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Indien stoppt Käufe von Öl aus Russland: Folge von Trumps Drohungen?


Nach Trumps Drohung
Indien setzt Käufe von russischem Öl aus

Von t-online, reuters
Aktualisiert am 01.08.2025 - 17:16 UhrLesedauer: 4 Min.
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Indiens Premier Narendra Modi (l.) schüttelt Donald Trump bei einem Besuch in Washington die Hand (Archivbild): Der US-Präsident droht Indien mit einer "Strafe". (Quelle: IMAGO/Andrew Leyden/imago)
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Donald Trump droht Indien wegen seiner Russlandgeschäfte eine "Strafe" an. Indien stoppt nun Ölkäufe in Russland – offiziell nur zeitweise. Doch Staatskonzerne sollen sich schon nach dauerhaften, neuen Quellen umschauen.

Indiens staatliche Ölkonzerne haben in den vergangenen Tagen ihre Einkäufe von russischem Rohöl gestoppt. Das berichten die Nachrichtenagenturen Reuters und Bloomberg unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Personen. Demnach reagiert Neu-Delhi auf die wachsende Drohkulisse aus Washington: US-Präsident Donald Trump hatte angekündigt, Länder mit Strafzöllen zu belegen, die weiterhin russisches Öl kaufen.

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Laut Reuters haben die vier staatlich kontrollierten Raffinerien – Indian Oil Corp (IOC), Bharat Petroleum (BPCL), Hindustan Petroleum (HPCL) und Mangalore Refinery Petrochemical Ltd (MRPL) – in der vergangenen Woche keine neuen russischen Öllieferungen bestellt. Stattdessen suchen sie auf dem Spotmarkt nach Alternativen – bevorzugt Rohöl aus dem Nahen Osten und Westafrika. Die indischen Privatunternehmen Reliance Industries und Nayara Energy, die ebenfalls große Mengen russisches Öl beziehen, waren laut Bericht nicht betroffen.

Trump will Indien mit "Strafe" für Russlandgeschäfte belegen

Wie Bloomberg berichtet, hat die indische Regierung die Staatskonzerne angewiesen, Notfallpläne für eine Beschaffung ohne russische Lieferungen zu entwickeln. Ziel sei es, mögliche Engpässe zu vermeiden, falls die Importe aus Russland vollständig zum Erliegen kommen. Noch sei keine offizielle Entscheidung über einen dauerhaften Stopp der russischen Lieferungen getroffen worden – es handle sich lediglich um eine Planung möglicher Szenarien, so regierungsnahe Kreise.

Auslöser der aktuellen Unsicherheit war ein Social-Media-Beitrag von US-Präsident Trump, in dem er Indien mit "Strafen" drohte, sollte das Land weiterhin Energie aus Russland beziehen und damit den Krieg in der Ukraine indirekt finanzieren.

Indien ist nach China der größte Abnehmer russischen Öls. Mehr als ein Drittel der indischen Ölimporte stammt derzeit aus Russland. Das Land kauft bis zu zwei Millionen Barrel pro Tag, was zwei Prozent des weltweiten Angebots entspricht. Am Mittwoch belegte Trump Indien bereits mit Zöllen von 25 Prozent, die Ankündigung der "Strafe" wegen der Geschäfte mit Russland steht jedoch noch aus.

Indien begann erst seit 2022, große Mengen Öl von Russland zu kaufen, dem zweitgrößten Ölexporteur der Welt. Das Land wurde zum wichtigsten Abnehmer, nachdem der frühere Hauptkunde Europa wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine ein Einfuhrverbot verhängt hatte. Der russische Ölriese Rosneft ist zudem maßgeblich an einer der größten Ölraffinerien Indiens beteiligt. Nach Angaben der indischen Regierung ist das Land im Haushaltsjahr 2024/25 zu 35 Prozent von russischen Öleinfuhren im Wert von 50,2 Milliarden Dollar abhängig.

Aktien indischer Ölkonzerne brechen ein

Ein hochrangiger Manager eines staatlichen Ölunternehmens sagte Bloomberg, man prüfe derzeit eine stärkere Orientierung an Lieferungen aus dem Nahen Osten und Afrika – doch diese Strategie habe ihren Preis: Die Kosten würden steigen und die Margen sinken.

