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Coronavirus in den USA: Verstörende Zahlen, riesige Hoffnung


Corona in den USA
Verstörende Zahlen, riesige Hoffnung


23.02.2021Lesedauer: 4 Min.
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500.000 Corona-Tote: US-Präsident Biden reagiert betroffen – und richtet einen eindringlichen Appell an die Bevölkerung. (Quelle: reuters)

Die Totenzahlen in der Corona-Krise erschüttern den US-Präsidenten und seine Nation. Doch vieles läuft in der Pandemie plötzlich besser – zumindest erfolgreicher als in Deutschland.

Wie soll man diese Zahlen noch zu fassen bekommen? Die "New York Times" versuchte es mit Hunderttausenden schwarzen Punkten auf ihrer Titelseite. Vorn auf der "Washington Post" zeigten Grafiker, wie sehr die Kriegsdenkmäler in der Hauptstadt wachsen müssten, um der neuen Opfer zu gedenken. Und auf den Treppen am Weißen Haus ließ Joe Biden 500 Kerzen anzünden – je eine Kerze für tausend Tote.

Die USA überschritten am Montagabend die Schwelle von 500.000 Corona-Toten. "Das sind mehr Opfer als im Ersten Weltkrieg, Zweiten Weltkrieg und im Vietnam-Krieg zusammen", sagte Biden, der aus diesem Anlass eine emotionale Rede hielt, die eine verstörte Nation trösten sollte.

Die USA beklagen deutlich mehr Corona-Tote und bestätigte Fälle als jedes andere Land auf Erden. In den vergangenen zwölf Monaten starb im Durchschnitt jede Minute ein Amerikaner an Covid. Die historische Marke überschritt die Nation in einem Augenblick, in dem sie zugleich wieder voller Hoffnung auf ein mögliches Ende der Pandemie blickt. Es lassen sich plötzlich erstaunliche Trends zum Guten ausmachen.

Wechselbad der Gefühle

Corona stürzt die USA in diesen Tagen in ein Wechselbad der Gefühle. Jetzt ringen der Schrecken und die Abgestumpftheit, die Vorsicht und der Leichtsinn um die Vorherrschaft. Biden mahnte seine Nation deshalb: "Wir müssen uns dagegen wehren, taub für das Leid zu werden."

Zugleich sinken die Zahlen der Infektionen, nicht nur leicht, sondern deutlich. Damit werden auch die Intensivstationen entlastet, die vielerorts im Dezember und Januar an der Kapazitätsgrenze operierten. Das ist ein auffälliger Befund, schließlich sind die Regeln zur Eindämmung der Pandemie längst nicht so streng wie in Deutschland und vielen europäischen Ländern.

Genauer gesagt gibt es noch nicht einmal viele national geltende Regeln. Das meiste ist den einzelnen Bundesstaaten überlassen. In der Hauptstadt Washington etwa haben seit vier Wochen wieder Restaurants geöffnet, sie dürfen auch in Innenräumen 25 Prozent der Plätze besetzen. Und während in großen Teilen der Welt Profisport ohne Zuschauer stattfindet, war beim Super Bowl vor gut zwei Wochen das Stadion zu einem Drittel gefüllt. Vieles in Amerika bleibt gelockert.

Radikaler Kurswechsel

Dennoch lassen sich Gründe für die Trendwende ausmachen:

Mit dem Amtsantritt Joe Bidens hat eine komplett neue Corona-Politik Einzug ins Weiße Haus gehalten. Vorgänger Donald Trump hatte das Virus bekanntlich von Anfang an und bis zuletzt verharmlost. Trump selbst trug keine Maske und missachtete bei seinen Veranstaltungen die Corona-Regeln. Er machte die Bekämpfung der Pandemie zu keinem Schwerpunkt. Biden hingegen fokussierte sich von Anfang an auf das Thema. Er bittet die Amerikaner immer wieder, Masken zu tragen und geht mit gutem Beispiel voran.

