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Nach Ende der Impfzentren: Verbleib der Daten für Impfnachweis unklar


Hürden und Zuständigkeitswirrwarr
Wo landen die Daten aus den Impfzentren?

  • Lars Wienand
Von Lars Wienand

Aktualisiert am 18.05.2021Lesedauer: 4 Min.
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Anmeldung im Impfzentrum: Die ersten Impfzentren schließen bald, der künftige Verbleib der Daten und die Ansprechpartner sind dabei nicht komplett geklärt.Vergrößern des Bildes
Anmeldung im Impfzentrum: Die ersten Impfzentren schließen bald, der künftige Verbleib der Daten und die Ansprechpartner sind dabei nicht komplett geklärt. (Quelle: imago-images-bilder)

Millionen Menschen wurden in Impfzentren geimpft. Doch wo ihre Daten künftig hinterlegt sind, ist unklar. Der Bundesdatenschutzbeauftragte mahnt jetzt die Länder, das Problem zu regeln.

Es gibt einen Kinospot der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, der mit Erfolgserlebnissen endet: "Deutschland sucht den Impfpass" heißt er, und junge Menschen halten nach langer Suche das gelbe Dokument strahlend in die Kamera.

Was aber, wenn der Nachweis für den Pikser im Impfzentrum verlorengegangen ist und das Impfzentrum nicht mehr existiert? Auf so naheliegende Fragen gibt es noch keine klaren Antworten.

Bei verlorenen Impfdokumenten ist der Hausarzt oft die die Rettung: Zehn Jahre müssen Unterlagen dort aufgehoben werden. Und in der Praxis ist dokumentiert, dass eine Impfung erfolgt ist. Dann lässt sie sich auch nachtragen – oder es ließe sich künftig nachträglich ein digitaler Impfnachweis erstellen, der wichtig wird.

"Länder haben Regelungen zu treffen"

Doch anders ist die Lage bei den Impfzentren. Ende Juni sollen in Sachsen die ersten bereits geschlossen werden. Und wer dann in den Ländern Ansprechpartner für Fragen ist, ist vielfach unklar. Einen Überblick gibt es nicht.

Geimpfte sollten sich dorthin wenden, wo sie geimpft wurden, heißt es aus dem Bundesgesundheitsministerium. Doch schon jetzt stoßen Geimpfte in Impfzentren zum Teil mit nachträglichen Fragen auf Hürden und Zuständigkeitswirrwarr. Und nach der Schließung? "Sollten künftig Impfzentren aufgelöst werden, haben die zuständigen Länder Regelungen zu treffen, wie die Daten verwaltet werden", heißt es vom Bund.

Die Impfzentren wurden mit logistischen Meisterleistungen aus dem Boden gestampft, die Länder haben sie ganz unterschiedlich organisiert. Was nach deren Ende ist, stand damals nicht im Vordergrund. "Wir prüfen diese Frage zurzeit noch", erklärt beispielsweise ein Sprecher des baden-württembergischen Sozialministeriums. "Allerspätestens bis zum Ende der Impfzentren im Herbst haben wir eine Lösung gefunden."

In Sachsen war bereits für Ende Juni die Schließung der meisten Impfzentren geplant, sie sollen aber nun zunächst weiterbetrieben werden. Eine Festlegung zu den Daten gebe es noch nicht. "Das Thema haben wir auf der Agenda", heißt es auf Anfrage aus dem Sozialministerium. "Wir würden uns eine bundeseinheitliche Reglung dazu wünschen." Mit der Frage werde sich wohl auch die Gesundheitsministerkonferenz befassen. Sie tagt am 16. Juni das nächste Mal.*

Bundesdatenschutzbeauftragter drängt

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber (SPD) drängt: "Es wäre dringend erforderlich, dass sich die zuständigen Landesgesetzgeber um diese Frage möglichst bald kümmern", teilte eine Sprecherin seiner Behörde mit.

Das Problem gab es in der Vergangenheit bereits vereinzelt: Wohin mit den Daten, wenn ein Arzt ohne Rechtsnachfolger gestorben ist oder ein Krankenhaus geschlossen wurde? In einigen Bundesländern regeln Gesetze laut Datenschutzbeauftragtem, was zu tun ist.

