Wohnungen illegal besetzt Verzweifelte Hausbesitzer rufen MMA-Kämpfer zu Hilfe

Hauseigentümer in Spanien zahlen Tausende Euro, um ihre Häuser zurückzubekommen – teilweise arbeiten sie dabei mit fragwürdigen Methoden.
Zwei durchtrainierte Männer rücken in Mollet del Vallès, einer Stadt nördlich von Barcelona, aus, um eine besetzte Immobilie zu "befreien" – nicht im Auftrag der Polizei, sondern für 3.000 Euro Honorar. Ihre Mission: Acht "Okupas" zum Auszug bewegen. So werden die Hausbesetzer in Spanien bezeichnet.
Denn wird eine leer stehende Immobilie besetzt, haben Eigentümer in Spanien laut geltender Rechtslage nur 48 Stunden Zeit, um eine sofortige Räumung durch die Polizei zu erwirken. Verstreicht dieses Zeitfenster, bleibt oft nur der Weg über die Gerichte – ein Verfahren, das sich über Monate oder sogar Jahre ziehen kann.
Laut einem Bericht des britischen "Telegraph" sind inzwischen Zehntausende Immobilien im Land ohne Erlaubnis der Eigentümer besetzt, besonders in Küstenregionen wie der Costa Brava, Costa del Sol oder auf Mallorca. Eigentümer in Spanien berichten von Einschüchterung, rechtlicher Ohnmacht und psychischem Druck.
Als Antwort auf den Kampf gegen die Krise setzen Firmen wie "Fuera Okupas" auf Einschüchterung. Die Firma aus Barcelona bietet keine Anwälte, sondern schiere Körpermasse auf: MMA-Kämpfer wie Christian Suez und Lasha Grdzehlishvili, beide über zwei Meter groß, stehen einfach jeden Tag vor der Tür.
"Wir machen Druck, ohne Gewalt", sagt Gründer Jorge Fe gegenüber der britischen Zeitung. Die Strategie: Präsenz zeigen, Gespräche suchen, notfalls Nachbarn mobilisieren – und so lange lästig sein, bis die Besetzer freiwillig gehen. Er habe schon über 4.900 Einsätze durchgeführt, so Fe.
Komplizierte Gesetzgebung, überlastete Gerichte
Illegale Besetzungen, sogenannte Okupaciones, sind in Spanien klar von Mietstreitigkeiten zu unterscheiden. Es wird zwischen "Okupas", die leer stehende Immobilien ohne Einwilligung der Besitzer besetzen, und "Inquiokupas" unterschieden – Mietern, die legal eingezogen sind, aber keine Miete mehr zahlen und sich auf ihr Recht auf Wohnraum berufen.
Gerade Letztere sind schwer zu räumen, da sie oft als "sozial verwundbar" gelten – ein Status, der während der Coronapandemie eingeführt und seither mehrfach verlängert wurde und den Betroffenen zusätzlichen Schutz vor Zwangsräumungen gewährt.
Zwar trat im April 2025 eine Gesetzesreform in Kraft, die schnellere Räumungen ermöglichen soll – doch ihre Wirkung bleibt umstritten. Konkret erlaubt die Neuregelung sogenannte "Express-Räumungen" innerhalb von 15 Tagen, wenn es sich um Hausfriedensbruch oder illegale Aneignung unbewohnter Immobilien handelt. Laut einem Bericht der Nachrichtenwebseite "Sur in English" wird dabei nicht mehr geprüft, ob die Besetzer Kinder haben – eine Hürde, die bisher viele Verfahren blockierte.
Doch in der Praxis greifen viele Besetzer zu Tricks, um das Verfahren zu verzögern – etwa mit gefälschten Mietverträgen oder der Behauptung, dauerhaft im Haus zu wohnen. Auch juristisch bleibt ein großer Teil des Problems ungelöst: "Inquiokupas" – also ehemalige Mieter, die nicht mehr zahlen – sind von der Neuregelung nicht betroffen. Für ihre Räumung gilt weiterhin der langwierige Zivilprozess. Auch ob die Neuregelung das strukturelle Problem wirklich entschärft, bezweifeln viele Betroffene. Die Verfahren seien zwar nun kürzer – aber die Gerichte nach wie vor überlastet.
"Das hat uns ruiniert"
Die Britin Maureen Findell verkaufte laut einem Bericht der "Daily Mail" ihre Ferienwohnung in Punta Prima an der Costa Blanca, nachdem mehrere Familien mit gefälschten Mietverträgen auf ihrem Grundstück ein und aus gegangen waren. Das Paar Chris Hicks und Natasha Retzmann wartet seit neun Monaten auf Zugang zu ihrer gekauften Finca auf Mallorca – die dort lebende Familie weigert sich trotz Geldangebot, auszuziehen. Vermieterin Kathy Díaz Romo, die seit fünf Jahren eine ältere Frau ohne Mietvertrag in ihrer Wohnung dulden muss, sagte dem "Telegraph": "Die Regierung hat nichts getan. Das Problem ist für sie nützlich, weil die Menschen, denen sie helfen, sie auch wählen." Immer mehr Eigentümer fühlten sich dadurch machtlos – und politisch im Stich gelassen.
Organisierte Gruppen agieren auch professionell: Laut Immobilienmakler Paul Stuart, der mit der "Daily Mail" gesprochen hat, beobachten sie gezielt leer stehende Immobilien, wechseln die Schlösser und verkaufen Schlüssel weiter – ein lukratives Geschäft. Die Behörden? Überfordert. Auch die Wohnung von Emma und Ian Williams wurde dem Bericht zufolge mehrfach von unterschiedlichen Besetzergruppen genutzt – teils als Bordell. Ein Richtertermin stehe noch aus.
Fuera Okupas-Gründer Fe betont, man arbeite gewaltfrei – anders als etwa die umstrittene Firma Desokupa, deren Gründer wegen mutmaßlicher Hassrede gegen Migranten von der Staatsanwaltschaft in Valencia untersucht wird. Auch Fuera Okupas sieht sich immer wieder dem Vorwurf rechter Gesinnung ausgesetzt, weist diesen aber zurück. Fe sagt: "Wir haben Marokkaner im Team. Aber 95 Prozent der Fälle betreffen ausländische Besetzer – das ist einfach Realität."
Mitarbeiter Suez, früher Sparringspartner von UFC-Star Ilia Topuria, schildert die Szene in Mollet del Vallès so: Eine heruntergekommene Gewerbeeinheit, ohne Strom oder Wasser, voller Müll und Essensreste. Die Gruppe forderte 1.500 Euro "Ablöse", damit sie ausziehen. Christian lehnte ab: "Das ist Erpressung. Wenn man zahlt, hören sie nie auf."
Ein Hausbesetzer sagte dem "Telegraph": "Ich will arbeiten. Ich will mein eigenes Zuhause. Aber ich muss meine Familie schützen."
- telegraph.co.uk: "The MMA fighters removing squatters from holiday homes" (englisch)
- dailymail.co.uk: "Revealed: How Brits are being kicked out of their holiday homes in Spain by underground network of squatter gangs... and are POWERLESS to stop it"
- surinenglish.com: What happens to a home if the squatter has a child? This is what the new law in Spain says (englisch)
- spanishpropertyinsight: How squatters are outsmarting Spain’s fast-track eviction law (englisch)
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