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Tunesien stimmt über Verfassung ab


Schritt Richtung Diktatur?
Tunesien stimmt über Verfassung ab

Von dpa
25.07.2022Lesedauer: 2 Min.
Der tunesische Präsident Kais Saied gibt seine Stimme ab: Die Wahlbeteiligung am Verfassungsreferendum ist gering.Vergrößern des BildesDer tunesische Präsident Kais Saied gibt seine Stimme ab: Die Wahlbeteiligung am Verfassungsreferendum ist gering. (Quelle: Slim Abid/dpa-bilder)
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Tunesien ist politisch gespalten. Einst Hoffnungsträger nach den arabischen Protesten, droht dem Land jetzt die Zerstörung wichtiger Errungenschaften.

Bei der Abstimmung über eine neue Verfassung in Tunesien hat sich am Montag eine geringe Wahlbeteiligung abgezeichnet. Bis zum frühen Nachmittag gaben zwölf Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme ab, wie die Obere unabhängige Wahlbehörde ISIE mitteilte. Die Wahllokale sollten am späten Montagabend schließen. Mit ersten Ergebnissen wird in den kommenden Tagen gerechnet. Der Verfassungsentwurf gilt als äußerst umstritten, weil der Präsident künftig mehr Macht erhalten soll – zulasten von Parlament und Justiz.

Die Einführung einer neuen Verfassung ist Teil eines von Präsident Kais Saied vorangetriebenen politischen Umbaus. Umfragen hatten vorab bereits auf eine geringe Wahlbeteiligung hingedeutet.

Die neue Verfassung sieht vor, dass der Präsident unter anderem die Regierung sowie Richter ernennen und entlassen darf. Zudem soll er die Macht haben, das Parlament auflösen zu können. Bisher setzte Saied viele solcher Entscheidungen per Dekret durch und umging damit die bisherige Verfassung. Er betrachtet diese eigenen Angaben zufolge als nicht mehr gültig.

Meinungen gehen auseinander

Vor einem Wahllokal im Norden der Hauptstadt Tunis sagte eine Frau, sie befürchte die Rückkehr zur Diktatur: "Ich werde Nein zu Saieds Verfassung sagen." Ein anderer Wähler sagte der Deutschen Presse-Agentur, die neue Verfassung sei der einzige Weg, um die Krise im Land zu beenden. Der Präsident selbst gab seine Stimme vor Kameras in Begleitung seiner Frau ab.

Vor exakt einem Jahr – am 25. Juli 2021 – hatte Saied den damaligen Regierungschef abgesetzt und das Parlament gezwungen, seine Arbeit auszusetzen. Später löste er das Parlament schließlich ganz auf. Der Präsident entließ zudem wegen mutmaßlicher Korruption Dutzende Richter. Das Land ist seitdem gespalten zwischen Anhängern und Gegnern dieser Schritte. Seit Monaten kommt es immer wieder zu Protesten für und gegen den Präsidenten.

Der neue Verfassungsentwurf sieht derweil keine Instanz mehr vor, die den Präsidenten kontrollieren oder ihn gar des Amtes entheben könnte.

Menschen haben drängende Sorgen

Das Verfassungsreferendum wird auch als Entscheidung über Saieds bisherige Führung angesehen. Die Menschen im Land haben drängende Sorgen: Viele Tunesier sind heute ärmer als noch zu Zeiten des Langzeitherrschers Zine El Abidine Ben Ali, der 2011 durch Massenproteste aus dem Amt gedrängt wurde. Sie glauben deshalb nicht, dass die Demokratie geeignet ist, um die wirtschaftlichen Probleme des Landes zu bewältigen. Aber auch Saieds politischer Umbau hat bisher nicht zu einer Verbesserung der Lebensverhältnisse geführt.

Tunesien war nach den arabischen Aufständen ab 2010 als einziges Land der Region der Wandel zur Demokratie gelungen. Die neue Verfassung würde aber viele demokratische Errungenschaften zunichtemachen. Die Opposition rief zum Boykott des Referendums auf. Sie betrachtet den gesamten Prozess als illegitim.

Die neue Verfassung tritt bei einfacher Mehrheit für den Entwurf in Kraft – unabhängig von der Wahlbeteiligung. Mehr als neun Millionen Tunesier waren am Montag zur Abstimmung aufgerufen.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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