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Corona-Demo in Berlin: PRO & KONTRA – "Diese Entscheidung ist unerträglich"


Gericht kippt Verbot
Corona-Demo in Berlin: "Diese Entscheidung ist unerträglich"

Pro & KontraVon Patrick Diekmann und Daniel Schreckenberg.

Aktualisiert am 28.08.2020Lesedauer: 1 Min.
Interview
Was ist ein Pro & Kontra?

Die subjektive Sicht zweier Autoren auf ein Thema. Niemand muss diese Meinungen übernehmen, aber sie können zum Nachdenken anregen.

Ein Bild aus dem August 2020: Menschen auf der Großdemonstration der Initiative Querdenken gegen die Corona-Auflagen in Berlin.Vergrößern des Bildes
Ein Bild aus dem August 2020: Menschen auf der Großdemonstration der Initiative Querdenken gegen die Corona-Auflagen in Berlin. (Quelle: t-online.de/imago-images-bilder)

Die zunächst verbotene Demonstration gegen die Corona-Politik in Berlin kann nun wohl doch stattfinden – allerdings nur unter Auflagen. Eine gute Entscheidung?

Das Berliner Verwaltungsgericht hat die Verbotsverfügung der Polizei für eine geplante Demonstration gegen die Corona-Politik gekippt. Die Veranstaltung am Samstag könne unter Auflagen stattfinden, sagte ein Gerichtssprecher am Freitag. Der Beschluss ist allerdings noch nicht rechtskräftig.

Zu der Kundgebung am Samstag in Berlin hatte die Initiative Querdenken 711 aus Stuttgart 22.000 Teilnehmer auf der Straße des 17. Juni nahe dem Brandenburger Tor angemeldet. Die Versammlungsbehörde der Polizei hatte diese größere Demonstration und neun weitere kleinere Veranstaltungen am Mittwoch verboten.

Demo-Auflagen seien nicht hinreichend geprüft worden

Als Grund für diesen Schritt hatte die Polizei angeführt, dass durch die Ansammlung Zehntausender Menschen – oft ohne Maske und Abstand – ein zu hohes Gesundheitsrisiko für die Bevölkerung entstehe. Das habe bereits die Demonstration gegen die Corona-Politik am 1. August in Berlin gezeigt, bei der die meisten Demonstranten bewusst Hygieneregeln ignoriert hätten.

Das Verwaltungsgericht Berlin begründete seine Entscheidung nach Angaben des Sprechers nun damit, dass keine Voraussetzungen für ein Verbot vorlägen. Es gebe keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Die Veranstalter hätten ein Hygienekonzept vorgelegt. Das Land habe nicht darlegen können, dass dieses nicht eingehalten werden solle. Auflagen für die Demo seien nicht hinreichend geprüft worden.

Das Demo-Verbot wurde gekippt – doch ist das auch richtig?

Pro
Patrick DiekmannLeitender Redakteur Außenpolitik

Unsere Demokratie muss die absurden Proteste aushalten

Die Aufhebung des Demonstrationsverbotes ist richtig, denn das Recht auf Versammlungsfreiheit ist ein Grundprinzip unserer Demokratie und nicht verhandelbar. Im Notfall ist es dieser Rechtsstaat, der die Bevölkerung vor den radikalen Kräften schützt, die nun auch in Berlin wieder auf die Straße gehen.

Es ist nur schwer aushaltbar, wenn tausende Menschen an der Seite von Neonazis und Reichsbürgern demonstrieren. Es ist ärgerlich und egoistisch, wenn sich so viele Menschen in der Pandemie aus Trotz nicht an Schutzmaßnahmen halten. Sie bringen andere Menschen in Gefahr und ein Angriff auf unsere mehrheitlich solidarische Gesellschaft, die sich in gegenseitiger Rücksicht gegen die Krise stemmt.

Trotzdem muss unsere Demokratie diese absurden Proteste aushalten, denn das ist das Merkmal einer freien Gesellschaft. Deutschland steuert im internationalen Vergleich gut durch die Krise, auch durch die strikten Maßnahmen gibt es hier vergleichsweise weniger Tote und akute Infektionen. Das Verbot der Demonstration durch die Politik wäre Wasser auf die Mühlen der Unbelehrbaren. Es würde ihnen eines geben, was sie bislang nicht haben: ein Argument.

Das darf ihnen die Politik nicht geben. Vielmehr muss sie den Zweiflern in einem Dialog begegnen, damit diese nicht weiter von den Brandstiftern instrumentalisiert werden können. Dadurch, und nicht durch Verbote, würde am Ende von dieser Protestbewegung auf der Straße nur eines übrig bleiben: das Hassgeschrei der Nazis, die die Proteste kapern wollen.

Kontra
Daniel Schreckenberg

Nein, ein Verbot wäre ein Stich ins Herz jedes Demokraten – und trotzdem richtig

Ein Gedankenspiel: Sie schmeißen ein Familienfest, man scherzt, man lacht, man trinkt. Nur ein kleiner Teil der Sippschaft will nicht so recht Teil der Feier sein: Stattdessen meckert er über das Essen und das Wetter, Benimmregeln sind ihm völlig egal. Es wird geschmatzt, gezofft, geschrien. Und am Ende Porzellan zerdeppert. Und jetzt die Frage: Würden Sie den Teil der Familie zu ihrem nächsten Geburtstag einladen? Wohl eher nicht.

Das Berliner Verwaltungsgericht aber tut es: Wenn sich Menschen nicht an die Regeln halten, die wir uns als Gesellschaft in einer Krise auferlegt haben, dann muss man ihnen klarmachen, dass es so nicht geht. Somit ist die Entscheidung des Gerichts, die Corona-Proteste doch zu erlauben, unerträglich.

Erneut werden Zehntausende Wissenschafts-Leugner durch die Hauptstadt pilgern – ohne Mundschutz, ohne Abstand, ohne Anstand. Es geht den wenigsten von ihnen um die echten Probleme, die die Corona-Krise mit sich bringt: um die Arbeitslosen, um die Gefahr für Großeltern, um die Ungewissheit, wie lange wir noch unter diesen Umständen leben müssen. Für sie ist Corona nur eine Möglichkeit, gegen die Politik, gegen unsere liberale Grundordnung und gegen den "Mainstream" zu hetzen.

Für jeden Demokraten muss sich eine verbotene Demonstration wie ein Stich ins Herz anfühlen – doch diesen Stich hätten wir hier aushalten müssen. Stattdessen trampeln Demokratie-Verächter auf unserem Grundgesetz und unserer Gesundheit herum. Und das ist am Ende noch schmerzhafter.

Wer hat recht?

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