Wehrmacht- und SS-Veteranen bauten Geheimarmee auf

Vier Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs und der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht begannen hochrangige Altnazis mit dem Aufbau einer Geheimarmee. DarΓΌber berichtet der "Spiegel" unter Berufung auf Akten des Geheimdiensts BND. Bundeskanzler Adenauer wusste von den VorgΓ€ngen - und reagierte Γ€ngstlich.
Rund 2000 ehemalige Offiziere der deutschen Wehrmacht und der Waffen-SS betrieben ab 1949 hinter dem RΓΌcken von Bundesregierung und Γffentlichkeit den Aufbau einer Armee von rund 40.000 Mann, berichtet der "Spiegel" in seiner aktuellen Ausgabe. Hauptorganisator war der spΓ€tere Heeresinspekteur der Bundeswehr Albert Schnez.
Das Netzwerk von Schnez warb Spenden bei Unternehmen ein, besprach mit Speditionen, welche Fahrzeuge diese zur VerfΓΌgung stellen konnten, und betrieb einen sogenannten Abwehrapparat, der linke BΓΌrger und Politiker wie den spΓ€teren SPD-Fraktionschef Fritz Erler bespitzelt haben soll. Waffen wΓ€ren im Ernstfall aus BestΓ€nden der Bereitschaftspolizei gekommen. Ein Mitstreiter von Schnez hatte Zugriff darauf, weil er im Innenministerium arbeitete.
Adenauer wusste Bescheid
Die konspirative Schnez-Truppe wollte sich bei einem sowjetischen Angriff zunΓ€chst ins Ausland absetzen und dann von dort aus die Bundesrepublik freikΓ€mpfen. Zugleich bereitete sie sich auf einen Einsatz im Inland gegen Kommunisten vor, fΓΌr den Fall eines BΓΌrgerkriegs.
Der damalige Bundeskanzler Konrad Adenauer erfuhr dem Bericht zufolge spΓ€testens 1951 von der Schnez-Truppe und beauftragte die Organisation Gehlen β den VorlΓ€ufer des Bundesnachrichtendienstes (BND) β mit der "Betreuung und Γberwachung" der Schattenarmee. Es ist unklar, warum Adenauer nicht schΓ€rfer reagierte. Scheute er den Konflikt mit den Veteranen? Beim westdeutschen Geheimdienst gab es jedenfalls Bedenken dieser Art.
Geheimdienst wollte zunΓ€chst "die SS" fragen
Schnez hatte Verbindung zum ehemaligen SS-ObersturmbannfΓΌhrer Otto Skorzeny, der ein Γ€hnliches Projekt plante. Ein Abteilungsleiter der Organisation Gehlen warf die Frage auf, ob man es sich "leisten kΓΆnne", den Kampf gegen Skorzeny aufzunehmen. Der Geheimdienstler schlug vor, zunΓ€chst "die SS" zu fragen: "Sie ist ein Faktor, und wir sollten vor einem Entschluss die dortigen Auffassungen eingehend sondieren." Offenbar ΓΌbten Netzwerke von Alt- und Exnazis Anfang der FΓΌnfzigerjahre erheblichen Einfluss aus.
Die Informationen stammen aus freigegebenen Unterlagen des Bundesnachrichtendienstes, die der Historiker Agilolf KeΓelring beziehungsweise der Spiegel eingesehen haben. KeΓelring ist Mitarbeiter der UnabhΓ€ngigen Historikerkommission, die die FrΓΌhgeschichte des BND erforscht.