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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Dürre und Extremhitze? Was fünf Wetter-Profis jetzt zum Sommer sagen

Bringt der Sommer lange Hitzewellen, verdorrtes Getreide und ausgetrocknete Flüsse? Oder eher sintflutartige Regenfälle?
So viel ist sicher: So trocken wie bisher war noch kein Frühling seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahr 1881. "Seit März dominiert eine festgefahrene Wetterlage", fasst der Diplom-Meteorologe Dominik Jung zusammen. "Ein Hoch folgt dem nächsten, nur unterbrochen von kurzen, wechselhaften Phasen mit einzelnen Tiefdruckgebieten."
Die Folgen werden immer spürbarer. In weiten Teilen Deutschlands geraten Pflanzen in Trockenstress. Die Wurzeln finden kein Wasser mehr, die Pflanzen stellen das Wachstum ein oder fangen an zu welken. Das trifft Landwirte besonders hart. Speziell bedroht sind derzeit Frühjahrskulturen wie Zuckerrüben und Mais.
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Die Furcht vor erheblichen Ernteausfällen geht um. Das Horrorszenario: Wenn es so weitergeht, könnten Noternten unvermeidlich werden. "Dann wird Getreide erst gar nicht mehr gedroschen, weil sich der Aufwand nicht lohnt", schreibt das Bundesinformationszentrum Landwirtschaft. "Es wird stattdessen gleich zu Stroh gepresst oder gehäckselt und an die Biogasanlage geliefert." Gleichzeitig steigt das Risiko von Flächenbränden, die Menschen und Tiere gefährden.
Zusammengefasst: Am Horizont zieht drohend das Schreckgespenst eines Katastrophensommers auf. Doch noch ist es nicht so weit – und die Prognosen der Experten gehen teils weit auseinander. t-online hat fünf Meteorologen und meteorologische Dienste um ihre Vorhersagen gebeten.
DWD: Tendenz zu trockenem und warmem Sommer
Der Deutsche Wetterdienst (DWD) formuliert seine Prognose nüchtern und knapp: Mit einer Wahrscheinlichkeit von 81 Prozent werde der Sommer 2025 überdurchschnittlich warm. Zudem sei eine leichte Tendenz für einen überdurchschnittlich trockenen Sommer zu erkennen. Die Wahrscheinlichkeit dafür könne aber nur mit 61 Prozent beziffert werden.
Die Vorhersagequalität der saisonalen Klimavorhersage für die Bodenfeuchte sei dabei als "relativ gut" zu bewerten, jene für die Temperatur liege "im mittleren Bereich".
Wetter.com: Hitzerekorde möglich
Im Hinblick auf die Klimakrise überrascht die Vorhersage des DWD kaum. Georg Haas von wetter.com erklärt: "Durch die menschengemachte Erderhitzung ist ein zu kalter Sommer 2025 im Vergleich zum klimatischen Mittel der Jahre 1961 bis 1990 sehr unwahrscheinlich."
Aber geht es nicht eine Spur konkreter? Meteorologe Haas bleibt vorsichtig: "Sollte die Trockenheit bleiben, wären bei sommerlichem Hochdruckwetter mit Südwind neue Hitzerekorde möglich." Dieses Szenario sei allerdings nur eines von vielen, für seriöse Prognosen sei es einfach noch zu früh: "Schon in den nächsten Wochen könnte sich die Großwetterlage komplett umstellen."
Immerhin lasse sich aber ein Trend formulieren: "Angesichts der aktuellen Trockenheit und der Wettermodellberechnungen ist ein trockener Sommer mit überdurchschnittlich vielen Hitzetagen tendenziell wahrscheinlicher als ein verregneter und kühler Sommer."
Denn ohne Feuchtigkeit im Boden keine kühlende Verdunstung. Dementsprechend erwärme die Sonnenenergie die Luft umso mehr, erläutert Meteorologe Haas.
Dominik Jung: Schwülwarm statt trocken – hohe Unwettergefahr
Der Diplom-Meteorologe Dominik Jung hält das umgekehrte Szenario für wahrscheinlicher. Statt fortgesetzter Trockenheit erwartet er zumindest regional teils überdurchschnittlich viel Niederschlag.
Dies entspreche der Prognose des US-amerikanischen Wettermodells, das im Unterschied zum europäischen Modell ein Ende der Dürre sieht. Angesichts der seit rund drei Monaten anhaltenden Hochdruckdominanz sei die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sich das Muster spätestens im Sommer – möglicherweise sogar noch Ende Mai – ändere. Jung: "Ich rechne mit einem Übergang zu wechselhaftem Wetter. Dabei ist ein schwülwarmer Sommer mit hoher Unwettergefahr wahrscheinlich."
