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EU-Ampelsystem für europaweites Reisen


Rot, orange, grün
So umstritten ist das Corona-Ampelsystem der EU

Von dpa
13.10.2020Lesedauer: 3 Min.
Michael Roth (SPD), Staatsminister für Europa: Die Außenminister trafen sich in Luxemburg.Vergrößern des BildesMichael Roth (SPD), Staatsminister für Europa: Die Außenminister trafen sich in Luxemburg. (Quelle: Virginia Mayo/dpa-bilder)
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Die EU-Kommission hat ein Ampel-System beschlossen, das eine einheitliche Klassifizierung von Risikogebieten innerhalb der EU ermöglichen soll. Bereits jetzt hagelt es jedoch Kritik.

Bürger können sich künftig auf einer Ampel-Karte über die Corona-Lage in Europa informieren. Auf Grundlage gemeinsamer Kriterien werden Regionen je nach Infektionsgeschehen entweder grün, orange oder rot markiert. Für grüne Gebiete mit wenigen Infektionen sollen künftig keine Einreiseverbote mehr verhängt werden, wie eine Mehrheit der Europaminister am Dienstag in Luxemburg beschloss.

Mit dem Flickenteppich verschiedener Regeln dürfte es jedoch nicht vorbei sein. Denn gemeinsame Standards für Reisende aus stärker betroffenen – also orange oder rot markierten – Regionen sind nicht vorgesehen. Ebenso wenig gibt es einheitliche Kriterien für Quarantäne- und Testpflichten. Auch sind die Empfehlungen nicht bindend.

Rot, röter, am rötesten? – Kritik von allen Seiten

Doch auch an den Kriterien für die Ampel-Karte gibt es schon Kritik. Das Konzept sei bereits von der Realität überholt und basiere auf zu wenig treffsicheren Kriterien, sagte Österreichs Europaministerin Karoline Edtstadler. In der Folge seien die meisten Regionen Europas auf der geplanten Risikolandkarte schon jetzt rot gefärbt. Und eine Steigerung von rot gebe es nicht. Man sei den Bürgerinnen und Bürgern jedoch schuldig, die Gesundheit zu schützen und gleichzeitig die Freizügigkeit zu wahren. Dazu gehöre auch, so etwas wie Tourismus in diesem Herbst und Winter zu ermöglichen, sagte Edtstadler.

Ähnlich äußerte sich Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn. Es sei "ziemlich absurd", dass nun ein europäisches Land das jeweils andere als Risikogebiet einstufen werde. Er sprach sich dafür aus, weitere Kriterien für die Risikogebiete einzuführen und etwa auch die Zahl der durchgeführten Tests stärker als geplant zu berücksichtigen. So teste Luxemburg beispielsweise gratis und auch asymptomatische Fälle. Dafür werde man mit dem neuen Konzept bestraft, sagte er.

Der deutsche Europastaatsminister Michael Roth (SPD) sagte hingegen, es sei die Pflicht der EU-Staaten, Maßnahmen zu koordinieren, "die sich auf die Freizügigkeit auswirken". Deutschland hatte den Kompromiss verhandelt, weil es noch bis Ende des Jahres die EU-Ratspräsidentschaft innehat.

Grünes Licht für Reisende aus grünen Regionen

Die Ampel-Karte dürfte nun innerhalb der kommenden Tage online gehen. Sie soll von der europäischen Gesundheitsagentur ECDC erstellt und wöchentlich aktualisiert werden. Grundlage soll die Zahl der neu gemeldeten Fälle pro 100.000 Einwohner in den letzten 14 Tagen sein – die sogenannte 14-Tage-Inzidenz –, dazu kommen die Quote positiver Tests sowie die Anzahl durchgeführter Tests pro 100.000 Einwohner.

Zumindest für Reisende aus grünen Regionen sollen die EU-Staaten die Einreise nicht mehr verwehren. Dies wären Gebiete, in denen die 14-Tage-Inzidenz unter 25 und die Rate positiver Tests unter 4 Prozent liegt. Orange wären Regionen, in denen die Inzidenz unter 50, die Rate positiver Tests aber bei 4 Prozent oder darüber liegt. Ebenfalls orange wären Regionen, in denen die Inzidenz zwischen 25 und 150 Fällen liegt, die Rate positiver Tests aber unter 4 Prozent. Bei einer 14-Tage-Inzidenz ab 50 sowie einer Positivrate ab 4 Prozent würden Regionen rot markiert - oder bei einer Inzidenz höher als 150. Zudem soll es graue Regionen mit unzureichenden Daten geben.

Einheitliche Kriterien für die Einstufung von Risikogebieten

Zusätzliche Kriterien könnten Daten zur Bevölkerungsgröße, zur Aufnahme in Krankenhäusern und auf Intensivstationen sowie zu Sterberaten sein. Vor möglichen Maßnahmen sollen das betroffene Land, die anderen EU-Staaten und die Öffentlichkeit informiert werden. Ausnahmen soll es etwa für Saisonarbeiter, Diplomaten, Lkw-Fahrer oder Journalisten im Einsatz geben. Auch an einem gemeinsamen Reiserückkehrformular – wenn möglich digital – wolle man arbeiten.

Bislang entscheidet jedes Land mit eigenen Kriterien, welche anderen EU-Länder oder -Regionen es als Risikogebiet einstuft. Das führt zu großen Unterschieden. Deshalb hatte die EU-Kommission Kriterien für einheitliche Reisebeschränkungen sowie Corona- und Quarantäneregeln vorgeschlagen, die umfassender als die jetzige Einigung waren.

Auch von der Luftfahrtbranche: Kritik an der Corona-Ampel

Der Beschluss trifft bei der Luftfahrtbranche auf deutliche Kritik. Die Empfehlungen, die eine Mehrheit der Europaminister beschlossen habe, seien ein Fehlschlag, teilten der Weltluftfahrtverband IATA, das europäische Branchenbündnis Airlines for Europe und der Flughafenverband ACI Europe am Dienstag in Genf und Brüssel mit. So stehe es den Mitgliedsstaaten weiterhin offen, Menschen die Einreise aus anderen Ländern der EU zu untersagen oder sie in Quarantäne zu schicken.

Der Beschluss der Minister sehe nicht einmal vor, eine vorgesehene Quarantäne durch einen Test auf das Virus zu ersetzen. "Die mangelhafte Abstimmung zwischen den Mitgliedsstaaten hat die anfängliche Erholung in der Luftfahrt- und Tourismusbranche abgewürgt", schrieben die Verbände. Sie fürchten, dass viele Unternehmen der Branche wegen des eingebrochenen Flugverkehrs pleitegehen.

Anstelle von Einreiseverboten und Quarantäneregeln plädiert die Branche für einheitliche Test- und Nachverfolgungsregeln für Flugreisende, an der die Luftfahrtbehörde EASA und die europäische Gesundheitsagentur ECDC arbeiten. Von solchen Regeln erhofft sich die Branche, dass die Kunden wieder mehr Vertrauen fassen und wieder vermehrt Flugreisen buchen.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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