der Wahl? Das steckt hinter Donald Trumps Tabubruch


Verschiebung der Wahl?
Das Kalkül hinter Trumps Tabubruch


30.07.2020Lesedauer: 3 Min.
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Donald Trump am Weißen Haus: Seit Monaten attackiert er die Briefwahl.Vergrößern des Bildes
Donald Trump am Weißen Haus: Seit Monaten attackiert er die Briefwahl. (Quelle: Alex Brandon/ap)

Donald Trump spekuliert über eine Verschiebung der Präsidentschaftswahl. Die Empörung ist groß, er hat keine Befugnis dazu und doch könnte sich das Manöver

Donald Trump hat mit seinem kurzen Tweet, in dem er eine Verschiebung der Präsidentschaftswahl am 3. November ins Spiel brachte, gezeigt, wie er Politik betreibt. Die Empörung in der Öffentlichkeit ist groß, Politiker beider Seiten weisen sein Ansinnen zurück, doch für den Präsidenten könnte der Nutzen des kleinen Manövers dennoch überwiegen.

In der Kurzbotschaft, in der er behauptet, aufgrund eines drohenden Wahlbetrugs durch Briefwahl eine Wahlfarce zu fürchten, schimmern seine erfolgreichsten politischen Taktiken durch.

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Erstens lenkt Trump ab: Mit dem Tweet um 8.46 Uhr Ortszeit lenkte er unmittelbar von schlechten Nachrichten ab, die seit einer Viertelstunde um die Welt gingen: Die US-Wirtschaft ist im Zuge der Coronakrise heftig eingebrochen, auf das Jahr hochgerechnet um satte 32 Prozent, im Vergleich zum Vorquartal um 9,5 Prozent. Dabei wollte Trump ursprünglich mit dem Wirtschaftsboom und dann mit einer erhofften schnellen Konjunkturerholung Wahlkampf bestreiten. Die unmittelbare Folge: Die Aufmerksamkeit in der politischen Öffentlichkeit, die sich zunehmend auf Twitter abspielt, kreiste plötzlich um den Trump-Tweet statt um die wirtschaftlichen Verwüstungen. Auf den Nachrichtenseiten war plötzlich Trumps Tweet statt Amerikas Wirtschaftskrise das meistgelesene Stück.

Zweitens reklamiert Trump Kompetenzen, die er nicht besitzt. Der US-Präsident hat keine Befugnis, den Wahltermin eigenmächtig zu verschieben. Ein Gesetz aus dem Jahre 1845 legt fest, dass die Wahl am ersten Dienstag nach dem 1. November stattzufinden hat. So tat sie es auch im Bürgerkrieg sowie während des Zweiten Weltkriegs. Ändern kann dies nur der Kongress mit Zustimmung beider Kammern. Die Demokraten, die die Mehrheit im Repräsentantenhaus haben, würden dabei wohl nicht mitmachen. Auch viele Republikaner gaben prompt Kontra. Die Verfassung schreibt zudem vor, dass die Amtszeit eines Präsidenten am 20. Januar endet und der neue Kongress, der ebenfalls im November gewählt wird, am 3. Januar vereidigt werden muss.

Interessieren Sie sich für die US-Wahl? Unser Washington-Korrespondent Fabian Reinbold schreibt über seine Arbeit im Weißen Haus und seine Eindrücke aus den USA unter Donald Trump einen Newsletter. die dann einmal pro Woche direkt in Ihrem Postfach landet.

Drittens lässt Trump stets die Hintertür offen. Er fragt in dem Tweet bewusst nur, ob man die Wahl nicht verschieben müsse, anstatt es ausdrücklich zu fordern. So kann er die Empörung, die ihn im Nachgang ereilt, als übertrieben und parteipolitisch motiviert abtun. Doch der Ton ist gesetzt.

Viertens, und das ist der Kern, sät er weitere Zweifel am Wahlprozess: Seit Monaten attackiert der Präsident die Stimmabgabe der Briefwahl, die in vielen US-Bundesstaaten nicht etabliert ist, im Zuge der Coronakrise aber ausgeweitet werden soll. Es ist nachgewiesen, dass insbesondere Wähler aus städtischen Gebieten – und damit häufiger Demokraten – von dieser Möglichkeit Gebrauch machen. Dafür dass es dabei zu großflächigem Betrug käme, gibt es hingegen keinerlei Belege. Bei der US-Wahl wird es auch darum gehen, wessen Stimme in den umkämpfen Bundesstaaten zählt und wessen nicht. Diese Auseinandersetzung befeuert Trump, insbesondere seitdem er in den Umfragen hinter seinen demokratischen Herausforderer Joe Biden zurückgefallen ist.

Der Tweet fällt in eine Reihe ähnlicher Äußerungen, die die Rechtmäßigkeit des Wahlprozesses in Frage stellen. Sie könnten auf fruchtbaren Boden fallen. Schließlich glauben Trumps Anhänger ihm seine Behauptungen und diese Wahl dürfte besonders chaotisch werden: wegen der Corona-Einschränkungen und des Briefwahlaufkommens, auf das viele Bundesstaaten nicht vorbereitet sind. Ein Ergebnis stünde bei einem knappen Ergebnis womöglich erst nach Tagen fest.

Für den Fall einer knappen Niederlage oder eines unklaren Resultats hätte Trump bei seinen Anhängern ausreichend Zweifel am Wahlausgang gesät.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
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