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Wegen Coronavirus: Ein Newsblog aus dem Homeoffice-Alltag von t-online.de


Redakteure im Homeoffice
Verlorenes Zeitgefühl: Welchen Tag haben wir? Und welches Jahr?

Von t-online, loe, ari, cja, ds, sle

Aktualisiert am 10.04.2020Lesedauer: 6 Min.
Mundschutz selber basteln? Das lasse ich mir nicht zweimal sagen! (Bitte nicht nachmachen)Vergrößern des BildesMundschutz selber basteln? Das lasse ich mir nicht zweimal sagen! (Bitte nicht nachmachen) (Quelle: privat)
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Neue Herausforderungen erfordern neue Wege: Für die Welt, unser Land und jeden Einzelnen. Sechs Redakteure berichten, was sie jetzt beschäftigt, sorgt oder freut. Denn das Coronavirus bringt auch ganz neue Erkenntnisse.

Auch die t-online.de-Redaktion arbeitet aktuell im Homeoffice. Es war ein seltsames Gefühl, die gewohnten Redaktionsräume bis auf unbestimmte Zeit zu verlassen. Welche Gedanken, Alltagsprobleme, aber auch kleine und schöne Momente uns alle beschäftigen und verbinden, lesen Sie in diesem Newsblog der etwas anderen Art. Vielleicht finden Sie sich ja auch selbst in den Geschichten wieder?

10. April, 10.25 Uhr: Kleine Alltagserfolge oder vom pochierten Ei zum Meister des Frühstücks von Charlotte Janus

Nutze die Zeit sinnvoll, denn normalerweise hast du sie nicht. Das bekomme auch ich aktuell immer wieder zu hören. Investiere die Zeit in Projekte, setze Dinge um, die du schon lange
machen wolltest, bilde dich fort! Diese Ansagen hören sich erstmal sinnvoll an. Doch wir befinden uns nun einmal in einer Krise. Da herrschen andere Bedingungen als unter normalen Umständen.

Ich denke nicht, dass man von Menschen verlangen kann, in der Krise sein Leben zu optimieren und zu einem besseren Menschen zu werden. Für einige ist die Situation schwerer erträglich als für andere. Manch einer hofft einfach nur darauf, dass das alles bald vorbei ist und kann sich jetzt gerade nicht auf große Projekte konzentrieren. Das ist völlig in Ordnung. Jeder muss auf seine eigene Weise versuchen, mit der Situation fertigzuwerden.

Ich habe mir aber tatsächlich vorgenommen, Neues zu lernen. Das muss nicht immer etwas Großes sein. Denn auch kleine Fortschritte im Alltag bereiten mir Freude. Mein Erfolg der vergangenen
Tage: Ich kann jetzt pochierte Eier zubereiten. Bei meinen ersten Versuchen sind die Eier im Topf völlig zerfleddert. Das Eiweiß ist überall im Topf herumgewirbelt und hat sich verteilt. Konnte man essen, sah aber äußerst unschön aus. Jetzt sind sie schön und kompakt.

Der Wegfall des Arbeitsweges schenkt mir morgens eine halbe Stunde. Ich will sie nutzen, um das Frühstück zu perfektionieren. Das gibt eine Extraportion Kraft für den Arbeitstag. Ich freue
mich auf weitere Kochexperimente und bin auch darüber hinaus gespannt, was ich
in den kommenden Wochen noch alles lernen werde.

31. März, 16.15 Uhr: Welchen Tag haben wir? Und welches Jahr? – von Anna Aridzanjan

Ich verliere fast jegliches Gefühl für Zeit. Wir haben (außer meiner Arbeitszeiten im Homeoffice) keine Struktur mehr. Was für ein absurdes Gefühl: Die völlige Freiheit von Terminen und Plänen lässt uns schwimmen, gibt uns gleichermaßen Freiheit und Überforderung. Ich weiß kaum noch, welcher Wochentag ist, geschweige denn das Datum. Beim Blick auf den Kalender erschrecke ich mich: Es ist ja immer noch März?

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Was den Alltag mit Kind betrifft, befinden wir uns im Spannungsfeld von "himmelhoch jauchzend" bis "zu Tode betrübt". Mal findet unsere Tochter es wahnsinnig toll, so viel Zeit mit uns zu verbringen, morgens nicht gehetzt werden zu müssen, Kuchen zum Frühstück zu essen und jeden Quatsch mit uns machen zu dürfen. Und mal hat sie einfach nur die Nase voll von uns. Sie braucht Abwechslung, andere Kinder. Und als Einzelkind ist sie nun einmal in der Unterzahl. Das ist gemein, aber gerade leider nicht zu ändern.

Was wir Eltern machen können: Noch mehr mit ihr herumalbern, noch mehr Verständnis zeigen, noch mehr zum Kind werden. Es ist für uns alle eine Ausnahmesituation. Und wenn es hilft, im Spiel den Partyhut zum Mundschutz umzufunktionieren, dann machen wir das eben!

31. März, 15.42 Uhr: Dieses Draußen – es gibt mir nichts mehr (außer Burger) – von Charlotte Janus

Es ist ein komisches Gefühl, nach zwei Wochen zum ersten Mal die Wohnung zu verlassen. Wie mag die Welt jetzt wohl aussehen, frage ich mich. In meinem Kopf spielen sich dystopische, postapokalyptische Szenen ab: Alles ist verrammelt, es herrscht gespenstische Stille, wenige Menschen sind nur auf der Straße zu sehen. Diese huschen in Schutzmasken durch die Gegend. Alle versuchen, bloß keine Präsenz eines anderen zu spüren, und suchen schnellstmöglich wieder Zuflucht in der virenfreien Geborgenheit des eigenen Heims. Hoffentlich schaffe ich es, die Regeln dieser neuen Welt zu befolgen. Ich will da nicht hin, in dieses Draußen. Aber ich muss einkaufen.

