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Mark Benecke zum Westerwaldkiller: Die letzten Geheimnisse von Alexander M.


Ermittler äußern Verdacht
Darum tötete der Westerwald-Killer


Aktualisiert am 08.08.2025 - 17:26 UhrLesedauer: 5 Min.
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Westerwald: Gesuchter Dreifachmörder ist tot (Quelle: dpa)
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Es war wohl der aufsehenerregendste Kriminalfall des Jahres in Deutschland. Jetzt schließt die Polizei die Akte. Trotzdem könnte in einigen Punkten noch Licht ins Dunkel kommen.

Dieser Kriminalfall hat Deutschland aufgewühlt, bestürzt und verängstigt. Nur schon die bloßen Fakten, wenn sie nüchtern aufgezählt werden, sind schockierend. Umso wilder blühten von Anfang an die Spekulationen. Und jetzt, da die Polizei dabei ist, den Fall endgültig abzuschließen, weil sie die Leiche des mutmaßlichen Täters gefunden hat, scheint es, als blieben viele Fragen für immer offen.

Aber das muss nicht so sein. Möglicherweise erhält die interessierte Öffentlichkeit doch noch ein paar Antworten.

Das Telefon klingelt, eine Frau schreit

Es geht um den Fall des sogenannten Westerwald-Killers. Um den Dreifachmörder von Weitefeld. Um Alexander M., einen 61 Jahre alten Mann, der nach Darstellung der Staatsanwaltschaft am 6. April 2025 wie aus dem Nichts bei einer dreiköpfigen Familie auftauchte und alle Anwesenden brutal tötete.

Es war 3.45 Uhr am frühen Morgen jenes Sonntags, als bei der Polizei das Notruftelefon läutete. Eine Frau aus der 2.300-Einwohner-Gemeinde Weitefeld war am Apparat. Sie schrie. Offenbar wurde sie in ebenjenen Sekunden getötet.

Als die ersten Beamten am Tatort ankamen, sahen sie noch, wie ein verletzter Täter in der Dunkelheit verschwand. Doch die Polizisten liefen nicht hinter ihm her – zu schauderhaft war das, was sie direkt vor Augen hatten: Die 44 Jahre alte Frau, ihr 47 Jahre alter Mann und der 16-jährige Sohn lagen in ihrem Blut. Sie wiesen Schuss- und Stichwunden auf. Die Polizisten versuchten noch, den Opfern zu helfen. Doch die drei hatten keine Chance. Alle starben.

Ein Dreifachmörder als Phantom – Bevölkerung in Angst

Seither blieb der Dreifachmörder von Weitefeld ein Phantom. Und das, obwohl die Polizei schnell einen Namen veröffentlichte: Alles deutete auf Alexander M. aus dem Nachbarort Elkenroth hin. Ein 61 Jahre alter Mann mit düsterer Vorgeschichte und einem offensichtlichen Gewaltproblem. 2011 war er wegen versuchten Totschlags an seiner damaligen Frau verurteilt worden.

Die Ermittler waren sich schnell sehr sicher, dass er der Täter war. Die Spurenlage sei "in mehrfacher Hinsicht eindeutig", teilten sie mit. Die Beweislage sei geradezu erdrückend.

Doch M. blieb verschwunden. Hundertschaften, Hunde, Helikopter – niemand konnte M. aufspüren. Die Polizei errichtete Straßensperren, schwer bewaffnete Spezialkräfte waren unterwegs – alles erfolglos. Und die Angst in der Bevölkerung wuchs: Würde sich der Westerwald-Killer neue Opfer suchen? War er längst aus dem Westerwald in eine andere Region Deutschlands geflüchtet? Oder hatte sich der Mann, der in Kasachstan geboren wurde, ins Ausland abgesetzt?

Die offenen Fragen – wird es noch Antworten geben?

Jetzt herrscht Gewissheit. Alexander M. ist tot. Ein Bauer hat seine Leiche diesen Dienstagnachmittag beim Mähen an einem kleinen Bach gefunden. Nur 600 Meter von dem Haus entfernt, in dem M. im April die dreiköpfige Familie ermordet haben soll.

Wenige Meter entfernt lag eine Schusswaffe, die jetzt noch kriminaltechnisch untersucht wird. Möglicherweise handelt es sich um die Tatwaffe.

Die Menschen vor Ort sind erleichtert. "Es ist eine Erlösung für uns alle", zitierte die "Bild"-Zeitung einen Bürger aus Weitefeld. "Jeder hatte Angst. Wir sind nicht mehr mit dem Hund in den Wald gegangen, haben immer sofort die Garage und Haustür geschlossen."

