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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Extremsommer 2025? "Was am Sonntag startet, könnte erst der Anfang sein"

Europa steht vor der zweiten Hitzewelle des Sommers 2025. Ist die Hitzeblase aus der Wüste nur der Auftakt zu einem Sommer der Extreme? Das sagen die Wettermodelle.
Kaum ist die erste Hitzewelle des Sommers 2025 überstanden, braust schon die nächste heran. Wüstenwinde bringen heiße Luftmassen nach Europa. Nach aktuellen Prognosen sind dann in Deutschland bis zu 38 Grad möglich, in Frankreich bis zu 40 Grad und in Spanien sogar bis 45 Grad. Sind diese Temperaturen aber nur der Vorgeschmack auf einen Extremsommer?
Es steht zumindest fest: Deutschland steht mit hoher Wahrscheinlichkeit ein überdurchschnittlich warmer Sommer bevor. Nach aktuellen Berechnungen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) liegt die Wahrscheinlichkeit bei 81 Prozent, dass die Monate Juni bis August 2025 wärmer ausfallen als im Referenzzeitraum von 1991 bis 2020.
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Noch drastischer fällt der Vergleich mit dem älteren klimatologischen Mittelwert von 1961 bis 1990 aus: Im Verhältnis werde der Sommer 2025 laut DWD mit nahezu 100-prozentiger Sicherheit zu warm ausfallen. Gleichzeitig zeigen die Modelle auch eine deutliche Tendenz zu Trockenheit – das deutsche Vorhersagemodell beziffert die Wahrscheinlichkeit für einen zu trockenen Sommer mit rund 60 Prozent.
Wetterprognosen für Juli und August
Für sich allein genommen, wäre eine solche Entwicklung nicht überraschend. Denn seit 1996 ist in Deutschland kein Sommer mehr registriert worden, der kühler gewesen wäre als der langjährige Durchschnittswert von 1961 bis 1990. Dass der Sommer 2025 nun eine Ausnahme darstellen könnte, erscheint vor diesem Hintergrund als wenig wahrscheinlich.
Nicht nur der Deutsche Wetterdienst prognostiziert derweil überdurchschnittliche Temperaturen. Auch internationale Einrichtungen wie das Europäische Zentrum für mittelfristige Wettervorhersagen (ECMWF) und die US-Klimabehörde NOAA rechnen mit einem ungewöhnlich warmen Sommer 2025. In den Temperaturkarten dieser Institutionen leuchten große Teile Europas bereits in kräftigem Rot und Orange – ein Signal für signifikante Abweichungen vom langjährigen Mittel.
Diplom-Meteorologe Dominik Jung erklärt t-online: "Sowohl das europäische ECMWF-Modell als auch die US-Modelle (NOAA) prognostizieren für Juli und August überdurchschnittlich hohe Temperaturen in weiten Teilen Mitteleuropas. Besonders der Juli zeigt stabile Signale für anhaltende Wärme – und auch im August könnte es deutlich wärmer als im langjährigen Mittel bleiben."

Die unterschiedlichen Wettermodelle
Das GFS-Modell (Global Forecast System) ist ein globales Wettervorhersagemodell des US-Wetterdienstes NOAA. Es wird viermal täglich neu berechnet und liefert Vorhersagen für bis zu 16 Tage im Voraus. Es gehört zu den wichtigsten Wettermodellen weltweit und wird auch in Europa intensiv genutzt.
Das ICON-Modell ist das Wettermodell des Deutschen Wetterdienstes (DWD). Die Abkürzung steht für Icosahedral Nonhydrostatic Model. Es gehört zu den modernsten globalen Vorhersagemodellen und rechnet mit besonders hoher Auflösung.
Das ECMWF-Modell, oft auch als EZ-Modell bezeichnet, stammt vom European Centre for Medium-Range Weather Forecasts mit Sitz in Reading (Großbritannien). Es gilt als eines der weltweit genauesten Wettermodelle und ist besonders stark, wenn es um mittelfristige Vorhersagen bis etwa zehn Tage im Voraus geht.
