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Nord Stream 2: Manuela Schwesig ignorierte Hinweise der eigenen Staatskanzlei


Schwesig ignorierte Hinweise der eigenen Staatskanzlei


06.07.2022Lesedauer: 3 Min.
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Mecklenburg-Vorpommerns MinisterprΓ€sidentin Manuela Schwesig (SPD): Als Sanktionen drohten, wollte Nord Stream 2 wichtige Absprachen nur noch in persΓΆnlichen GesprΓ€chen treffen.
Mecklenburg-Vorpommerns MinisterprΓ€sidentin Manuela Schwesig (SPD): Als Sanktionen drohten, wollte Nord Stream 2 wichtige Absprachen nur noch in persΓΆnlichen GesprΓ€chen treffen. (Quelle: penofoto/imago-images-bilder)

Manuela Schwesig hat Nord Stream 2 stets als alternativlos dargestellt. Ein internes Dokument belegt: Ihre Staatskanzlei kam frΓΌh zu einem anderen Ergebnis.

Sie hat für Nord Stream 2 gekÀmpft wie kaum ein anderer deutscher Politiker. Über Jahre hinweg setzte sich Mecklenburg-Vorpommerns MinisterprÀsidentin Manuela Schwesig (SPD) für die deutsch-russische Gaspipeline ein. Auch als sich nach dem Giftanschlag auf den russischen Oppositionellen Alexey Nawalny Stimmen aus ihrer eigenen Partei mehrten, das Projekt zumindest vorübergehend zu stoppen. Schwesig blieb stur.

"Wir brauchen die Ostseepipeline fΓΌr die kΓΌnftige Energieversorgung in Deutschland", sagte sie im Herbst 2020 mehrfach. "Ich bin fest davon ΓΌberzeugt, dass wir diese Ostseepipeline dringend brauchen", wiederholte sie im Januar 2022 – wenige Wochen, bevor Russland in die Ukraine einmarschierte.

Internes Papier zweifelte an Notwendigkeit

Nun wird klar, dass sie damit EinschΓ€tzungen der Fachabteilung ihrer eigenen Staatskanzlei ignorierte. Das geht aus einem internen Dokument der Staatskanzlei vom 10. September 2020 hervor, das t-online vorliegt und fΓΌr die MinisterprΓ€sidentin angefertigt wurde. Es behandelt die generelle Bedeutung der Pipeline fΓΌr die europΓ€ische Energieversorgung – und kommt zu deutlich differenzierteren Ergebnissen als Schwesig in ihren ΓΆffentlichen Stellungnahmen.

Zwar sei Erdgas aus den Pipelines "eine notwendige und kostengünstige Energiequelle", heißt es in dem Papier. Das gelte aber nur, falls der Bedarf gleich bleibe und gleichzeitig weniger Gas gefârdert werde, wie von der Prognos AG und der EuropÀischen Kommission angenommen. Dagegen stünden konkurrierende Prognosen wie die des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung in Berlin, die von sinkendem Bedarf bei sinkender Fârderung ausgingen.

(Quelle: Staatskanzlei Mecklenburg-Vorpommern/t-online)

In dem Papier heißt es: "Es besteht (...) grundsÀtzlich die Mâglichkeit, dass der Erdgasbedarf stÀrker als ursprünglich geplant sinken wird und Nord Stream 2 nicht zwingend für die Energieversorgung Deutschlands und Europas notwendig sein wird." Es bâten sich "zwei Alternativen" zu Nord Stream 2 an.

Schwesig schloss Alternativen aus

Einerseits: "Der konsequente Ausbau der erneuerbaren Energien, welcher ohnehin forciert werden muss, um die deutschen Klimaschutzziele einzuhalten." Und andererseits: "Eine stΓ€rkere Diversifizierung der Gasimporte ΓΌber vorhandene Importterminals in der EU (z.B. Niederlande) aus den Bezugsregionen Nordamerika, SΓΌdamerika, Nordafrika und kaspischer Raum." Letzteres sei aber "teurer und umweltschΓ€dlicher".

Schwesig hatte beide Alternativen ΓΆffentlich ausgeschlossen: Um den Bedarf mit erneuerbaren Energien sicher zu decken, sei die Technologie zur Speicherung noch nicht ausgereift. Eine solche EinschΓ€tzung findet sich in der Analyse der Fachabteilung nicht. Gasimporte per Schiff lehnte sie kategorisch ab: "Ich mΓΆchte nicht, dass LNG-Gas, Fracking-Gas, ΓΌber Schiffe aus Amerika kommt", sagte sie beispielsweise im Interview mit "Jung & Naiv".

Überhaupt sah sie lange im Widerstand der USA gegen das Pipeline-Projekt das grâßere Problem. "Es geht um knallharte wirtschaftliche Interessen", kritisierte sie mit Blick auf die US-Regierung im September 2020 in einem Interview mit dem "Spiegel".

Auch Schwesigs Behauptung im Landtag, die Pipeline sei ein "wichtiger Wirtschaftsfaktor fΓΌr das Land" und es gehe bei dem Projekt "auch um ArbeitsplΓ€tze", wird in dem Dokument der Staatskanzlei relativiert. Der FΓ€hrhafen Sassnitz habe sich durch den Bau beider Pipelines "ein gewisses Renommee als Industrie- und Gewerbestandort geschaffen", was zu einigen Infrastrukturverbesserungen und Unternehmensansiedlungen beigetragen habe. Es habe also "durchaus positive Effekte fΓΌr den Standort FHS und MV" gegeben. Das Fazit bleibt aber trotzdem verhalten.

"Die nachhaltige WertschΓΆpfung fΓΌr MV durch Nord Stream 2 ist ab Fertigstellung eher gering (3 ArbeitsplΓ€tze und ca. 1,5 Mio. Euro Gewerbesteuer)", heißt es dazu in dem Papier. Zwar hΓ€tten rund 600 Menschen bei der Ummantelung der RΓΆhren BeschΓ€ftigung gefunden – mit Abschluss dieser Arbeiten seien diese ArbeitsplΓ€tze allerdings bereits im August 2019 weggefallen.

Verwendete Quellen
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  • Johannes Bebermeier
  • Tim Kummert
Von Johannes Bebermeier, Tim Kummert

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