Was ich sehe, als ich auf die Straße trete, überrascht mich. Viele Geschäfte haben zu. Aber: Die Buchhandlung an der Ecke ist offen, auch Feinkostläden scheinen in Berlin zum lebensnotwendigen Bedarf zu gehören. Die Straßen sind voll, am Platz sitzen Menschen mit ihrem Coffee to go und quatschen mit Freunden. Ausweichen tut mir auf dem Gehweg auch selten jemand. Die Normalität ist erschreckend. Nimmt eigentlich irgendjemand dieses Virus ernst?

Beim Supermarkt muss ich eine halbe Stunde anstehen, bevor ich reinkomme. Es ist also doch etwas anders. Auf dem Nachhauseweg hole ich mir einen Burger. Nach zwei Wochen immer abwechselnd Nudeln oder Curry, eine traumhafte Alternative. Vor dem Laden randalieren vier betrunkene Jugendliche. Als ich versuche, ihnen aus dem Weg zu springen, pöbeln sie mich an: "Haste etwa Corona-Angst, oder was?" Das Draußen gefällt mir nicht mehr, weil viele Menschen sich benehmen als sei alles wie immer. Glücklicherweise erzählt mir eine Freundin, dass die Menschen anderswo in Berlin umsichtiger seien.

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26. März, 20.45 Uhr: Eine Ode an die Festivals oder: Dieses Jahr müssen wir uns der Realität stellen von Sophie Loelke

Ich möchte betonen, dass ich froh bin, gesund zu sein und meine Familie ebenfalls gesund zu sehen. Was aber nicht heißt, dass ich nicht auch sehr traurig bin, auf viele schöne Events und Reisen verzichten zu müssen (und wie es aussieht, bald auch auf Toilettenpapier, wenn das so weitergeht!). Wir müssen nicht gleich in ausartendes Selbstmitleid versinken. Aber dass, was wir hier erleben, ist neu. Jeder Einzelne hat dadurch seine persönlichen Einbußen.

Daher: Trotz unseres Wissens um die teils dramatische Weltlage haben wir das Recht, auch unsere eigenen kleinen Verluste zu bedauern. Dadurch können wir damit abschließen und sie uns innerlich für nächstes Jahr zurechtlegen. Und uns vielleicht auch etwas von den bedrohlicheren Schlagzeilen ablenken, die wir jeden Tag lesen. Das tue ich hin und wieder.

Ein Beispiel: Für meine Freunde und mich sind Festivals die Highlights des Jahres. Sie sind mein persönlicher Spielplatz, um in den Worten der Tochter meiner Kollegin Anna zu sprechen. Kaum ist eines zu Ende, freuen wir uns bereits auf das nächste Jahr. Vergleichbar mit Fernweh oder Vorfreude auf große Reisen. Aber bald kann es für jedes einzelne heißen: Gestrichen. Die ersten sind bereits abgesagt.

Die Vorstellung, erstmals auf diese Musikfestivals verzichten zu müssen, ist absurd. Verzichten auf diese Tradition. Auf dieses friedliche Zusammenkommen von Menschen, die alle aus denselben Gründen da sind: Musik. Liebe. Gemeinschaft. Denn es ist für mich nicht einfach "nur feiern gehen", sondern eine Einstellung, eine Zelebrierung von Freiheit. Klingt groß für ein bisschen Musik und Tanzen? Fühlt sich aber tatsächlich so an!

Die Festivalzäune grenzen die Erde da draußen von der musikerfüllten Blase innerhalb der Gatter ab. Die Menschen in dieser Blase leben für ein Wochenende in einer ganz anderen Welt – fernab der Realität. Geflüchtet, um den Kopf frei zu tanzen, um einmal keine Informationsflut an Schlagzeilen zu lesen, um für ein Wochenende nur Lebenslust zu spüren. Dort sind wir alle gleich und frei. Niemand wird für irgendetwas angeprangert. Wir können uns kleiden, wie wir wollen, können uns bewegen, wie wir wollen.

Es wäre genau das Richtige nach so einer Krise. Nur ist es noch nicht "Danach"

Ein Hoffnungsschimmer hakt sich dennoch ganz hinten in meinem Kopf fest. Ähnlich wie bei meiner Kollegin Anna und ihrer kleinen Tochter, die auch einfach nur wieder auf ihren Spielplatz möchte. Wer weiß, was noch für Wunder passieren könnten? Der Durchbruch beim Impfstoff, ein plötzliches Abklingen der Infektionen … Alles erholt sich schnell. Aber der Schimmer lässt nach. Ich akzeptiere es langsam. Die Kollegen von "Vice" haben die Gefühle von Festivalliebhabern passend zusammengefasst: Letztendlich sollten wir uns diesen Sommer wohl nicht aus der Realität flüchten, sondern uns ihr knallhart stellen und alles dafür tun, dass Normalität zurückkehren kann. Nach und nach. Alle gemeinsam. Dann freuen wir uns umso mehr auf das nächste Jahr.

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