Konkret hieße es: "Die Hitze ab kommendem Sonntag dürfte kein Einzelfall bleiben. Im Gegenteil – viele Modelle sehen wiederkehrende Hitzewellen, teilweise mit Temperaturen deutlich über der 30-Grad-Marke. Einige rechnen sogar mit längeren Phasen, in denen die 35-Grad-Marke mehrmals geknackt wird", erläutert Jung. "Zwar deuten manche Szenarien auch auf kühlere Zwischenphasen hin – wie wir sie aktuell erleben –, aber ob diese für echte Erholung sorgen, bleibt fraglich."
Wärmestau im Atlantik als Frühwarnzeichen für Extremsommer
Ein zentrales Element der aktuellen Prognosen ist der sogenannte Wärmestau im Nordatlantik. Forschende am Max-Planck-Institut für Meteorologie (MPI-M) haben einen deutlichen Zusammenhang zwischen der Temperaturentwicklung des Atlantiks und sommerlichen Extremwetterlagen in Europa festgestellt. Demnach kündigt ein mehrjähriger Temperaturanstieg in dieser Region häufig besonders warme Sommer auf dem Kontinent an.
Ein neues Vorhersagemodell des MPI, das diese Korrelation gezielt berücksichtigt, rechnet ebenfalls mit einem außergewöhnlich warmen Sommer 2025. Diese Einschätzung wird durch mehrere unabhängige Modellläufe gestützt, die alle auf ein signifikantes Temperaturplus hindeuten. In der Summe legen diese wissenschaftlichen Hinweise nahe, dass sich der Trend zu Hitzesommern in Europa fortsetzen dürfte – möglicherweise mit neuen Rekordwerten.
Wiederholt sich das Szenario von 2018?
Auch der Blick auf die zurückliegenden Monate deutet auf einen heißen Sommer 2025 hin. Der Winter 2024/25 war deutlich zu trocken. Der Frühling 2025 war sogar der dritttrockenste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Diese Konstellation erinnert viele Meteorologen an die Vorläufe extremer Hitzesommer wie 2003 oder 2018, die ebenfalls durch ungewöhnlich trockene Frühjahre gekennzeichnet waren.
Der physikalische Mechanismus dahinter: Trockene Böden heizen sich schneller auf – und mit ihnen die Luft darüber. Meteorologen sprechen dann von einem "Heat Dome" oder auf Deutsch von einer Hitzeglocke.
Eine Hitzeglocke ist ein außergewöhnlich stabiles Hochdruckgebiet, das sich wie ein unsichtbarer Deckel über eine Region legt. Die Folge: Heiße Luft kann nicht entweichen, kühlt sich kaum ab – und wird durch den atmosphärischen Druck sogar noch weiter erhitzt. "Vereinfacht ausgedrückt funktioniert die Hitzeglocke wie ein Deckel auf einem Topf", so der Deutsche Wetterdienst (DWD).
Ein blockierendes Hochdruckgebiet verhindert, dass Luftmassen zirkulieren. Heiße Luft wird eingeschlossen, abgesenkt und weiter erwärmt, was zu einer Hitzeverstärkung führt.
Aktuelle Unwetter und Regenfälle reichen nicht aus
Zwar brachten der Mai und der Juni regional teils kräftige Regenfälle, doch die Wassermengen reichten vielerorts nicht aus, um die Defizite in Böden und Grundwasser zu kompensieren. Der aktuelle Dürremonitor zeigt weiterhin großflächig ausgedörrte Regionen. Sollte sich im Sommer eine stabile Hochdrucklage etablieren, könnten die Auswirkungen für Landwirtschaft, Wälder und Gewässer dramatisch ausfallen.
Hitzekuppel oder Regenflut?
Die derzeitigen Prognosen lassen aber gleichzeitig zwei Extreme zu: Einerseits droht ein Sommer mit wiederholten Hitzewellen, andererseits sind auch unwetterartige Regenfälle möglich. Denn bei einer Wetterlage mit schwachen Luftbewegungen, wie sie derzeit simuliert wird, können sich einzelne Störungen tagelang kaum vom Fleck bewegen – mit entsprechenden Folgen.
Verantwortlich dafür sind ungewöhnlich hohe Meerestemperaturen nicht nur im Nordatlantik, sondern auch im Mittelmeer. Selbst wenn lokale Abkühlungen durch kurzfristige Niederschläge auftreten, bleibt der Temperaturüberschuss im Gesamtbild deutlich. Die Kombination aus feuchtwarmer Luft, energiereicher Atmosphäre und fehlender Frontaldynamik birgt erhebliche Risiken: Sturzfluten, Hochwasser, stationäre Gewitterzellen mit extremen Regenmengen.
Ein solches Szenario lässt sich mit den aktuellen Modellen nicht regional exakt verorten – doch dass es zu solchen Wetterlagen kommen kann, halten Meteorologen für wahrscheinlich. Ob sich Deutschland eher in der trockenen Hitzezone oder in einem der potenziellen Unwettergebiete befinden wird, ist allerdings offen.
Fazit: Ein heißer, trockener Sommer ist möglich – aber nicht sicher
Die Langfristmodelle zeichnen ein klares Bild: Die Wahrscheinlichkeit für überdurchschnittliche Temperaturen im Sommer 2025 ist hoch – sowohl nationale als auch internationale Prognosen stimmen in dieser Einschätzung überein. Gleichzeitig gibt es deutliche Hinweise auf eine mögliche Fortsetzung der Dürresituation, wie sie bereits im Frühjahr zu beobachten war. Die Kombination aus lang anhaltender Trockenheit und extremer Hitze hätte gravierende Folgen für Natur, Landwirtschaft und Wasserversorgung.
Doch es gibt auch Unsicherheiten. Die Modelle gehen insbesondere bei der Einschätzung der Niederschlagsverteilung auseinander. Während einige Szenarien einen Dürresommer nahelegen, deuten andere auf ein Wechselspiel von Hitze und Starkregen hin. Die Entwicklung in den kommenden Wochen hängt maßgeblich davon ab, ob sich über Mitteleuropa eine stabile Hochdrucklage etabliert – oder ob Störimpulse vom Atlantik und Mittelmeer das Wetter bestimmen.
Der Meteorologe Dominik Jung ist sich aber sicher. "Wer auf Sommer steht, bekommt ihn. Wer unter Hitze leidet, sollte sich vorbereiten. Denn was ab kommendem Sonntag startet, könnte erst der Anfang sein."
- wetterzentrale.de: "Topkarten – Wettermodell ICON"
- Auskünfte des Meteorologen Dominik Jung
- statista.com: "Durchschnittstemperatur in Deutschland" (kostenpflichtig)
- umweltbundesamt.de: "Trends der Lufttemperatur"
- wetter-ludwigsburg.de: "Wetterarchiv DWD – Daten Schnarrenberg 1960"
- wetter-ludwigsburg.de: "Wetterarchiv DWD – Daten Schnarrenberg 2024"
- wetterprognose-wettervorhersage.de: "Sommerprognose: Hitze oder Höllensommer – Was ist dran an diesen Schlagzeilen?"
- statista.com: "Wärmste Jahre in Deutschland nach Durchschnittstemperatur" (kostenpflichtig)
- climate.copernicus.eu: "Widespread floods, severe heatwaves: ESOTC 2023 puts Europe’s climate in focus" (Englisch)
- wmo.int: "European State of Climate: Extreme events in warmest year on record" (Englisch)
- phys.org: "2023 was second-warmest year on record for EU: climate monitor" (Englisch)
- english.elpais.com: "Director of Copernicus Climate Change Service: ‘It’s likely that 2024 was the hottest of the last 100,000 years’" (Englisch)
- mpimet.mpg.de: "Zuverlässigere Vorhersage von Hitzesommern in Europa"
- wetter.com: "Wegen Ozean-Daten: Meteorologie-Institut erwartet Hitzesommer in Europa – das sagt wetter.com"
- dwd.de: "Thema des Tages vom 15. Mai 2025"
- ufz.de: "Klimawandel in Deutschland – Forschung am UFZ"
- weather.com: "Wettermodelle einig: Sommer 2025 wird extrem"