Norbert Röttgen ist ein seltener politischer Absturz widerfahren. "George Clooney vom Rhein" wurde er in Nordrhein-Westfalen genannt. "Muttis Bester" hieß er in Berlin, wo er einst als der Kanzlerin besonders nahestehend galt. Ihm wurde das Potenzial zugesagt, selber einmal Kanzler zu werden. Doch dann kam der Landtagswahlkampf in Nordrhein-Westfalen - und alles wurde anders.
Der Bundesumweltminister machte als CDU-Landesvorsitzender und Spitzenkandidat in diesem Wahlkampf in vielen Augen eine bemerkenswert schlechte Figur. Seine intellektuellen Fähigkeiten und sein politisches Talent werden zwar von kaum jemandem angezweifelt. Der promovierte Jurist gilt aber als ausgesprochener Kopfmensch. Er ließ bis zur Wahl offen, ob er auch als Oppositionsführer nach Düsseldorf gehen würde - oder doch lieber Umweltminister in Berlin bliebe.
Schlechtestes NRW-Ergebnis der CDU
Viele nahmen ihm das sehr übel. Röttgen, 46 Jahre alt und Vater von drei Kindern, fuhr mit 26,3 Prozent das schlechteste Ergebnis der CDU in Nordrhein-Westfalen ein.
Schon 2006 gab es einmal eine Situation, in der er sich erst nicht hatte entscheiden wollen: Röttgen wollte Lobbyist für den Bundesverband der Deutschen Industrie werden und gleichzeitig sein Bundestagsmandat behalten. Ein Irrweg, vor dem ihn seine Frau Ebba vergeblich gewarnt hatte. Röttgen zog zurück, blieb in der Politik.
Kaum Nähe zum Volk
Er war es, der gegen Widerstände in der schwarz-gelben Koalition den Atomausstieg vorantrieb. Er gilt als Modernisierer in seiner Partei und Türöffner zu den Grünen. Den Konservativen in seiner Partei war er ein Dorn im Auge.
Ein volksnaher Straßenwahlkämpfer zum Anfassen war Röttgen nie. Er wirkte nüchtern, kam eher als "Klassenprimus" denn als "Landesvater" rüber. Dass er bisweilen als Karrierist bezeichnet wird, trifft ihn. "Es stimmt einfach nicht. Ich habe immer mit Leidenschaft Politik gemacht", verteidigt der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende seine vielfältigen Ambitionen.