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Trump-Attentat: Verdächtiger Ryan Routh besessen von Ukraine


Ryan Routh
Bevor er Trump ins Visier nahm, wollte er an die ukrainische Front


Aktualisiert am 16.09.2024Lesedauer: 4 Min.
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Ryan Routh im Selfie: Der Amerikaner, der als möglicher Trump-Attentäter festgenommen wurde, war in Kiew unter Ausländern bekannt wie ein bunter Hund. Der Deutsche Chris Lutz begegnete ihm mehrfach.Vergrößern des Bildes
Ryan Routh im Selfie: Der Amerikaner, der als möglicher Trump-Attentäter festgenommen wurde, war in Kiew unter Ausländern bekannt wie ein bunter Hund. Der Deutsche Chris Lutz begegnete ihm mehrfach. (Quelle: SOCIAL MEDIA/reuters)

Der potenzielle Trump-Attentäter war in der Ukraine als bunter Vogel bekannt. Dort traf ihn 2022 der Deutsche Chris Lutz. Jetzt erzählt Lutz von seinen Eindrücken.

Als am Montagmorgen die Nachrichten von der Festnahme des US-Amerikaners Ryan Routh und erste Fotos um die Welt gingen, rieb sich in Deutschland Chris Lutz verwundert die Augen. "Ich konnte es zuerst nicht glauben", sagt er im Gespräch mit t-online, "der Lauch als möglicher Attentäter?"

Lutz hat weit weg von Florida mitten in der Ukraine einen Eindruck bekommen von der seltsamen Welt des Mannes, der nun mit einem AK-47-Gewehr mit Zielfernrohr zu Donald Trumps Golfplatz in Florida gereist war. In Kiew nahmen ihn die Menschen allerdings eher als Witzfigur wahr.

Ende Mai 2022 war Lutz erstmals zur Hilfe für Zivilisten in die Ukraine gereist – und war nach wenigen Tagen angesprochen worden von dem Mann, der jetzt offenbar 400 Meter von Trump entfernt sein Gewehr auf den Präsidentschaftskandidaten richten wollte. "Ich saß in einer Kneipe beim Essen, als er plötzlich neben mir stand. Er hat jeden in Kiew angesprochen, der Englisch sprach", erzählt Lutz. t-online hat mit einem Video beider prüfen können, dass sie tatsächlich zusammengetroffen sind.

"Er hat gesagt, er kenne jeden"

Der neue Kontakt habe zunächst verheißungsvoll für ihn geklungen, berichtet Lutz: "Er hat mir gesagt, er kenne jeden und könne vermitteln. Also haben wir Nummern ausgetauscht." Lutz stellte später fest, dass Routh völlig übertrieben hatte, blockierte dessen Nummer irgendwann.

In die Ukraine waren beide offenbar aus dem gleichen Grund gereist – um den Menschen in dem überfallenen Land zu helfen. Lutz machte das, indem er Hilfsgüter in grenznahe Orte brachte und sich an zivilen Evakuierungen beteiligte. Routh dagegen wollte militärisch helfen. Mitte Februar 2022, noch vor Russlands Einmarsch, hatte er bereits auf der Plattform X (vormals Twitter) geschrieben, er fliege zum Kämpfen in die Ukraine. Am 9. April meldete er schließlich, er sei jetzt auf dem Unabhängigkeitsplatz und wolle sich mit anderen ausländischen Kämpfern zusammentun.

Als der Amerikaner – Mitte 50 und ohne entsprechende Ausbildung – dafür nicht gefragt war, versuchte er sich als Anwerber. "Das war offenbar sein Alternativplan", so Lutz. "Wenn er nicht kämpfen kann, dann besorgt er eben Kämpfer." Und das exzessiv. "Er hatte darauf einen Hyperfokus." Routh habe zwar nicht den Eindruck gemacht, "bekloppt" zu sein, "aber davon war er besessen".

