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Aiwanger-Affäre: Am Anfang stand seine Lüge


Aiwanger bricht sein Schweigen
Ein überführter Lügner

MeinungVon Heike Vowinkel

Aktualisiert am 30.08.2023Lesedauer: 3 Min.
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Aiwanger mit dem Flugblatt: Nachdem sein Bruder sich als Verfasser bekannt hatte, gibt es immer neue Vorwürfe gegen den Söder-Vize.Vergrößern des Bildes
Aiwanger mit dem Flugblatt: Nachdem sein Bruder sich als Verfasser bekannt hatte, gibt es immer neue Vorwürfe gegen den Söder-Vize. (Quelle: Frank Hoermann/SVEN SIMON/imago-images-bilder)

Fünf Tage hat Hubert Aiwanger zur Affäre um das Hetz-Flugblatt in seiner Schultasche geschwiegen. Jetzt hat er sich erstmals öffentlich geäußert. Doch statt aufzuklären, verdreht er die Wahrheit.

Es ist schon ein bemerkenswerter Vorgang. Hubert Aiwanger hat sein Schweigen gebrochen – am Tag fünf der Affäre um jenes den Holocaust verhöhnende Flugblatt, das vor 35 Jahren in seiner Schultasche gefunden wurde. Tagelang herrschte – ungewöhnlich für ihn – Stille.

Der bayerische Vizeministerpräsident und Vorsitzende der Freien Wähler schwieg, seit er am Samstag erklärt hatte, ja, in seiner Schultasche sei das Pamphlet gefunden worden und er wisse, wer es verfasst hat. Kurz darauf bekannte sich sein Bruder dazu. Ein Sturm der Entrüstung ist seitdem über Hubert Aiwanger hereingebrochen.

Nun also hat er sich erstmals wieder öffentlich geäußert. Und was sagt er? Eine "Schmutzkampagne" sei es, die gegen ihn gestartet wurde. Ein mieses Manöver in Zeiten des Wahlkampfes also. Nicht er, die anderen, vor allem die Medien, seien schuld. Er – so muss man seine Worte wohl deuten – ist also das Opfer in dieser Geschichte. Doch das ist eine grobe Verdrehung und Umdeutung dessen, was tatsächlich passiert ist.

Denn am Anfang stand Aiwangers Lüge. Wie die "Süddeutsche Zeitung" berichtete, hat ein ehemaliger Lehrer seines Gymnasiums ihr dieses Flugblatt zugespielt. Die Redaktion recherchierte weitere Details und konfrontierte ihn neun Tage, bevor sie ihren Artikel veröffentlichte, mit Fragen dazu. Doch Aiwanger ließ mitteilen, er habe "so etwas nicht produziert" und wies alle weiteren Fragen zurück, etwa die, ob das Flugblatt in seinem Schulranzen gefunden worden war oder ob ihn der Disziplinarausschuss der Schule bestraft habe. Er drohte gar mit juristischen Schritten gegen eine Veröffentlichung.

Was wäre passiert, wenn er nicht gelogen hätte?

Dachte er wirklich, damit einen Bericht verhindern zu können? Mit einer Lüge und mit Einschüchterung?

Man kann es kaum glauben. Aiwanger hätte klar sein müssen, dass nur die Wahrheit ihn hätte retten können. Denn was wäre wohl geschehen, hätte er die Fragen der "Süddeutschen Zeitung" wahrheitsgemäß beantwortet? Hätte er gesagt: Ja, dieses furchtbare Flugblatt war in meiner Schultasche, ich schäme mich zutiefst für den Inhalt und distanziere mich davon vorbehaltlos?

Was hätte die "Süddeutsche Zeitung" dann wohl berichten können? Sie hätte einen Artikel über ein grässliches Pamphlet in der Schultasche eines offenbar irregeleiteten 17-Jährigen schreiben können, der sich heute davon distanziert. Nach einem solchen Bericht hätte sich die Empörung in Grenzen gehalten. Sofern die "Süddeutsche Zeitung" dann überhaupt noch berichtet hätte.

Doch Aiwanger hat diese Chance vertan. Er muss sich daher die Frage gefallen lassen: Warum?

Sicherlich hat sich auch die "Süddeutsche Zeitung" keinen Gefallen getan, als sie in ihrem ersten Artikel über das Faltblatt in Aiwangers Schultasche nicht nüchtern und neutral berichtete, sondern die recherchierten Fakten mit Meinung und Geraune vermischte. Als sie gewollt nach einem "roten" oder besser "braunen Faden" im Lebenslauf des Hubert Aiwanger suchte. Das war unnötig.

Aiwangers Lüge dagegen war nicht nur unnötig, sie war fatal. Erst durch sie ist die Geschichte so groß geworden. Er ist nicht das Opfer einer medialen "Schmutzkampagne". Er ist ein überführter Lügner, der durch sein Verhalten alles nur noch schlimmer gemacht hat – und weiter macht.

Denn er nutzt die Mär von der "Schmutzkampagne" nun als willkommene Wahlkampf-Erzählung, stilisiert sich damit zum Märtyrer. Viele seiner Anhänger scheinen ihm das abzukaufen.

Doch wird ihn das politisch auch auf Dauer retten? 25 Fragen zum Flugblatt und zu seiner Entstehung hat das bayerische Kabinett Aiwanger am Dienstag mitgegeben. Er soll sie schriftlich beantworten. Wenn die Antworten vorliegen, wird sich zeigen, ob er auch mit der Wahrheit überzeugen kann.

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