Auch die Märkte reagierten bereits: Die Aktien der großen indischen Raffineriekonzerne verloren am Donnerstag teils deutlich. Indian Oil fiel um bis zu 3,2 Prozent, BPCL um 4,1 Prozent, HPCL um 3,7 Prozent. Der Kurs des privaten Branchenriesen Reliance sank um 2 Prozent.

Analyst Aldo Spanjer von der Bank BNP Paribas sagte Reuters: "Ein Stopp dieser Lieferungen würde eine massive Neuordnung der Handelsströme erfordern." Indien kauft Daten des Londoner Börsenbetreibers LSEG zufolge alle Sorten und Qualitäten russischen Öls.

Der indische Ölminister Hardeep Singh Puri sagte, sein Land könne zwar auf alternative Lieferanten umstellen. Dazu müssten jedoch die Importe von Rohöl aus den USA und dem Nahen Osten erhöht werden, sonst werde die Raffinerieproduktion sinken. Dies würde zu einem Anstieg der Dieselpreise führen, insbesondere in Europa, das Kraftstoff aus Indien importiert. "Indische Raffinerien werden dennoch Schwierigkeiten haben, die Qualität des russischen Rohöls zu ersetzen, sodass sie am Ende möglicherweise die Produktion drosseln", sagt Analyst Neil Crosby von der Beratungsfirma Sparta Commodities.

Laut Reuters war die Entscheidung, auf neue Käufe russischen Öls zu verzichten, nicht nur politisch motiviert: Auch die zuletzt gesunkenen Preisnachlässe auf russisches Öl machen alternative Bezugsquellen attraktiver.

Russland hat es geschafft, trotz internationaler Sanktionen seit 2022 weiter Öl zu verkaufen – wenn auch mit Abschlägen auf die Weltmarktpreise. Die fallenden Preise dämpfen die russischen Geschäfte erheblich: Die Öl- und Gaseinnahmen fielen im Juni um 33,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat und damit auf den niedrigsten Stand seit Januar 2023, wie Daten des Finanzministeriums zeigen. Im Juli werden die Einnahmen aufgrund gesunkener Ölpreise und eines starken Rubels Berechnungen von Reuters zufolge sogar um 37 Prozent zurückgehen.

Russische Firmen müssten Öl auf Tankern lagern, wenn Indien seine Käufe einstellt. Das wiederum würde zusätzliche Transportkosten verursachen und die Firmen zwingen, neuen Käufern hohe Rabatte anzubieten, sagen Händler. Ein Exportverlust von zwei Millionen Barrel pro Tag könnte Russland zudem dazu veranlassen, die Ölförderung von derzeit neun Millionen Barrel pro Tag zu reduzieren.

Bereits vor Trumps Ankündigung hatten die indischen Konzerne kurzfristige Ausschreibungen für Lieferungen aus anderen Regionen gestartet. So sicherte sich Bharat Petroleum jüngst Öllieferungen aus dem Nahen Osten und Westafrika für Ende September bis Anfang Oktober.

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Experten warnen: "Erhebliche Unsicherheit" für Indiens Energieversorgung

Trotzdem gilt eine vollständige Abkehr von russischem Öl als schwierig. Expertinnen und Experten wie Vandana Hari von Vanda Insights warnen vor "erheblicher Unsicherheit" für Indiens Energieversorgung. Die Analysten von Goldman Sachs sehen angesichts der großen Mengen, der sinkenden OPEC-Kapazitäten und der unterschiedlichen Ölqualitäten erhebliche Hürden für eine rasche Umstellung.

Laut von Bloomberg ausgewerteten Trackingdaten von Frachtschiffen importierte Indien im vergangenen Jahr durchschnittlich 1,63 Millionen Barrel russisches Öl pro Tag – ein Drittel des Gesamtvolumens. Diese Mengen blieben auch 2025 bislang weitgehend stabil.

Um die angespannten Handelsbeziehungen mit den USA nicht weiter zu gefährden, prüft Indien laut Bloomberg nun, ob vermehrt Öl aus den Vereinigten Staaten importiert werden kann. Ein solcher Schritt könnte als Signal der Gesprächsbereitschaft an Washington verstanden werden – doch in Neu-Delhi ist man sich der ökonomischen und geopolitischen Tragweite offenbar bewusst.

Verwendete Quellen
  • reuters.com: "Exclusive: Indian state refiners pause Russian oil purchases, sources say" (englisch)
  • Nachrichtenagentur Reuters
Transparenzhinweis

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