59-Jähriger gesteht Bewährungsstrafe für Anschläge auf Parteizentralen

Nach Anschlägen auf die Parteizentralen von SPD und CDU ist ein Mann zu 20 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Er hatte Sprengsätze deponiert und war ins Willy-Brand-Haus gerast.
Knapp ein Jahr nach Anschlägen auf die Parteizentralen von SPD und CDU in Berlin hat das Amtsgericht Tiergarten einen 59-Jährigen zu 20 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Das Gericht befand den geständigen Angeklagten der versuchten Brandstiftung in Tateinheit mit dem versuchten Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion, Sachbeschädigung und dem Vortäuschen einer Straftat für schuldig. Der Verdächtige war geständig. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Vom Mikrozensus entblößt gefühlt
Nach Angaben einer Gerichtssprecherin räumte der zuvor völlig unbescholtene Angeklagte in dem eintägigen Verfahren die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft als im Wesentlichen zutreffend ein. Seinem Geständnis zufolge sei er völlig davon aus der Bahn geworfen worden, vom Amt für Statistik Berlin-Brandenburg für die Befragungen des Mikrozensus ausgewählt worden zu sein. Die Fragen seien ihm zu intim gewesen, er habe sich "entblößt gefühlt, habe nicht ein gläserner Mensch sein wollen", sagte die Sprecherin.
W. wollte demnach aus diesem Grund ein Zeichen setzen und sich das Leben nehmen. Er habe dabei nicht das Statistikamt treffen wollen, sondern die Politik. Dafür habe er sich CDU und SPD als Ziele ausgesucht. Heute könne er sich seine Taten auch nicht mehr erklären, sagte W. der Sprecherin zufolge in seinem Geständnis. Zur Tatzeit sei er aber wie in einem Tunnel gewesen und habe sich in einen Abgrund gestürzt gefühlt.
160.000 Euro Schaden
W. fuhr dem Urteil zufolge an Heiligabend 2017 mit seinem Auto in das Willy-Brandt-Haus der SPD. Dabei verursachte er einen Sachschaden in Höhe von 160.000 Euro. Im Kofferraum seines Autos waren Gasflaschen, Benzinkanister und eine brennende Petroleumlampe deponiert. W. soll geplant haben, in dem explodierenden Auto zu sterben. Das Auto begann tatsächlich zu brennen, die Sprinkleranlage verhinderte aber Schlimmeres.
Davor soll W. bereits am Konrad-Adenauer-Haus der CDU eine Sporttasche mit einer Zündvorrichtung, darunter Gaskartuschen, deponiert haben. Die Zündvorrichtung soll er zuvor angezündet haben um den Eindruck zu erwecken, dass die Zündvorrichtung nur zufällig nicht funktioniert habe.
Konflikt mit Statistikamt längst beigelegt
W. sagte laut der Gerichtssprecherin aus, bewusst den Heiligabend gewählt zu haben, damit sich in den Parteizentralen keine Menschen befinden und er keine Unbeteiligten trifft. W. habe angegeben, bis zum Tattag ein braves Arbeiterleben geführt zu haben. Nach einiger Zeit in Untersuchungshaft arbeitet der alleinstehende Mann demnach inzwischen wieder, seine Schwester unterstütze ihn zudem im Alltag.
- Kein politisches Motiv: Auto in SPD-Zentrale gerast
Die Auseinandersetzung mit dem Statistikamt war zur Tatzeit bereits beigelegt. Nachdem W. zunächst die Fragen nicht beantwortet hatte und nach mehreren Mahnungen sogar ein Zwangsgeld zahlen musste, beantwortete er die Fragen für den Mikrozensus am Ende doch und bekam das Zwangsgeld wieder erstattet. Er habe in Frieden aus dem Leben scheiden wollen, gab W. der Sprecherin zufolge zu den Gründen an, weshalb er doch am Mikrozensus teilnahm.
- Nachrichtenagentur AFP