Gibt es keine Regelung, "müsste sich entweder die zuständige Ärztekammer oder das Gesundheitsamt des Landkreises oder der kreisfreien Stadt um die medizinischen Unterlagen – hier die Impfnachweise aus dem Impfzentrum – kümmern", heißt es vom Bundesdatenschutzbeauftragten.

Land lässt Krebsregister übernehmen

In Rheinland-Pfalz etwa regelt das Heilberufsgesetz zwar, dass die Ärztekammer bei herrenlosen Daten einspringen muss. Doch bei den Ärztekammern ist das Interesse an den Datenbergen aus den Impfzentren gering. Rheinland-Pfalz geht zumindest vorerst einen anderen Weg. Die Krebsregister Rheinland-Pfalz gGmbh, die Details zu Tumorerkrankungen sammelt, betreut und verwaltet bis auf Weiteres im Auftrag des Landes die in den Impfzentren vorgenommenen Impfungen.

Wo die konkrete Zuständigkeit langfristig liegen wird, sei nicht abschließend geklärt, sagt ein Sprecher des Ministeriums. "Die Daten werden aber auf jeden Fall dergestalt hinterlegt sein, dass mögliche Rückfragen von Bürgern bearbeitet werden können." Bislang wird bei Fragen zu den Impfdaten auf die Durchwahl des Datenschutzbeauftragten des Ministeriums verwiesen.

Daten auch für Fälschungsnachweis wichtig

Die Daten sind aber nicht nur wichtig, wenn Impfnachweise verloren gegangen sind. Sie sind auch wichtig, um mögliche Fälschungen zu belegen: "Es lässt sich aufgrund gespeicherter Daten nachverfolgen, ob eine Person tatsächlich im Impfzentrum geimpft wurde oder nicht", erklärt ein Sprecher des baden-württembergischen Sozialministeriums. Und das kann noch sehr relevant sein.

Der künftige digitale Impfausweis soll zwar fälschungssicher sein. Er ist aber einerseits bisher nur als Modellversuch eingeführt, und am bundesweiten Starttermin bis Ende Juni wachsen Zweifel. Aus Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz heißt es, die Impfzentren seien grundsätzlich schon mit den technisch notwendigen Mitteln für den digitalen Impfnachweis ausgestattet und prinzipiell entsprechend vorbereitet. Es gehe um die finalen prozessualen Abstimmungen.

Wer vorher geimpft wird, soll das gelbe Impfbuch vorlegen können, um den digitalen Nachweis nachträglich zu bekommen. Doch das gelbe Impfbuch lässt sich fälschen, in Telegram-Gruppen tauchten bereits Angebote auf. Der nordrhein-westfälische Justizminister Peter Biesenbach (CDU) will deshalb ein höheres Strafmaß erreichen: Bis zu fünf Jahre Haft statt bis zu einem Jahr. "Wer ein gefälschtes Gesundheitszeugnis verwendet, gefährdet die Gesundheit der Menschen seiner Umgebung", sagte er.

Digitaler Nachweis auf Papier und Smartphone

Die Vorlage von Impfpass und Ausweispapieren soll zum Nachtragen aber ausreichen. Eine standardmäßige Abfrage der Impfdaten ist nicht vorgesehen – und bereits das Nachtragen ohne weiteren Aufwand weckt bei Ärzten Befürchtungen. Der Vorsitzende des Deutschen Hausärzteverbands, Ulrich Weigeldt, sagte der "Augsburger Allgemeinen", Ärzte bräuchten ihre Zeit für ihre Patienten und "ganz gewiss nicht, um uns als Passamt der Republik zu verdingen".

Und auch, wer dann einen digitalen Impfnachweis hat, kann den noch verlieren. Zwar soll er aufs Smartphone geladen werden. Das ist aber nicht zwingend. Ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums sagt: "Ein Ausdruck des digitalen Impfnachweises mit dem entsprechenden QR-Code kann in Papierform verwendet werden. So kann der digitale Impfnachweis letztlich auch ohne Endgerät genutzt werden."

Und wenn er verloren gegangen ist? Dann sei ein Nachtrag durch die impfende Stelle möglich, erklärt das Bundesgesundheitsministerium. Und wenn Deutschland dann erfolglos den Impfnachweis suchen sollte, stellt sich wieder die Frage nach den Daten aus den Impfzentren.

*Der Text wurde an dieser Stelle mit einer Stellungnahme des Sächsischen Sozialministeriums ergänzt.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
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