Routh habe offenbar einige Offiziere mit niedrigen Dienstgraden gekannt, aber nie einen offiziellen Auftrag gehabt. Im Gegenteil: Routh suchte offenbar auch nach Möglichkeiten, Soldaten aus Afghanistan und Syrien an ukrainischen Stellen vorbei illegal in die Ukraine zu bringen, weil sie erprobt waren von Kämpfen gegen Taliban und Assad-Truppen. Das erzählte Routh selbst der "New York Times". Auf X schrieb er von 10.000 ausgebildeten Soldaten. Sein Account dort wurde am Montag gelöscht.

Trump war in Gesprächen kein Thema

Routh suchte offensiv die Öffentlichkeit, auch der deutsche "Tagesspiegel"-Reporter Sebastian Leber hatte Kontakt mit Routh, der in Kiew kaum zu übersehen war. Es gibt diverse Fotos, die ihn mit einem Banner am Unabhängigkeitsplatz zeigen, dort und auf seinem T-Shirt prangen seine Nummer und seine E-Mail-Adresse, die mit aid.in.ukraine" beginnt. "Dazu trug er oft eine Bandana in den US-Farben", sagt Lutz. "Er war als der Bandana-Guy bekannt." Wenn Lutz von Hilfsfahrten zurück in Kiew war, begegnete er Routh, immer wieder während mehrerer Wochen, in denen der Deutsche 2022 in der Ukraine war. Später habe er ihn nicht mehr gesehen. In der Community habe man den Amerikaner aber schnell nicht mehr ernst genommen.

Von Abneigung gegen Trump hatte Lutz bei seinem Gesprächspartner nichts mitbekommen. "Es ging ihm bei den Gesprächen mit mir immer um die Ukraine, vielleicht noch um Putin, aber nicht um internationale Politik." Rouths Sohn Oran Routh sagte der "Daily Mail", sein Vater habe Donald Trump "wie jeder vernünftige Mensch gehasst" und fügte hinzu: "Ich mag Trump auch nicht." Ein gewalttätiger Mensch sei sein Vater nicht. Über seine Pläne mit der Waffe ist bisher nichts bekannt geworden. Ob er mit den Behörden kooperiert, war zunächst noch offen. Routh war in der Vergangenheit mit Verkehrsverstößen und wegen Waffendelikten mit dem Gesetz in Konflikt gekommen.

Putin-Versteher Kim Dotcom als "Idioten" bezeichnet

Zumindest zeitweise hatte Routh auch Sympathien für Donald Trump. 2016 stimmte er nach eigener Darstellung bei der Präsidentenwahl für den Republikaner, um ihm 2020 zu schreiben, er sei von ihm enttäuscht. Posts auf X zufolge war Routh für Aussöhnung mit Nordkorea und lobte den früheren US-Präsidenten, dass der dafür die Tür geöffnet habe. Routh bat auch den früheren Basketballstar Dennis Rodman auf X, man solle wieder zusammen nach Nordkorea fahren, wohin Rodman bereits fünfmal gereist ist und Kim Jong-Un "Freund fürs Leben" genannt hat.

Den Trump-freundlichen Kim Dotcom schrieb Routh dagegen im Mai 2022 auf X an und nannte ihn einen Idioten. Dotcom, 1974 in Kiel als Kim Schmitz geboren, ist vorbestrafter Hacker und Internetunternehmer und wartet in Neuseeland auf seine Auslieferung an die USA. Dotcom verbreitet viele der Verschwörungserzählungen aus dem Trump-Umfeld und hatte Routh mit der Aussage gereizt, von den USA ausgebildete Soldaten hätten 14.000 ethnische Russen im Donbass getötet, Russlands Reaktion sei verständlich. Für Routh muss das ein Affront gewesen sein: In einem Interview mit "Newsweek" sagte er, in der Ukraine gebe es nur Schwarz und Weiß, Gut und Böse sei eindeutig.

Für Donald Trump war es das nicht. Der Kandidat zeigte immer wieder viel Verständnis für Putin, seine mögliche Wahl hängt für die Ukraine wie ein Damoklesschwert am Horizont. Auch Routh, der Mann, der Kämpfer für die Ukraine suchte, könnte da Sorge gehabt haben.

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