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Leonie Bremer: Die Klimakrise trifft vor allem die Frauen


Besonders Frauen betroffen
Die Opfer der Klimakrise finden kein Gehör

MeinungEin Gastbeitrag von Leonie Bremer und Hilda Flavia

08.03.2020Lesedauer: 4 Min.
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Ugandische Frauen bestellen ein Feld: Sie sind besonders hart von der Klimakrise betroffen, da sie für Lohnausfälle kaum entschädigt werden.Vergrößern des Bildes
Ugandische Frauen bestellen ein Feld: Sie sind besonders hart von der Klimakrise betroffen, da sie für Lohnausfälle kaum entschädigt werden. (Quelle: imago-images-bilder)

Die Klimakrise bedroht das Leben, wie wir es kennen. Eine Gruppe trifft es schon jetzt besonders hart: Frauen. "Fridays for Future"-Sprecherin Leonie Bremer und ihre Mitstreiterin Nakabuye Hilda Flavia fordern in einem Gastbeitrag Unterstützung aus der Politik.

An Bundeskanzlerin Angela Merkel und die RegierungschefInnen weltweit:

Wir sind Hilda und Leonie; Frauen, die mit aller Kraft gegen die Klimakrise und gegen die Ungleichheit der Geschlechter kämpfen.

Hilda
Ich bin an drei verschiedenen Orten in Uganda aufgewachsen. Bei meiner Tante, meiner Mutter und bei meinem Vater. Das Einzige was für mich immer zählte, war, zur Schule gehen zu können. Leider kam die Zeit, in der mein Vater meine Schulgebühren nicht mehr bezahlen konnte und ich verpasste drei Monate lang den Unterricht. Schuld daran war die Klimakrise, die unseren Garten zerstörte und damit unsere Lebensgrundlage. Starker Regen spülte unsere Pflanzen weg, immer wiederkehrende Dürren trockneten die Bäche aus und starke Winde führten zu Schädlingsbefall. Das Ungerechte an der Klimakrise ist, dass genau die Länder, die am wenigsten dazu beitragen, von den Auswirkungen am stärksten getroffen sind.

Ich habe durch die Klimakrise schon viele Leute sterben sehen und es sterben immer mehr Menschen täglich, da die Situation sich weiterhin verschlimmert. Trotzdem wird von den Mächtigen in unserer Gesellschaft nichts unternommen, um etwas zu ändern. Der Einfluss der Klimakrise erinnert mich an den Rassismus und die Apartheit, die meine Vorfahren ertragen mussten.

Ich leide ständig unter den starken Auswirkungen der Handlungen, Aussagen und Habgier von den Machthabern unserer Gesellschaft. Dabei erhalte ich keine oder nur sehr geringe Unterstützung von Industrieländern. Stattdessen tragen diese unbeschwert weiter zu steigenden Emissionen bei, die verantwortlich für all die unschuldigen Leben sind, die im Globalen Süden bereits verloren sind. Eigentlich sollte es an der Zeit sein, dass besonders Industrieländer mit anpacken, ihren moralischen Verpflichtungen nachkommen und den Schaden beheben, den sie angerichtet haben.

Leonie
Während Hilda eine "Fridays for Future"-Aktivistin wurde, weil die Klimakrise ihr Leben direkt beeinflusste, wären mir ohne sie die Auswirkungen niemals so direkt bewusst geworden. Ich lebe in Deutschland, wo die Bevölkerung den Luxus besitzt, die Auswirkungen der Klimakrise noch immer zu ignorieren. Deutschland ist reich genug, um Ernteausfälle durch Dürren auszugleichen, indem es die Produkte anderswo kauft und importiert. Mein Leben war bisher unbeschwert und ich war nie gezwungen eine Mahlzeit, einen Schultag oder einen Ferientag ausfallen zu lassen.

Während wir im Zug zur Weltklimakonfrenz saßen, hat mir Hilda ihre Geschichte anvertraut und mir gezeigt, dass das Land, in dem ich lebe, seiner Verantwortung nicht gerecht wird. Deutschland wird immer als eines der führenden Länder in Sachen Klimaschutz dargestellt. Das ist sehr widersprüchlich, denn es hat den vierthöchsten CO2-Fußabdruck pro Kopf auf der Welt (laut CO2-Bericht des Joint Research Center).

Leonie Bremer ist Mitorganisatorin und bundesweite Pressesprecherin von "Fridays for Future". Sie ist Studentin der Umwelt- und Energiewirtschaften und lebt in Köln.

Es ist abscheulich, dass eine wachsende Wirtschaft das wichtigste Ziel für Deutschland ist, obwohl genau das jetzt schon Menschen das Leben kostet. Die Klimakrise ist das Ergebnis des ökonomischen und industrialisierten Systems unserer patriarchalischen Gesellschaft. Im Kontrast dazu sind Gruppen von KlimaaktivistInnen zumeist von Frauen dominiert, da diese durch die Klimakrise besonders betroffen sind. Durch die Folgen werden Menschen vertrieben – 80 Prozent davon sind Frauen, erklären die Vereinten Nationen.

Hilda
Die Klimakrise hat ein weibliches Gesicht. In meinem Umfeld wird ein Großteil der Nutzpflanzen auf kleinen Farmen von Frauen angebaut, wodurch unsere Ernährungssicherheit gewährleistet ist. Die Klimakrise gefährdet die Existenzgrundlage dieser Frauen, erzeugt Hunger, gesundheitliche Schäden und hat einen großen Einfluss auf die ganze Familie. Dürren und Überschwemmungen haben Ernteausfälle zur Folge. Für Landbesitzer ist das kein Problem, denn sie haben die Möglichkeit ihre Verluste durch Zahlungen staatlicher Entschädigungen zu kompensieren. Frauen hingegen wird traditionell das Recht auf Grundbesitz verwehrt, daher gefährden solche Wetterextreme besonders die Existenzgrundlage von Frauen und ihren Familien.

Als Frau mit afrikanischer Herkunft ist es keine Seltenheit, dass ich durch Rassismus, Sexismus, Kultur und Klassendenken unterdrückt werde. Durch die Klimakrise werden diese Diskriminierungsformen strukturell noch verstärkt.

Das ist der Grund, aus dem wir, Hilda und Leonie, uns verbündet haben.
Die Opfer der Klimakrise finden in unserer Gesellschaft aktuell kein Gehör. Das muss ein Ende haben. Die Ängste und das Leid dieser Menschen müssen gesehen werden.

Wir haben verstanden, dass die Klimakrise die existentiellste Gefahr für alle Menschen darstellt, besonders für uns Frauen.

Wir müssen uns zusammenschließen und die Klimakrise über kontinentale Grenzen hinaus gemeinsam bekämpfen. Wir müssen uns für Klimaschutz ohne Sexismus, Rassismus und Unterdrückung einsetzen und die Regierungen dazu bewegen, dasselbe zu tun.

Fridays for now!

Hilda & Leonie

Die in Gastbeiträgen geäußerten Ansichten spiegeln die Meinung der Autorin (oder: des Autors) wider und entsprechen nicht notwendigerweise denen der t-online.de-Redaktion.

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