Die unterschiedlichen Wettermodelle
Das Climate Forecast System (CFS) ist das Vorhersagemodell des US-Wetterdienstes NOAA. Es kombiniert atmosphärische und ozeanische Daten und zählt zu den wichtigsten Modellen für saisonale und langfristige Wetterprognosen.
Das ECMWF-Wettermodell ist das globale Wettervorhersagemodell des Europäischen Zentrums für mittelfristige Wettervorhersagen. Weltweit wird es von Meteorologen wegen seiner hohen Genauigkeit und Auflösung geschätzt. Es gilt als das führende Modell für Vorhersagen, die einen Zeitraum von etwa vier bis zehn Tagen in der Zukunft betreffen. Es liefert aber auch längerfristige Prognosen.
Konkret erwartet Jung lokale Gewitterlagen, Starkregen, Hagel, Sturmböen, hohe Luftfeuchtigkeit mit schwülen Tagen und vereinzelte Tornados.
Nur in einem Punkt glaubt Jung an das europäische Modell, das für alle Sommermonate deutlich zu hohe Temperaturen vorhersagt: "Dass es warm wird, scheint wahrscheinlich – das war bei nahezu allen Sommern der vergangenen 20 Jahre der Fall."
Ein Szenario mit zwölf Wochen Trockenheit und dauerhaft 35 bis 40 Grad sei hingegen unrealistisch. "Ein Sommer muss keine 40 Grad erreichen, um am Ende als 'warm' zu gelten", erklärt Jung. "Schon viele Tropennächte mit über 20 Grad können die Temperaturbilanz deutlich nach oben treiben." Auch ohne Extremhitze könne ein Sommer als überdurchschnittlich warm in die Statistik eingehen. Wer jetzt schon 40 Grad und mehr im Sommer ankündige, betreibe Panikmache statt seriöser Wetteranalyse.
Özden Terli: Extremwetter ist mittlerweile normal
Der ZDF-Wetterexperte Özden Terli beschreibt, woher die mögliche Unwettergefahr rührt: Die Meere sind aufgeheizt, viel Wasser verdunstet und die warme Luft nimmt große Mengen Feuchtigkeit auf.
"Schwere Gewitter und Unwetter bis hin zu Extremwetterereignissen sind dann die Folge", schreibt Terli auf Anfrage von t-online. Der Sommer könne in Deutschland also durchaus sehr nass werden, auch wenn über das kommende Wochenende hinaus von einigen lokalen Schauern und Gewittern abgesehen aktuell nur wenig Regen in Sicht sei.
Generell gelte: "Die Extremwetterereignisse nehmen in einer Welt, die sich weiter erhitzt, zu. Das ist mittlerweile ein Bestandteil des Wetters, insbesondere in Europa, auf dem Kontinent, der sich am schnellsten aufheizt." Konkrete Vorhersagen für den Sommer 2025 in Deutschland seien aber noch unsicher. Fest stehe nur: "Nach dem trockenen Winter und dem bisherigen sehr trockenen Frühling besteht ein großes Niederschlagsdefizit." Und das könne sich auf den Sommer auswirken, müsse es aber nicht.
Donnerwetter.de: Entscheidend ist der 20. Juni
Michael Bogusch von donnerwetter.de erklärt die Schwäche aller Langfristprognosen: "Die Atmosphäre ist eben chaotisch." Alles hänge davon ab, "wann die 'Dauerschleife' aufeinanderfolgender Hochdruckgebiete endet, in der wir uns aktuell befinden".
Für das Sommerwetter entscheidend sei der 20. Juni – beziehungsweise die Tage um den astronomischen Sommeranfang herum. Bogusch: "In diesem Zeitraum zeigt sich, ob die stabilen Hochdrucklagen auch noch weit in den Sommer hineinreichen."
Aber egal, wie es kommen sollte, Bogusch empfiehlt den Menschen, sich vorzubereiten. "Also: Abschattung schaffen und für mehr Grün rund ums Haus und für Reflexion von Dach- und Fensterflächen sorgen." Auch Städte, Gemeinden und der Katastrophenschutz sollten sich vorsorglich auf eventuelle Hitzeperioden einstellen.
- Anfragen an den Diplom-Meteorologen Dominik Jung, den ZDF-Wettermoderator Özden Terli, den Meteorologen Georg Haas von Wetter.com, das DWD-Klimavorhersagen-Team und Michael Bogusch von Donnerwetter.de
- landwirtschaft.de: "Wie Trockenheit der Landwirtschaft schadet"
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa