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Komet Ison und die Sonne: Ein echter Weihnachtsstern am Himmel?


Komet Ison und die Sonne
Ein echter Weihnachtsstern am Himmel?

ap, Von Marcia Dunn

26.11.2013Lesedauer: 4 Min.
Komet Ison auf seinem Weg durchs WeltallVergrößern des BildesWird er ein Weihnachtsstern? Komet Ison auf seinem Weg durchs Weltall (Quelle: Nasa/dpa)

Ein Komet rast auf uns zu. Die Erde wird er nicht treffen, aber womöglich für einen echten Weihnachtsstern am Himmel sorgen - wenn er "die Biege um die Sonne schafft". Astronomen halten jedenfalls weltweit den Atem an.

Es ist ein etwa anderthalb Kilometer großer Eisbrocken, der mit kaum vorstellbarer Geschwindigkeit durch unser Sonnensystem fliegt und am Donnerstag entweder an der infernalischen Strahlkraft der Sonne zerschellen, verbrutzeln und verdampfen wird. Oder er wird uns auf seinem Rückweg ein traumhaft schönes Spektakel am Himmel zaubern. Und zwar zeitlich ziemlich perfekt zum Weihnachtsfest im Dezember, wenn die Nächte lang, kalt und oft klar sind.

Welches der beiden Szenarien eintritt, trauen sich die klügsten Astronomen nicht vorherzusagen, zu unberechenbar sind die Parameter der Flugbahn. Wenn der Komet, den die Himmelsforscher Ison genannt haben, den wilden Ritt um die Sonne übersteht, wird er mit bloßem Auge im Dezember auf der Nordhalbkugel der Erde auszumachen sein. Bereits jetzt kann man den herannahenden Kurier aus der Tiefe des Weltalls mit einem handelsüblichen Feldstecher erkennen, aber die eigentliche Show steht dem Kometen noch bevor.

Sein Ursprung wird in der Oortschen Wolke vermutet, einem hypothetischen Gebilde rund um unser Sonnensystem, das laut seinen Fans mehr als 3000-mal so weit weg von der Erde sein soll wie der erdfernste Planet Neptun. Die Existenz der Wolke ist stark umstritten und nicht nachgewiesen. Aber sie gilt als theoretisches Zerfallsprodukt des Sonnensystems und bisher als plausibelste Erklärung für die Tatsache, dass uns Kometen mit schöner Regelmäßigkeit besuchen und dabei die Schweifsterne an den Himmel malen, die in der Mythologie nahezu aller irdischen Kulturen eine so große Rolle spielen.

Besuche nicht allzu oft

Die großen Himmelsdiven der jüngeren Vergangenheit waren Hale-Bopp, Shoemaker-Levy, Hyakutake und der Halleysche Komet. Dessen Besuch ist schon fast 20 Jahre her. Allzu oft bekommt man die eisigen Vagabunden des Himmels nicht zu sehen.

Heute weiß man: Kometen bestehen aus Eis und Staub und sind unvorstellbar schnell. Die Schweifsterne kommen alle aus der Tiefe des Raums, steuern zielgerichtet scharf an der Sonne vorbei, drehen eine knappe Runde ums Zentralgestirn. Dann verschwinden sie wieder, die meisten für immer.

Ison wurde vor gut einem Jahr entdeckt. Seine Geschwindigkeit in Richtung Sonne betrug im Januar etwa 64 000 Stundenkilometer, Tendenz: steigend. Vor einer Woche wurde er mit 240 000 Stundenkilometer geblitzt, das heißt, er hätte den Erdäquator locker in zehn Minuten umrunden können.

Aber er wird noch schneller: Am Donnerstag dieser Woche soll er nach Angaben von Astronomen seine Höchstgeschwindigkeit erreichen: Mit unfassbaren 1,2 Millionen Sachen wird sich der Komet in die Kurve rund um die Sonne legen und danach sogar noch auf 1,33 Millionen km/h beschleunigen. Mit dem Tempo könnte er die durchschnittliche Distanz von der Erde zum Mond in gut 15 Minuten zurücklegen.

Ein sehr hübscher Schweif

Das gibt, wenn er bei diesem wilden Manöver nicht draufgeht, auf jeden Fall einen sehr hübschen Schweif. Denn Kometen ziehen eine Schleppe aus Staub oder Ionen hinter sich her, die vom Sonnenwind zum Leuchten angeregt wird. Deshalb schimmern sie auch besonders hell auf dem Rückweg nach der Biege um die Sonne - und zwar je schneller, desto schöner. Diesen Schweif können alle Menschen nördlich des Äquators bestaunen. Die größte Erdnähe erreicht Ison am 26. Dezember. Dann, nachdem er seine volle Pracht entfaltet hat, fliegt er weg und kommt nie wieder. Sagt die NASA.

Die hat den Eisbrocken bereits seit seiner Entdeckung im Visier. Kometen sind ein dankbares Forschungsobjekt, denn sie gelten als Zeugen der Entstehung des Universums. Die amerikanische Weltraumbehörde hat im vergangenen Jahr so gut wie jede verfügbare exterritoriale Kamera auf den schnellen Burschen gerichtet: Swift, Hubble, Spitzer, auch den Mars-Orbiter oder die Sonde, die gerade um den Merkur kreist - alle mussten sich um Ison kümmern. "Jedes Objektiv im All haben wir darauf ausgerichtet", sagt John Grunsfeld, der wissenschaftliche Leiter der NASA.

Sollte die gerade vor einer Woche gestartete Marssonde "Maven" bis dahin all ihre Tentakel korrekt ausgerichtet haben, muss sie in dieser Woche das ultraviolette Spektrum des Schnellläufers erkunden. Und zwar kurz nach der Sonnenumrundung. Astronom Nick Schneider sagt, man wisse nicht, ob man dann "einen Kometen oder die letzten Zerfallsprodukte eines verdampften Kometen" vor der Linse habe.

... wenn er "die Biege schafft"

Die NASA hat am vergangenen Mittwoch spontan eine kleine Rakete mit einem Teleskop für ultraviolettes Licht gestartet, rund 280 Kilometer hoch, um sie dann an einem Fallschirm wieder heruntersinken zu lassen. All das, um den kleinen flotten Eisbrocken gebührend zu beobachten. Jim Green von der NASA sagt: "Das wird ein echter Weihnachtsstern. Man kann ihn auch noch deutlich nach den Feiertagen sehen." Eine Einschränkung hat Green: "Er muss die Biege um die Sonne schaffen."

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