Doch eine Reihe von Fragen bleibt. Die vielleicht drängendste formuliert eine Nachbarin der getöteten Familie: "Warum hat er drei Menschen umgebracht, wenn er sie angeblich nicht kannte?"

Die Frage nach dem Motiv: Die Ermittler haben einen Verdacht

Alexander M. können die Ermittler nicht mehr fragen. Trotzdem: Sie haben zumindest eine Ahnung, wie sich die brutalen Morde möglicherweise erklären lassen. Viel Konjunktiv – aber immerhin.

Demnach könnte es so gewesen sein, dass sich M. und die Opferfamilie vorher wirklich nicht kannten. In den Worten der Staatsanwaltschaft Koblenz: "Im Rahmen der Ermittlungen konnte bislang keine Vorbeziehung zwischen der Opferfamilie und dem Tatverdächtigen festgestellt werden."

Es erscheine daher "nicht unwahrscheinlich, dass es in der Nacht zu einem zufälligen Zusammentreffen zwischen dem Tatverdächtigen und einem der Opfer vor dem Haus gekommen ist, das dann – ohne dass hierzu Näheres bekannt ist – eskalierte und schließlich in dem Exzess der Tötung der ganzen Familie endete".

Die Ermittler glauben, dass der offenbar leicht zu reizende M. zuerst eine Person der Familie getötet hat – und dann die anderen "zur Verdeckung einer Straftat" auch ermordete.

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Wie konnte die Polizei den Killer übersehen?

Es bleiben Fragen zu dem Geschehen nach den Morden. Allen voran: Wieso wurde die Leiche erst jetzt gefunden?

Diese Frage ist für die Polizei unangenehm. Schließlich durchkämmten Hunderte Beamte das Gebiet, der Aufwand war gigantisch. Und dann sollen sie M. einfach übersehen haben, obwohl seine Leiche so nah am Tatort an einem Bach lag, ganz in der Nähe von mehreren kleinen Hütten, die ein geeignetes Versteck hätten sein können?

Die Erklärung der Polizei: Zum Zeitpunkt der Suche war der jetzige Fundort überschwemmt und glich einem Sumpfgebiet.

Wie sieht die Leiche von Alexander M. nach all den Monaten aus?

Der Zustand der Leiche, so wie sie der Landwirt diese Woche vorfand, muss entsprechend gewesen sein. Die Polizei spricht von einem "fortgeschrittenen Verwesungszustand". Der Kriminalbiologe Mark Benecke erklärt t-online: "Faule Leichen im Freien weisen oft Fraßspuren von Insektenlarven oder Wirbeltieren auf, oft im Gesicht und an den Händen oder im Genitalbereich."

Nachdem das Hochwasser zurückgegangen war, könne die Haut nun "teils vertrocknet sein oder käsig-breiig zerlaufen", teilt Benecke weiter mit. "Oft sind auch Knochen zu sehen, wenn das weiche Gewebe fehlt."

Wie und wann starb Alexander M.? Gibt es doch noch Antworten?

Zwei weitere Fragen, so schrieben die Ermittler am Donnerstag in einer Mitteilung, könnten für immer offen bleiben: Weil die Leiche schon so weit zersetzt sei, "lassen sich die Todesursache und der genaue Todeszeitpunkt nicht mehr klären".

Allerdings: Benecke zufolge könnte dieser Schluss ein wenig voreilig sein. "Bei der ausführlichen Leichenschau können noch weitere Informationen gewonnen werden", meint der Forensiker. Zum Beispiel sei "zu Giften, alten oder neuen Knochenbrüchen und vielem mehr" noch auf neue Erkenntnisse zu hoffen. Benecke: "Es muss nur in Ruhe gemacht werden."

Vielleicht lassen sich die letzten Stunden oder Tage im Leben von Alexander M. also doch noch rekonstruieren. Schleppte sich der Killer direkt nach den Morden zum Sterben auf die Wiese? Verblutete er dort aufgrund der Wunden, die der laut Staatsanwaltschaft "nachweislich verletzte Täter" sich bei dem Kampfgeschehen im Haus der Opferfamilie zugezogen hatte? Vegetierte er noch tagelang versteckt in einer der nahen Hütten vor sich hin, bevor er seinen Verletzungen erlag? Oder legte M. am Ende selbst Hand an und brachte sich um?

Polizei und Staatsanwaltschaft schrieben am Donnerstag, das Ermittlungsverfahren in dem Fall habe "durch den Tod des einzig möglichen Beschuldigten strafprozessual sein Ende" gefunden. Das heißt aber nicht, dass nicht doch noch neue Details ans Tageslicht kommen können.

Verwendete Quellen

Quellen anzeigenSymbolbild nach unten

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