Chinesische Studierende bekommen Liebesferien

In China erhalten Studierende eine Woche Ferien zum Verlieben. Hinter der Initiative steckt ein systematisches Problem, mit dem die chinesische Gesellschaft konfrontiert ist.
Chinesische Studentinnen und Studenten von neun Berufsschulen kΓΆnnen sich ΓΌber eine Woche Liebesurlaub im April freuen. Die Schulen wollen, dass sich die Studierenden vom 1. bis zum 7. April amΓΌsieren. "Verlassen Sie den Campus, treten Sie in Kontakt mit der Natur und spΓΌren Sie mit Ihrem Herzen die SchΓΆnheit des FrΓΌhlings", so das Mianyang Aviation Vocational College in einer ErklΓ€rung. ZunΓ€chst berichtete die US-amerikanische Nachrichtenplattform "Insider" darΓΌber. "Die Schule implementiert das Spring-Break-System in der Hoffnung, dass die SchΓΌler lernen kΓΆnnen, die Natur zu lieben, das Leben zu lieben und die Liebe zu genieΓen", erklΓ€rt das College weiter.
Die teilnehmenden Hochschulen sind dem Bericht zufolge alle Berufsschulen der Luftfahrtindustrie. Dort werden Pilotinnen, Flugbegleiter und -lotsen sowie Flughafensicherheitspersonal ausgebildet. Bereits 2019 hatten Studierende und LehrkrΓ€fte eine Woche frei. In diesem Jahr steht die einwΓΆchige Pause erstmals unter dem romantischen Motto "BlΓΌten genieΓen, sich verlieben".
Der Grund fΓΌr die ausgerufene Liebeswoche sind wohl die drastisch sinkenden Geburten- und Heiratsraten in China. Auf verschiedene Weisen experimentieren lokale Unternehmen, Provinzen und Gemeinden, um die Menschen dazu zu bewegen, den Bund fΓΌrs Leben zu schlieΓen. So haben einige Provinzen in China laut "Insider" bis zu 30 Tage bezahlten "Eheurlaub" angeboten.
Immer weniger Paare heiraten
Mit dieser MaΓnahme erhofft sich die Kommunistische Partei, die Geburtenrate anzukurbeln. "Insider" berichtet, einige Gebiete in China wΓΌrden sich bereits in "SingledΓΆrfer" verwandeln. Daher sollen "junge Frauen in lΓ€ndlichen Gebieten" auf Wunsch Pekings "ihre HeimatstΓ€dte lieben und aufbauen" und "hart daran arbeiten, das unausgewogene VerhΓ€ltnis von MΓ€nnern und Frauen auf dem Land zu verringern". In den sozialen Netzwerken stieΓ dieser Vorschlag auf Kritik. Frauen wΓΌrden damit objektifiziert und als Werkzeuge fΓΌr die Ehe inszeniert.
Im Jahr 2020 haben in China gerade einmal 8,13 Millionen Paare geheiratet: ein RΓΌckgang von 40 Prozent gegenΓΌber 2013. Das geht aus einem Bericht des asiatischen Nachrichtenportals "Nikkei Asia" hervor, der sich auf Daten des chinesischen Ministeriums fΓΌr Zivilangelegenheiten bezieht.
Trotz der freien Woche mΓΌssen die Studierenden Hausaufgaben erledigen. Sie sollen ReisetagebΓΌcher schreiben, Berichte ΓΌber ihre eigene Entwicklung verfassen oder Videos von ihren Reisen drehen. Um die verlorene Zeit aufzuholen, mΓΌssen sie am Wochenende Nachholkurse besuchen. In China ist es eine gΓ€ngige Praxis, dass Unternehmen den Mitarbeitenden mehr Zeit fΓΌr Urlaub mit ihren Familien geben. Die Arbeiter mΓΌssen diese Tage aber aufholen und am Wochenende arbeiten.
- insider.com: "Chinese colleges are giving students a week off to 'fall in love' as the country struggles to keep its birth rate up" (englisch)
- insider.com: "How a Chinese county's plan to fix declining marriages turned into 'operation warm the older men's beds' and sparked a social media firestorm" (englisch)
- asia.nikkei.com: "Marriages in China post biggest drop in decades amid pandemic" (englisch)