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Weihnachtswetter: Ein Blick in die Winter-Glaskugel


Matsch oder dicke Flocken?
Bauern, Hähne, Wetterfrösche: Ein Blick in die Winter-Glaskugel

MeinungVon Michaela Koschak

12.11.2019Lesedauer: 4 Min.
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Eine strahlende Winterlandschaft: Wie das Wetter in den kommenden Monaten wird, wissen weder die Bauern, noch Hähne oder Wetterfrösche. Aber eins stimmt: früher war mehr Schnee, sagt Michaela Koschak.Vergrößern des Bildes
Eine strahlende Winterlandschaft: Wie das Wetter in den kommenden Monaten wird, wissen weder die Bauern, noch Hähne oder Wetterfrösche. Aber eins stimmt: früher war mehr Schnee, sagt Michaela Koschak. (Quelle: imago-images-bilder)

Es ist kalt, sehr kalt. Kein Wunder: Der Winter steht vor der Tür. Doch in welchem Gewand kommt er daher? t-online.de-Wetterkolumnistin Michaela Koschak über weiße Weihnachten und strahlende Kindheitserinnerungen.

Wahnsinn, in sechs Wochen steht das Christkind vor der Tür. Gefühlt war gestern noch Sommer und nun klopft schon wieder die Adventszeit an. Also ich empfinde es so, je älter ich werde: Jedes Jahr vergeht schneller, die Zeit rast mir davon. Als Kind habe ich immer mit den Augen gerollt, wenn Erwachsene das von sich behauptet haben. So ändern sich die Dinge.

Manches ändert sich nie. Zum Beispiel die Vorstellung vom Winter: klirrende Kälte, tiefblauer Himmel, Sonnenschein, auf zugefrorenen Seen Schlittschuh laufen oder nach einer Nacht Dauerschneefall einen Schneemann bauen und Rodeln gehen. So haben Sie wahrscheinlich alle den Winter aus Ihrer Kindheit in Erinnerung, oder? Aber unser Gehirn spielt uns einen Streich. Natürlich war auch früher nicht jeder Winter solch ein Traum. Auch damals gab es wochenlanges Dauergrau bei drei Grad und Nieselregen. Aber im Gedächtnis bleiben eben nur die besonderen Dinge.

Jetzt wird der eine oder andere protestieren und sagen: "Aber heutzutage gibt es überhaupt keine richtigen Winter mehr, es fällt kaum noch Schnee und wenn dann bleibt er meist nicht lange liegen." Und da gebe ich Ihnen recht, unsere Winter in Deutschland sind laut Statistik verbreitet schneeärmer geworden und das wird durch die Erderwärmung auch weiterhin so bleiben. Es kann sogar noch weniger Schnee geben, weiße Flocken werden bei uns zunehmend die Ausnahme sein. Das bedeutet aber nicht automatisch, dass es nie mehr schneien wird.

Der Jetstream wird langsamer

Die Erklärung dafür sehen Wissenschaftler im Jetstream. Dieser ist ein mäandrierendes Starkwindband in acht bis zwölf Kilometer Höhe. Der Polarjetstream bestimmt das Wetter bei uns: Liegen wir unter einem Wellenberg in der Höhe, gibt es meist Hochdruckgebiete, ein Wellental verursacht dagegen eher Tiefdruckwetter.

Die Erderwärmung macht sich vor allem am Nordpol bemerkbar, dadurch nehmen die Temperaturunterschiede zwischen Pol und Äquator auf der Nordhalbkugel ab. Da die Natur das Gleichgewicht liebt und der Wind Temperaturunterschiede ausgleicht, sorgt der Jetstream für diesen Ausgleich der polaren und subtropischen Luftmassen. Da nun die Temperaturunterschiede nicht mehr so groß sind, beobachten die Wissenschaftler ein Langsamerwerden des Jetstreams, er muss ja nicht mehr so große Temperaturunterschiede ausgleichen. In der Folge halten die Wetterlagen bei uns länger, etwa die wochenlangen Hochdruckgebiete im Sommer 2018 und in diesem Jahr, die Trockenheit und Hitze brachten. Die sogenannten Omegawetterlagen.

Aber das kann auch bedeuten, dass sich eine kalte Winterwetterlage einstellt, die über Wochen hält. Somit widersprechen sich Erderwärmung und harte, eisige Winter in unseren Breiten nicht. Im Gegenteil. Die Extreme müssen nun nicht automatisch jedes Jahr auftreten, aber sie sind durchaus möglich.

Allerdings kann man über den Winter, der uns nun erwartet, noch nicht mehr sagen. Meteorologen, die das tun, sind unseriös. Wir Meteorologen sind keine Hellseher und die Atmosphäre ist ein chaotisches System. Unsere Wettermodelle sind deutlich besser geworden als noch vor zehn Jahren, dennoch sind gute Prognosen für mehr als 10 bis 14 Tage nicht möglich. Und auch da kann man nur einen Temperaturtrend angeben und keine punktgenaue Vorhersage machen. Das galt für den Sommer und gilt für den Winter.

So wissen wir auch je nach Wetterlage erst drei bis sieben Tage vor Weihnachten, was uns dieses Jahr an den Feiertagen erwartet – wettermäßig. Mehr können Wettermodelle und wir Wetterfrösche nicht sinnvoll leisten. Klar ist, die Wahrscheinlichkeit auf "weiße Weihnachten“ ist in den Bergen deutlich höher als am Rhein oder an der See. Da ist es eher die große Ausnahme, dass es an Heiligabend schneit. Und auch über das, was danach kommt, kann man jetzt noch nicht mehr sagen.

Der Oktober war nass und mild – und nun?

Bauern beobachten das Wetter aus Eigennutz immer sehr genau und haben das auch vor Jahrhunderten schon getan. Dabei haben sie einige recht häufig eintretende signifikante Wetterlagen erkannt. So gibt es auch einige Bauernregeln, die einen Zusammenhang zwischen dem Oktoberwetter und dem bevorstehenden Winter sehen. Zum Beispiel: "Ist der Oktober warm und fein, kommt ein scharfer Winter drein. Ist er aber nass und kühl, mild der Winter werden will."

Für dieses Jahr bringt uns das leider nicht viel, denn es war sowohl mild, als auch nass – was soll uns das nun sagen? Auch der September präsentierte sich nicht außergewöhnlich genug, um eine häufig eintreffende Bauernregel für den Winter zu finden. Warten wir auf den November: Wenn es dann viel Nebel geben wird, soll der Winter sehr schneereich werden. Heißt es.

Sie sehen, auch bei den Bauern gibt es viel "könnte" und "vielleicht", denn auch sie können sich da, genauso wie der Wetterfrosch im Glas, schlichtweg nicht sicher sein. Nur der Hahn weiß es genau: Denn kräht er auf dem Mist, ändert sich das Wetter, oder es bleibt wie es ist.

Also lassen wir uns doch einfach überraschen. Mit der richtigen Kleidung kann uns kaum ein Wetter etwas anhaben. Gehen Sie häufig raus, atmen Sie viel frische Luft ein – und genießen Sie die (Vor-)Weihnachtszeit.

Michaela Koschak ist Wetter- und Klimaexpertin und kennt sich mit der Atmosphäre bestens aus. Wenn Sie manchmal unsicher sind, was es mit der Klimakrise und dem Wetter auf sich hat, lesen Sie die Kolumne unserer Diplom-Meteorologin. Je mehr Sie zum Thema wissen, desto weniger verfallen Sie in Panik und desto bewusster und schonender gehen Sie mit der Umwelt um.

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