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Syrischer Folterer | Justizminister: Urteil als "Pionierarbeit" für ganze Welt


Prozess gegen syrischen Folterer
Justizminister: Urteil leistet "Pionierarbeit" für ganze Welt

Von afp, dpa, cck

Aktualisiert am 13.01.2022Lesedauer: 3 Min.
Der Angeklagte im Gericht (unkenntlich gemacht): Der Syrer wurde wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt.Vergrößern des BildesDer Angeklagte im Gericht (unkenntlich gemacht): Der Syrer wurde wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt. (Quelle: Thomas Frey/dpa)
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Es ist sein "Meilenstein des Völkerrechts": Das weltweit erste Urteil gegen syrische Staatsfolter löst zahlreiche Reaktionen aus. Justizminister Buschmann hofft auf Nachahmer auf der ganzen Welt.

Ein Jahrzehnt nach Beginn des syrischen Bürgerkriegs hat ein deutsches Gericht ein historisches Urteil gefällt: lebenslange Haft für einen Mann, der in einem Gefängnis für Folter verantwortlich gewesen sein soll. Mehr dazu lesen Sie hier. Das hat zahlreiche Reaktionen hervorgerufen, die Rede ist von einem "Meilenstein des Völkerrechts".

Justizminister: Vorbild für weltweite Strafverfolgung

Bundesjustizminister Marco Buschmann bezeichnete das weltweit erste Urteil gegen syrische Staatsfolter als "Pionierarbeit" und hofft auf Gerichte in anderen Staaten. Der Koblenzer Richterspruch verdiene es, weltweit wahrgenommen zu werden, sagte der FDP-Politiker. "Ich würde es begrüßen, wenn andere Rechtsstaaten diesem Beispiel folgen. Wer Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat, darf nirgendwo sichere Rückzugsräume finden."

In den Foltergefängnissen des Assad-Regimes sei entsetzliches Unrecht geschehen. Laut Minister Buschmann macht das Urteil klar, dass Verbrechen gegen die Menschlichkeit nicht straflos bleiben dürften: "Egal wo sie begangen werden, egal wer sie verübt – das ist die große und kraftvolle Überzeugung, auf der das Völkerstrafrecht beruht."

Folter-Überlebender: Urteil gibt uns Hoffnung

Der bekannte Menschenrechtsaktivist Omar al-Schughri (26), der in Syrien selbst Opfer von Folter wurde, sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Der symbolische Wert des Urteils ist ein Beweis dafür, wie ein Trauma uns antreibt, Dinge wieder aufzubauen, von denen wir nie dachten, dass sie jemals erreicht werden könnten. Unsere Vergangenheit ist eine Waffe gegen unsere Feinde."

Das Urteil werde nicht das gebrochene Herz jeder Mutter heilen, deren Sohn unter Folter getötet worden sei, und auch nicht Opfer zu ihren Familien zurückbringen. "Aber es gibt uns die Hoffnung, dass das Regime fallen und wir frei sein werden."

Grünen-Politikerin: "Meilenstein" für das Völkerrecht

Die innenpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion der Grünen, Lamya Kaddor, sagte nach dem Urteilsspruch: "Die lebenslange Haftstrafe für einen höherrangigen Folterknecht des syrischen Regimes ist ein Meilenstein des Völkerrechts und ein weiterer Schlag des Rechtsstaats gegen Straflosigkeit von Kriegsverbrechern." Anwar R. sei nun "seiner gerechten Strafe zugeführt" worden.

Kaddor verwies auf weitere Haftbefehle gegen hochrangige syrische Verantwortliche, die in Deutschland vorliegen. Sie hatte am Mittwoch in ihrer ersten Rede als Abgeordnete im Bundestag gesagt: "Ich stehe hier als Deutsche und Tochter syrischer Einwanderer, deren Eltern es nie für möglich gehalten hätten, ihr Kind an dieser Stelle sprechen zu hören."

Menschenrechtler: "Bahnbrechender Schritt" in Richtung Gerechtigkeit

Menschenrechtler sehen in der Verurteilung des Angeklagten im Strafprozess um Staatsfolter in Syrien einen "bahnbrechenden Schritt" in Richtung Gerechtigkeit. "Das Urteil ist ein bedeutsamer Moment für Zivilisten, die Folter und sexuellen Missbrauch in syrischen Gefängnissen überlebt haben", teilte die Organisation Human Rights Watch mit.

Die syrische Regierung begehe weiterhin schwerste Verbrechen gegen die Menschlichkeit, sagte der Generalsekretär von Amnesty in Deutschland, Markus Beeko. "Auch im Jahr 2021 wurden Zehntausende Menschen Opfer systematischer Folter, außergerichtlicher Hinrichtungen, willkürlicher Festnahmen und gewaltsamen Verschwindenlassens durch syrische 'Sicherheitskräfte." Die Organisation erwarte weitere Prozesse in Deutschland und anderen Ländern.

Richterbund lobt Bundesregierung

Auch der Deutsche Richterbund (DRB) misst dem Urteil hohe Bedeutung zu. Die Gerichtsentscheidung "sendet das wichtige Signal an die Täter und ihre Opfer: Kriegsverbrecher müssen in Deutschland mit einer Strafverfolgung rechnen", sagte DRB-Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn. "Die Arbeit der deutschen Justiz im Bereich des Völkerstrafrechts gilt international als vorbildlich."

Allerdings sei es "in jedem Einzelfall extrem aufwändig und langwierig, die im Ausland verübten Verbrechen vor deutschen Gerichten aufzuklären". Rebehn lobte vor diesem Hintergrund, "dass die neue Bundesregierung sich jetzt vorgenommen hat, die Bundesanwaltschaft und die zuständigen Gerichte für diese bedeutende Aufgabe weiter zu verstärken".

Das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz hatte den 58-jährigen Syrer Anwar R. zu lebenslanger Haft unter anderem wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt. Nach Auffassung des Staatsschutzsenats war er als Vernehmungschef in einem Gefängnis des Allgemeinen Geheimdienstes für die Folter von mindestens 4.000 Menschen verantwortlich. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen dpa und AFP
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