Kriminalität Al Capone: Der Gangster, der zum Popstar wurde
Er war der Napoleon des organisierten Verbrechens und als solcher sah er sich auch: Alphonsus Gabriel Capone, genannt "Al", genannt "Scarface", genannt "Snorky", genannt "Der Große Kumpel", hat die Mafia regiert wie kein zweiter und war und ist ein Popstar. Er hat gemordet, erpresst und betrogen, aufs Kreuz gelegt hat ihn die Justiz mit etwas ganz anderem: mit Steuerhinterziehung. Vor 80 Jahren, am 17. Oktober 1931, wurde der Mafiaboss Al Capone verurteilt - eine der erstaunlichsten Karrieren der Kriminalgeschichte war beendet.
Der Einwanderersohn wurde im New Yorker Stadtteil Brooklyn als eines von zehn Kindern geboren und ging schon mit 15 bei einem Gangster in die Lehre. Bei Francesco Ioele alias Frankie Yale lernte er das Hauptgeschäft der Mafia: Schutzgelderpressung. Wenn ein Wirt oder Ladeninhaber kein Schutzgeld zahlen wollte, bekam er Besuch von Capone. Und dann konnte schon mal etwas zu Bruch gehen. Die meisten kleinen Geschäftsleute zahlten.
Erster Mord als Teenager
Noch als Teenager beging er einen ersten Mord, doch nicht vor der Polizei, vor rivalisierenden Gangstern wich er nach Chicago aus. Hier begann der sagenhafte Aufstieg des jungen Mannes. Ein ehrbarer Möbelhändler sei er, dessen Narben im Gesicht vom tapferen Kampf gegen deutsche Soldaten stammten. Tatsächlich hatte Capone, auch wenn er die militärische Struktur für die Mafia übernahm, nie eine Kaserne von innen gesehen. Und der brave Geschäftsmann war alles - nur nicht brav.
Chicago war ein heißes Pflaster mit Glücksspiel, Prostitution und Erpressung. Als der junge Capone 1919 eintraf, kam ein völlig neuer Geschäftszweig hinzu: der Alkoholschmuggel. Durch die Prohibition, das Verbot fast jeglichen Alkohols, wurden einige Gangster nicht nur sagenhaft reich, sondern auch sagenhaft mächtig. Polizei und Justiz ließen die Gangster ungeschoren, sie standen ja auf deren Lohnliste. Als man Capone einmal fragte, ob er ein Schmuggler sei, antworte er: "Na klar. Und ein paar unserer besten Richter trinken mein Zeug."
Eisgraue, eiskalte Gangsteraugen
"Mit größter Leichtigkeit strahlte er eine Bedrohung aus, selbst wenn er höflich sprach", schrieb James O'Donnell Bennett schon 1929 in einem Buch über Capone. Der Verbrecher kleidete sich hochmodisch, liebte die Oper und gutes Essen und sah sich am liebsten als Gentleman. Aber niemand zweifelte, dass er ein Verbrecher war. Die Reporterin Eleanor Medill Patterson schwärmte fast von seinen "Gangsteraugen": "Eisgrau. Eiskalt. Ich konnte die Bedrohung fühlen."
Capone sei "definitiv mehr Verbrecher als Gentleman" gewesen, sagt die Journalistin Petra Reski, die in Italien lebt und mehrere Bücher zum Thema Mafia geschrieben hat. "Er war ein Mörder und Erpresser. Aber es gehörte schon damals zur Taktik der Mafia, sich ehrenwert oder etwas folkloristisch zu geben. Und damit war sie sehr erfolgreich und ist es bis heute, auch in Deutschland", so Reski.
"Immer, wenn ein Junge vom Dreirad fällt, eine schwarze Katze graue Junge bekommt, sich jemand den Zeh stößt, Mord oder Feuer ist oder die Marines in Nicaragua landen, schreien alle 'Verhaftet Capone!'", beklagte sich der Gangster selbst. Aber ihm war nie etwas nachzuweisen. Bis der Staat auf einen Trick verfiel: Wenn Capone so reich sei, müsse er Geld verdient haben - das er aber nie versteuert hatte. Capone wurde angeklagt und verteidigte sich in seiner Arroganz kaum. Ein Fehler, denn am 17. Oktober 1931 wurde er schuldig gesprochen, eine Woche später das Strafmaß verkündet: elf Jahre Zuchthaus.
Geschäfte auch im Knast weitergeführt
So übel kann der Knast nicht gewesen sein: Capone konnte seine Geschäfte zunächst weiterführen. Doch seine Macht verfiel schnell. Andere, jüngere, brutalere übernahmen die "Familien". 1934 wurde Capone auf die berüchtigte Gefängnisinsel Alcatraz vor San Francisco verlegt. "Ich glaube Napoleon, war der größte Gangster der Geschichte", sagte Capone nach dem Lesen einer Biografie. "Aber wie wir alle, wusste er nicht, wann Schluss ist. Elba hätte eine Warnung sein müssen." Wie der Franzose saß auch Capone auf einer Insel, wenn auch nicht auf Elba, sondern auf Alcatraz.
Dort zeigte er sich als Musterhäftling. Am 6. Januar 1939 wurde er vorzeitig entlassen - wegen guter Führung. Acht Jahre lebte er in Florida, dann starb er an einer Lungenentzündung. Biografen vermuten, dass der Körper durch eine lange Syphilis geschwächt war. Er starb nur acht Tage nach seinem 48. Geburtstag - drei Jahre jünger als Napoleon.