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Menschenrechtsverletzung bei Edeka? Unternehmen kritisiert Studienergebnisse


Menschenrechtsverletzungen
Studie deckt Missstand auf – jetzt reagiert Edeka

Von t-online, joh

Aktualisiert am 05.04.2022Lesedauer: 3 Min.
Eine Frau kauft in einem Discounter: Ein Supermarkt schneidet bei einer Studie besonders schlecht ab.Vergrößern des BildesEine Frau kauft in einem Discounter: Ein Supermarkt schneidet bei einer Studie besonders schlecht ab. (Quelle: Martin Wagner/imago-images-bilder)
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Eine neue Studie hat untersucht, in welchen Supermärkten es Menschenrechtsverletzungen bei den Lieferketten gibt. Edeka reagiert nun auf die Ergebnisse und kritisiert die Organisation.

Unter den großen Supermarktketten in Deutschland fällt Edeka beim Schutz von Menschenrechten in den Lieferketten ihrer Produkte weiter zurück. Das zeigt der aktuelle Supermarkt-Check der Nothilfe- und Entwicklungsorganisation Oxfam. Während die Supermärkte Aldi, Lidl und Rewe Fortschritte beim Umgang mit Menschenrechten gemacht haben, bleibt Edeka stur. Die Folge: Der Konzern bleibt im Supermarkt-Check 2022 abgeschlagenes Schlusslicht. Dies verdeutliche, dass freiwillige Initiativen nicht ausreichten. Es brauche wirksame Gesetze, um Menschenrechtsverletzungen zu verhindern, so Oxfam.

Mit dem Supermarkt-Check analysiert die Organisation seit 2018 regelmäßig den Umgang von großen Einzelhandelskonzernen mit Menschenrechten in ihren Lieferketten. Dabei werden die Themen Transparenz, Arbeitnehmerrechte, der Umgang mit Kleinbäuerinnen und Kleinbauern sowie Frauenrechte unter die Lupe genommen. Seit dem ersten Check hat sich etwa Lidl von 5 auf 59 Prozent gesteigert, Rewe von einem auf 48 Prozent. Edeka hingegen erreicht auch beim diesjährigen Check nur elf Prozent der möglichen Punkte.

Gegen diese Darstellung wehrt sich das Unternehmen Edeka nun. In einer Stellungnahme, die t-online vorliegt, teilt ein Sprecher mit: "Bewertet wurde nur die Außendarstellung eines Unternehmens, nicht aber das wirkliche Engagement. Wir stehen mit Oxfam im Austausch und haben Oxfam mehrfach ausführlich über unsere Aktivitäten informiert. Wir bedauern sehr, dass diese Informationen kaum berücksichtigt und zum Teil sogar falsch dargestellt wurden. Die Bewertung von Oxfam spiegelt daher nicht unser tatsächliches Engagement wider. Unabhängig davon sind wir weiterhin interessiert an einem fairen und offen Austausch – auch mit Oxfam, um kontinuierlich weiter an Verbesserungen zu arbeiten."

"Menschenrechte spielen weiterhin nur Nebenrolle"

Der Oxfam-Experte für Wirtschaft und Menschenrechte, Tim Zahn, sagt hingegen: "Der Supermarkt-Check zeigt: Edeka ist Schlusslicht beim Schutz von Menschenrechten. Aldi, Lidl und Rewe machen Fortschritte, doch auch bei ihnen spielen Menschenrechte weiterhin nur eine Nebenrolle." Die Folgen: Arbeiterinnen und Arbeiter in den Lieferketten der Supermärkte würden weiter ausgebeutet. "Für einen ganzen Tag Arbeit erhalten Beschäftigte in Costa Rica bei einem Ananas-Zulieferer von Edeka beispielsweise nur 4,50 Euro – ein Lohn weit unter dem Existenzminimum", so Zahn.