Tatsächlich lässt sich erkennen, dass manche Appelle Früchte tragen: Mobilitätsdaten zeigen, dass die Amerikaner nach Weihnachten deutlich weniger reisen als üblich. Man könnte sagen: Die Amerikaner haben ihr Verhalten spät, aber nun spürbar geändert.

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Jeder Achte ist bereits geimpft

Zum zweiten ist die Immunität in Amerika deutlich höher, das ist eine – in diesem Augenblick – positive Folge der vielen Infektionen im vergangenen Jahr. Mehr als 28 Millionen Corona-Fälle sind registriert, und weil die Dunkelziffer um ein Vielfaches höher liegt, geht die US-Gesundheitsbehörde davon aus, dass bis zu 30 Prozent der Amerikaner infiziert waren. Üblicherweise zieht eine Infektion eine monatelange Immunität nach sich. Das ist bei Weitem noch nicht die viel zitierte Herdenimmunität, dürfte aber die Verbreitung des Virus erschweren.


Und dann spüren die USA bereits den Effekt der Vakzine. Das Impfen läuft deutlich besser als etwa in Deutschland. Mehr als 13 Prozent der Bevölkerung haben bereits die erste Impfung bekommen – das ist mehr als jeder achte Amerikaner. Knapp sechs Prozent haben bereits die notwendigen zwei Dosen gespritzt bekommen. In Deutschland ist das gerade einmal bei vier Prozent der Fall.

Interessieren Sie sich für die US-Politik? Washington-Korrespondent Fabian Reinbold schreibt einen Newsletter über seine Eindrücke aus den USA und den Machtwechsel von Donald Trump zu Joe Biden. die dann einmal pro Woche direkt in Ihrem Postfach landet.

Die USA profitieren davon, dass schon die Trump-Regierung viel Geld für Produktion und Ankauf von Impfstoffen aufwendete. Allerdings versäumte man, ein Konzept für die Auslieferung auf die Beine zu stellen. Deshalb stotterte die Impfkampagne auch in Amerika anfangs stark.

Impfungen auch in Supermärkten

Die Biden-Regierung hat das nachgeholt und impft nun mehr als die versprochenen eine Million Amerikaner pro Tag. Im Durchschnitt der vergangenen sieben Tage erhielten täglich 1,37 Millionen Amerikaner eine Spritze mit einem Covid-Impfstoff – und das trotz der Winterstürme, die viele Teile des Landes lahmlegten. Das Militär hilft mit, und auch in Apotheken und Supermärkten wird geimpft, so ist es üblich in den USA.

Falls nun wie erwartet Anfang März das Vakzin des Pharmakonzerns Johnson & Johnson freigegeben wird, würde es noch schneller vorangehen: Denn dieser Impfstoff muss nur ein einziges Mal verabreicht werden.

Das sind alles Entwicklungen, die Mut machen. Zugleich steigt die Ungeduld der Amerikaner merklich: Täglich werden Bidens Experten, wie der medizinische Chefberater Anthony Fauci, mit Fragen gelöchert, wann alle Amerikaner geimpft sein würden – und wann die Normalität zurückkehre.

Warnungen vor den Mutanten

Fauci musste sich zuletzt dabei mehrfach korrigieren. Biden selbst stellte für das kommende Weihnachtsfest eine Rückkehr zur Normalität in Aussicht, ergänzte aber: "Ich kann keine Versprechen abgeben."

Sie wissen: Noch sind die Effekte der Virusmutationen nicht abzuschätzen. Die US-Gesundheitsbehörde CDC warnt, dass die britische Mutante bis Ende März zur "dominierenden Variante" in den USA aufsteige.

Und so sehr die Fallzahlen auch im Vergleich zum Dezember und Januar gefallen sein mögen, sie bleiben hoch. Noch immer sterben Tag für Tag deutlich mehr als tausend Amerikaner an Covid.

Verwendete Quellen
  • Titelseite der "New York Times" vom 21. Februar (PDF)
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