Verkehr Viele Radler fühlen sich in Städten nicht sicher

Fahrradfahren wird beliebter, auch für den täglichen Arbeitsweg. Doch wie gut und geschützt kommt man im oft hektischen Straßenverkehr voran? Eine große Befragung zeigt auch Risikosituationen.
Wie breit und eben sind die Radwege? Und wie aggressiv oder fair läuft es mit den Autos und allen anderen im Ortsverkehr? Die Bedingungen zum Fahrradfahren werden laut einem Stimmungsbild in mehreren deutschen Großstädten besser - beim Sicherheitsgefühl gibt es aber generell noch viele Sorgen. Kritische Punkte sind weiterhin zu schmale oder zugeparkte Radwege und dass Autos zu dicht überholen, wie der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) nach einer Befragung für seinen neuen "Fahrradklima-Test" mitteilte.
Viele tendenziell mit mulmigem Gefühl
Der ADFC-Bundesvorsitzende Frank Masurat sagte: "Mehr als zwei Drittel der Radfahrenden fühlen sich im Straßenverkehr nicht sicher." Das müsse sich ändern. An Hauptachsen und Landstraßen brauche der Radverkehr eine eigene, separate Führung, die in ein zusammenhängendes Wegenetz eingebunden sei. In dem Stimmungsbild gaben demnach rund 70 Prozent an, dass man sich bei ihnen vor Ort auf dem Rad tendenziell eher "gefährdet" als "sicher" fühlt. Oft schlecht bewertet wird demnach auch die Wegführung bei Straßenbaustellen.
Beim Fahrradklima-Test konnten Radfahrerinnen und Radfahrer von September bis Ende November 2024 Einschätzungen zu ihrer Stadt abgeben - etwa zu Radwegen, Abstellmöglichkeiten, Ampelschaltungen oder riskanten Situationen. Für die Ergebnisse ausgewertet wurden dann 184.500 Fragebögen für 1.047 Orte, in denen eine Mindestbeteiligung erreicht war. Bei Städten mit mehr als 200.000 Einwohnern liegt die Schwelle zum Beispiel bei 100 Teilnehmern. Aus Berlin kamen 7.415 Rückmeldungen, aus München 4.552, aus Düsseldorf 1.913.
Fahrradfreundlichere Metropolen
Bei der allgemeinen Fahrradfreundlichkeit hätten sich 10 von 15 Großstädten mit mehr als 500.000 Einwohnern in der Wahrnehmung der Radlerinnen und Radler "signifikant verbessert", erklärte der ADFC. Am besten schnitt in dieser Größenkategorie Frankfurt am Main ab, das auf einer Skala von 1 bis 6 in Anlehnung an die Schulnoten die Bewertung 3,49 erhielt. Unter den Städten von 200.000 bis 500.000 Einwohnern bekam Münster die beste Bewertung mit 2,97. Bei 100.000 bis 200.000 Einwohnern war es Erlangen mit der Note 3,13.
Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) sagte, die Gewinnerstädte zeigten: "Gute Maßnahmen vor Ort steigern spürbar die Zufriedenheit im Radverkehr." Die Förderung trage Früchte. Einen größeren Nachholbedarf gebe es aber noch bei kleineren Städten und auf dem Land.
Auch ADFC-Chef Masurat wies auf sofortige Effekte hin, wenn in sichere Radwege, Fahrradbrücken oder Fahrradparkplätze investiert wird. Orte in hügeliger Landschaft wie Tübingen und die sächsische Kleinstadt Auerbach im Vogtland hätten es ebenfalls geschafft, fahrradfreundlicher zu werden - wozu auch immer beliebtere Pedelecs mit unterstützendem Elektroantrieb beitrügen.
Das Konzept der alle zwei Jahre vorgenommenen Befragung zielt nach ADFC-Angaben nicht auf einen repräsentativen Querschnitt der Bevölkerung, sondern einen "möglichst breiten Kreis an Viel- und Gelegenheitsradfahrern". Der Fahrradklima-Test wird vom Bundesverkehrsministerium unterstützt.
Grüne Wellen für Radler attraktiv
Unter den 15 größten Städten verbesserte sich Nürnberg im Vergleich zur Befragungsaktion 2022 am stärksten. Punkten konnte die Franken-Metropole aus Teilnehmersicht mit fahrradfreundlichen Ampelschaltungen und der Qualität neuer Radwege. In Leipzig wurden stärkere Kontrollen falsch parkender Autos positiv bewertet, in Frankfurt neue Radwege und geschützte Radfahrstreifen, weitere Fahrradstraßen und mehr Radbügel zum Abstellen und Anschließen. Schlechter als 2022 fiel das Stimmungsbild unter anderem in Berlin, Düsseldorf und Essen aus. Kritisiert wurde demnach etwa eine fehlende Radförderung.
Minister gegen Helmpflicht auf dem Rad
Insgesamt nimmt der Fahrradverkehr in Deutschland zu. Beim Wegenetz und Abstellmöglichkeiten gibt es aber Ausbaupotenzial, wie es im "Nationalen Radverkehrsplan" heißt, den noch die alte Regierung im Frühjahr vorlegte.
Ziel ist auch eine Trendwende für mehr Sicherheit. Im vergangenen Jahr starben laut Statistischem Bundesamt 441 Radfahrerinnen und Radfahrer bei Unfällen - gut 11 Prozent mehr als 2014. Hintergrund ist vor allem ein Anstieg Pedelecs. Schnieder sagte, das größte Maß an mehr Sicherheit könne durch die bauliche Trennung von Verkehrsräumen geschaffen werden. Er könne jedem auch nur dringend empfehlen, einen Helm zu tragen. "Ich persönlich würde das nicht als Pflicht ausgestalten", sagte er aber auf eine entsprechende Frage.
- Nachrichtenagentur dpa