Auch gegen diesen Vorwurf wehrt sich Edeka in der Mitteilung. Das Thema existenzsichernde Löhne spiele in einem Bananenprojekt in Ecuador und Kolumbien mit dem WWF eine entscheidende Rolle. Neben dem Themenschwerpunkt Soziale Verantwortung gehe es dabei auch um Themen wie Klima, Süßwasser, Bodengesundheit und natürliche Ökosysteme. Auch darüber habe das Unternehmen Oxfam umfassend informiert.

"Cocoa for Future"

Edeka habe zudem das Kakaoprogramm "Cocoa for Future" in Ghana angestoßen, das auch die sozialen Bedingungen der Kleinbauerinnen und Kleinbauern berücksichtigt. "Wir arbeiten dazu mit lokalen Kooperativen zusammen, um die Lebensumstände der Familien vor Ort nachweislich zu verbessern", teilt das Unternehmen mit.

"Selbstverständlich setzen wir alle Anforderungen um, die im Rahmen des 2023 in Kraft tretenden Lieferkettensorgfaltsgesetzes an uns gestellt werden", betont Edeka. Der Hauptfokus liege aktuell darauf, im Unternehmensverbund Strukturen und Prozesse weiterzuentwickeln, um diesen Anforderungen jederzeit gerecht zu werden. Man wolle auch den Transparenzpflichten umfassend nachkommen.

Bereits mehrfach haben Oxfam-Studien in der Vergangenheit Arbeits- und Menschenrechtsverletzungen in den Lieferketten der deutschen Supermärkte aufgedeckt. Diese zeigten etwa sklavenähnliche Arbeitsbedingungen im Kaffeeanbau in Brasilien.

Fortschritte bei Aldi, Lidl und Rewe

Die zusätzlichen Punkte beim diesjährigen Supermarkt-Check haben die Konzerne vor allem durch neue Unternehmensrichtlinien und mehr Transparenz erreicht. So veröffentlicht Lidl inzwischen alle Lieferanten entlang den Lieferketten für Bananen, Erdbeeren und Tee. Aldi, Rewe und Lidl haben zudem neue Leitlinien für Geschlechtergerechtigkeit veröffentlicht und engagieren sich in Pilotprojekten für existenzsichernde Löhne und Einkommen in den Anbauländern. Die Unternehmen beweisen damit: Sie können ihre Menschenrechtspolitik verbessern.

Doch auch Aldi, Lidl und Rewe erfüllen nur knapp 50 bis 60 Prozent der Kriterien, die für eine gute Menschenrechtspolitik notwendig wären. Vor allem bei der Preispolitik gibt es zu wenig Bewegung. Die Supermärkte üben weiterhin Preisdruck auf ihre Lieferanten aus und tragen so zu niedrigen Löhnen in den Lieferketten bei. Zeitgleich verzeichnen die Supermärkte gerade während der Covid-19-Pandemie Rekordumsätze und entsprechend wuchsen auch die Milliardenvermögen der Eigentümer weiter an. "Geld für eine andere Preispolitik ist genug da. Doch am grundsätzlichen Geschäftsmodell der Supermärkte hat sich nichts geändert, es steht weiterhin für Ausbeutung", kritisiert Tim Zahn. "Sie machen weiterhin Profite auf Kosten von Menschenrechten. Das muss sich ändern. Die Beschäftigten in den Lieferketten müssen endlich ein angemessenes Einkommen bekommen."

Die Verweigerung von Edeka zeige, dass freiwilliges Engagement nicht ausreiche, so Oxfam. Daher müsse auch die Bundesregierung handeln: Sie muss das deutsche Lieferkettengesetz ambitioniert umsetzen und sich außerdem dafür einsetzen, dass der Entwurf für ein EU-Lieferkettengesetz die Lücken in der deutschen Gesetzgebung schließt. Zudem müssen Betroffene von Menschenrechtsverletzungen die Möglichkeit erhalten, Schadensersatz bei deutschen Gerichten einzuklagen.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
  • Stellungnahme von Edeka
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